
Wenn ein Neugeborenes zu schläfrig ist, um regelmäßig, ausdauernd und effektiv zu stillen, dann muss es dazu geweckt werden, damit es genug Nahrung erhält. Der folgende Beitrag fasst zusammen, welche Ursachen die Schläfrigkeit haben kann und wie das Baby zum Stillen animiert werden kann.
Kleine Babys, und insbesondere Neugeborene, brauchen häufige Stillmahlzeiten, mindestens 8 bis 12 in 24 Stunden. Meldet sich das Neugeborene alle 1 bis 3 Stunden zum Stillen – auch nachts – und trinkt dabei ausdauernd und effektiv, dann kann es den Rest der Zeit ruhig schlafen.
Doch, manche Babys wachen aufgrund verschiedener Probleme nicht häufig genug auf, um auf ihren Hunger aufmerksam zu machen, und trinken nicht ausdauernd und effektiv genug, um satt zu werden und die Milchbildung der Mutter ausreichend anzuregen. So nehmen sie nach der Geburt zu viel ab bzw. nicht genug zu. Manchmal erkennen die Eltern die Stillzeichen ihres Babys nicht rechtzeitig. Wichtige Gelegenheiten zum Stillen werden dann verpasst. Oder die Milchbildung der Frau kommt verzögert in Gang, das Baby erhält nicht genug Muttermilch an der Brust. Manche Babys schlafen bereits nach wenigen Zügen an der Brust ein oder bevor sie ausreichend getrunken haben. Lange Pausen zwischen Stillmahlzeiten – typischwerweise nachts – können dazu führen, dass das Baby auch tagsüber zu schläfrig ist. Schläft das neugeborene Baby länger als 3 Stunden am Stück, trinkt es seltener als 8-mal am Tag oder produziert es weniger als 4 volle Stuhlgang-Windeln (siehe Stuhlgang und Urin eines Neugeborenen) und verläuft seine Gewichtsentwickung nicht altersgemäß, dann sollte es regelmäßig zum Stillen geweckt werden, um mindestens zehn Stillmahlzeiten am Tag zu “absolvieren” und auf diese Weise aufzuholen. In manchen Situationen kann auch eine (vorübergehende) Zufütterung erforderlich sein.
Mögliche Ursachen für die Schläfrigkeit des Neugeborenen
- Folgen der Geburt
- gewisse Medikationen vor, während und/oder nach der Geburt (z.B. bestimmte, schläfrig machende Analgetika)
- Komplikationen während der Geburt
- Kaiserschnitt
- Geburtstraumata
- Neugeborenes noch unreif und/oder nicht ganz gesund:
- (späte) Frühgeburt
- unreifes Neugeborenes, z.B. manchmal, wenn die Geburt eingeleitet wurde
- Erkrankungen, Fehlbildungen oder Syndrome beim Neugeborenen, schwacher Muskeltonus
- (vorübergehende) Saugschwäche, ineffektives Saugen
- Ungünstige Rahmenbedingungen im Wochenbett
- Trennung von Mutter und Kind direkt nach der Geburt und im Wochenbett bzw. zu wenig ungestörter Körper- und Hautkontakt
- Die frühen Stillzeichen des Neugeborenen werden übersehen und das Baby wird nicht häufig und lang genug angelegt
- Erschöpfung, das Baby wird viel schreien gelassen
- Reizüberflutung
- Verstärkte Gelbsucht (Neugeborenen-Ikterus)
- Unterernährung des Babys
- z.B. durch die Verzögerung des Milcheinschusses
- beginnender Teufelskreis: Das Baby erhält am Anfang keine oder zu wenig Milch und wird dadurch zu schwach, um ausdauernd, effektiv und häufig an der Brust zu trinken und die Milchbildung der Mutter ausreichend zu stimulieren
Manche Babys sind von Anfang an sehr schläfrig. Das deutet auf Medikationen und Komplikationen während der Geburt, (späte) Frühgeburt usw. hin. Andere Babys sind die erste Zeit nach der Geburt noch agil und trinken gut, bevor sie nach wenigen Tagen schlapp und schläfrig werden. Dies könnte ein Hinweis auf einen verzögerten Milcheinschuss oder auf Gelbsucht sein. Gleichzeitig ist jeder Fall unterschiedlich und sollte von Fachpersonal evaluiert werden.
Maßnahmen

