Beißen beim Stillen

Mutter nimmt Baby von der Brust
„Nicht beißen, kleiner Mann!“ – Von der Brust nehmen, wenn das Baby beim Stillen beißt. (© Marina Sokolova)

Beißt ein Baby beim Stillen zu, kann es seiner Mutter große Schmerzen bereiten und ihre Brustwarzen verletzen. Dies kann zu Vasospasmen und wunden Brustwarzen ggf. mit Infektionen und zur Entwicklung von Ängsten bei der Mutter vor und während des Stillens führen. Bleibt das Problem anhaltend und ungelöst, stillen betroffene Mütter mitunter ab. In der Regel handelt es sich jedoch um eine vorübergehende Phase, das Stillen kann anschließend noch Monate bis Jahre fortgesetzt werden.

Beißen am Anfang der Stillzeit

Vielfach lassen sich Probleme mit Zubeißen beim Stillen bereits durch die Optimierung des Stillmanagements beheben. In ungünstigen Stillpositionen, in denen das Baby sich schlecht abgestützt fühlt, oder in dem es die Brust nur schlecht erfassen und ineffektiv trinken kann, neigen manche von ihnen dazu, ihre Kiefer zusammenzukneifen. Durch die Optimierung der Stillposition und des Anlegens lässt sich das Problem oft beheben. Häufig sind eine gut abgestützte Stillposition, indem sich die Mutter sicher fühlt und gut entspannen kann, z.B beim zurückgelehnten Stillen (siehe Laid-Back-Nursing) und ein tiefes, ggf. asymmetrisches Anlegen sehr günstig. Manche Babys haben aus anderen Gründen Schwierigkeiten, die Brust gut zu erfassen, z.B. aufgrund eines verkürzten Zungenbändchens. Auch in diesen Fällen beißen manche Babys zu.

Tritt das Beißen an der Brust in der Neugeborenenperiode auf, kann es mit einem gebrochenen Schlüsselbein, Schiefhals, Geburtstrauma vom Hals, Schädel oder des Gesichts oder einer Kieferasymmetrie zusammenhängen. Diese Probleme bedürfen einer kinderärztlichen Abklärung.

Einzelne Babys haben von Geburt an die Neigung, ihre Kiefer zusammenzupressen, wenn etwas das Innere ihres Mundes berührt. Dieser Zustand wird als krampfhafter Beißreflex bezeichnet. Er rührt von einer vorübergehenden Unreife des Babys und wächst sich im Laufe der ersten Wochen aus. Nach schwierigen Geburten wird der krampfhafte Beißreflex häufiger beobachet. Der so genannte tonische Beißreflex ist ein anderer Zustand, der nur bei Kindern mit sonstigen neurologischen Beeinträchtigungen, wie einer zerebralen Lähmung, vorkommt. Viele Babys mit krampfhaftem Beißreflex haben gleichzeitig einen hohen Muskeltonus und biegen sich häufig durch. Eine gebeugte Stillhaltung soll beruhigend auf sie wirken, z.B. die Fußballhaltung. Die Füße des Babys sollen dabei nach oben zeigen und nicht gegen die Stuhllehne stoßen, weil dies das Baby dazu veranlasst, sich aufzubäumen. Um trotz Beißreflex stillen zu können, kann die Mutter das Unterkiefer des Babys beim Stillen mit Daumen und einem Finger heruntergezogen halten. Ein warmes Bad vor dem Stillen oder eine Massage sollen dem hypertonen Baby helfen, sich beim Stillen zu entspannen. Ist schmerzfreies Stillen nicht möglich, kann die Milch der Mutter vorübergehend abgepumpt und dem Baby gegeben werden (siehe auch: Ist bei wunden Brustwarzen Abstillen oder eine Stillpause erforderlich?).

Auch bei zu viel Milch beißen manche Babys zu. Bei einem zu starken Milchspendereflex wird das Kind vom Spritzen der Milch und vom schnellen Milchfluss überwältigt. Die Reaktion auf einen starken Milchspendereflex ist vielfältig, manche Babys scheinen zuzubeißen. Der Milchspendereflex ist vor allem beim ersten Trinken an einer vollen Brust sehr stark. Ist die Brust leerer, spritzt die Milch nicht so heftig. Mehr zum Thema im Artikel Zu viel Milch.

Manche Babys, die parallel zum Stillen mit der Flasche gefüttert werden, scheinen auch manchmal an der Brust zuzubeißen, weil sie sich das an der Flasche angewöhnt haben, um den Milchfluss zu kontrollieren oder mit dem Nippel zu spielen.

Hinter neu auftretendem Beißen verstecken sich manchmal Erkältungen mit einer verstopften Nase.

Beißen wurde auch beschrieben, wenn die Brust dem Baby angeboten wird, obwohl es in dem Moment kein Interesse hat, auch wenn es zu anderen Zeiten gerne und gut an der Brust trinkt.

Beißen beim zahnenden Baby

Das Zubeißen kommt bei vielen zahnenden Babys vor. Das Wichtigste ist zu wissen, dass Zahnen kein Grund zum Abstillen ist! Die WHO empfiehlt, dass Kinder sechs Monate voll- und mindestens bis zum zweiten Geburtstag häufig und nach Bedarf weitergestillt werden, ein Alter also, in dem die meisten Kinder schon voll bezahnt sind. Entgegen des häufigen Vorurteils tut es nicht Weh, ein bezahntes Kind zu stillen. Das Erscheinen der vorderen Zähne kann an der Brust jedoch etwas unangenehm sein, geht aber innerhalb von Wochen vorbei. Das Kind beißt hauptsächlich vor dem Durchbrechen der Zähne aufgrund der Schmerzen, des Ziehens und Juckens mit der Zahnleiste auf die Brust. Das Kind beißt kaum während des Stillens, weil beim Saugen die Zunge die unteren Zähne bedeckt. Vielmehr beißt es zu Beginn und vor allem zum Ende der Stillmahlzeit, meist kurz vor dem Einschlafen. Damit das Kind seine Schmerzen und seinen Juckreiz auf andere Weise lindern kann, kann man ihm eine Alternative zum Beißen anbieten, wie z.B. einen gekühlten Beißring, und ihm beibringen, mit Beißen auf die Brust aufzuhören. Man soll dabei möglichst nicht schreien, weil sich das Kind dann erschrecken und infolge dessen die Brust verweigern kann. Es ist sinnvoller, das Kind mit dem Finger von der Brust zu lösen und ihm im ruhigen, aber bestimmten Tonfall zu vermitteln, dass es nicht beißen darf. Der Finger wird dabei nicht in die Backentasche, sondern zwischen die Zahnleisten des Kindes geschoben. Auf diese Weise ist kein Zubeißen auf die Brustwarze mehr möglich. Hat sich das Kind das Beißen angewöhnt, dann kann die Mutter immer mit einem Finger bereit stehen, um das Kind rechtzeitig von der Brust abzulösen, bevor das Kind zubeißt. Das Kind soll lernen, dass Beißen ein Ablösen von der Brust bedeutet. Nach dem Abnehmen von der Brust kann das Kind erneut angelegt werden.

Manchmal bohren sich während des Stillens die oberen Zähne des Babys in das Fleisch der Mutter, hinterlassen Abdrücke und erzeugen manchmal sogar Wunden. Leichte Abdrücke, die nicht Weh tun, sind kaum vermeidbar, aber tiefe Abdrücke und Wunden sind