Wenn Mutter und Baby von der Geburt an rund um die Uhr ausgiebigen direkten Haut-zu-Haut-Kontakt pflegen, dann schreit das Baby kaum und wird körperlich wie seelisch stabilisiert. Auf diese Weise verbraucht das Neugeborene auch weniger Kalorien. Babys, die mit ihrer Mutter in permanentem Hautkontakt sind, melden sich früher zum Stillen und haben mehr Kraft zu trinken. Durch den ständigen Körperkontakt kann die Mutter die frühen Stillzeichen des Babys unmittelbar erkennen und darauf reagieren. Wird auf die frühen Stillzeichen nicht reagiert, fallen manche Babys in einen Tiefschlaf und können erstmal nicht so einfach wieder geweckt werden, sodass sie beim nächsten Aufwachen bereits sehr hungrig sind. Schreien ist bereits ein spätes Stillzeichen, oft lassen sich schreiende, ausgehungerte Babys nicht mehr so einfach anlegen. Auch nachts sollte das Baby in unmittelbarer Nähe zur Mutter schlafen, damit die Mutter seine Stillzeichen unmittelbar wahrnimmt und das Baby sich durch die Nähe zur Mutter öfter zum Stillen meldet.

Babys müssen zum Andocken an die Brust nicht hellwach sein. Sie zeigen ihre ersten Stillzeichen bereits im Halbschlaf durch Schmatzen, Zungenbewegungen usw. und sollten bereits dann an die Brust gelegt werden, wenn sie nicht ohnehin bereits an der Brust geschlafen haben. Viele Babys fangen im Halbschlaf, oft noch mit geschlossenen Augen, zu trinken an.
Ist das Baby allerdings zu schläfrig zum effektiven Stillen, dann muss es irgendwann geweckt werden, damit es genug Nahrung zu sich nimmt und die Milchbildung der Mutter stimuliert. Schläft ein Baby ganz tief und ist nicht weckbar, dann lohnt es sich, es 15 bis 20 Minuten später zu probieren. Auch wenn das Baby Schwierigkeiten hat, wach zu bleiben und sich an der Brust lange genug anzustrengen, muss es immer wieder zum Weiterstillen animiert werden. Dabei kommt es nicht darauf an, dass das Baby am Stück lange trinkt. Vorgaben, nach denen das Baby pro Brust mind. 15 Minuten trinken sollte, machen keinen Sinn und sind nicht hilfreich. Sehr häufige kurze Stillepisoden mit Pausen zum Dösen können mindestens so effektiv sein wie länger dauernde Stillmahlzeiten am Stück (s. auch Hintergrundwissen zum Milchspendereflex und Fettgehalt der Muttermilch).
So kann das Baby zum Stillen geweckt und wach gehalten werden:
Eine sanfte Brustmassage und die Gewinnung von ersten Tropfen Kolostrum vor dem Anlegen erleichtern die Arbeit des schläfrigen Babys. | |
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Zum Premium-Modul “Brustmassage und Kolostrumgewinnung” >> |
- Das Baby rund um die Uhr in Hautkontakt an der Brust halten
- Streicheln und beim Namen nennen
- Seine Füße kitzeln oder massieren
- Unter dem Kinn kitzeln
- Das Gesicht des Babys mit einem feuchten Tuch abwischen
- Das Licht ein bisschen heller machen
- Das Baby teilweise oder komplett ausziehen, Windeln wechseln (über 26 °C nimmt das Saugverhalten ab)
- Das Baby vorsichtig im Liegen hin- und herrollen oder es ebenfalls vorsichtig und gut abgestützt immer wieder aufrichten
- Das Baby immer wieder umlagern, z.B. an die zweite Brust legen
- Die Brust oder ein Wattepad mit Kolostrum oder Milch unter die Nase des Babys halten
- Die Mutter kann durch eine sanfte Brustmassage vor dem Anlegen den Milchfluss auslösen (s. Premium-Modul “Brustmassage und Kolostrumgewinnung”).
- Durch Brustkompression kann beim Stillen der Milchtransfer unterstützt werden.
- Wenn das Baby zum Stillen zu schläfrig ist, kann die Mutter ihre Brust direkt in seinen Mund ausdrücken. Das stimuliert das Baby und erleichtert seine Arbeit: Ein wenig Muttermilch in den Mund des Babys tropfen und warten, bis es sie schluckt und dann wieder ein bisschen Muttermilch hineintropfen. Dies kann direkt aus der Brust erfolgen. Alternativ können z.B. ein kleiner, weicher Löffel, eine Pipette, eine Spritze oder eine Ernährungssonde benutzt werden, um das Neugeborene zu ernähren (Stillfreundliche Fütterungsmethoden).

Der Flüssigkeitsfluss hilft, das Saugen und das Schlucken auszulösen und aufrechtzuerhalten. Auf diese Weise soll das Baby regelmäßig (mind. 10-mal am Tag) gefüttert werden, bis es von sich aus kräftiger und wacher ist und aktiv trinken kann. Die Mutter kann ihre Muttermilch per Pumpe und Hand gewinnen, wenn ihr Baby nicht von sich aus die Brust häufig und ausreichend entleert.

Wenn das Baby einschläft, bevor es an die zweite Brust kann, dann sollte diese nach wenigen Minuten, einer Stunde, bzw. wenn das Baby Stillsignale zeigt, wieder angeboten werden.
Schläfrigkeit wegen Reizüberflutung
Flüchtet sich das Baby vor zu viel Stress in den Schlaf, dann ist weitere Stimulation kontraproduktiv. In solchen Fällen empfiehlt es sich, eine ruhigere, leisere, ggf. dunklere Umgebung zu schaffen. Das Baby kann sich wieder durch viel Hautkontakt mit der Mutter und durch Herumtragen regenerieren.
Schläfrigkeit aufgrund von zu wenig Nahrung

Manchmal kommt die Milchbildung der Mutter verzögert in Gang und/oder das Baby kann an der Brust aus unterschiedlichen Gründen nicht effektiv genug saugen, sodass es an der Brust nicht genug Nahrung erhält. Dies kann dazu führen, dass das Baby für das effektive Saugen zu schwach wird, an der Brust einschläft, bevor es satt ist, und auch ansonsten schwer zu wecken ist. In solchen Fällen kann eine Zufütterung von handgewonnener /abgepumpter Muttermilch oder industrieller Säuglingsnahrung angebracht sein. Dadurch, dass das Baby genug Kalorien bekommt, wird es wieder agiler.

Um das Stillen zu schützen, sind alternative Methoden unter Vermeidung der Flasche, zum Beispiel mit Sonde, Pipette, Becher oder einem Brusternährungsset, sinnvoll. Bei solchen komplexen Herausforderungen ist eine Beratung und Begleitung durch eine Stillberaterin hilfreich (siehe unser Verzeichnis für Unterstützungsangebote rund ums Stillen).
Quellen:
- Guóth-Gumberger G: Gewichtsverlauf und Stillen: Dokumentieren, Beurteilen, Begleiten. Mabuse Verlag, 2018.
- Wiessinger D, West D, Pitman T, La Leche League International: Waking a sleepy newborn. In: The womanly art of breastfeeding. 2010, 8. Aufl., S. 453.
- Walker M: Sleepy infant. In: Breastfeeding management for the clinician. Using the evidence. Jones & Bartlett Learning, S. 294 ff. 2014, 3. Aufl.
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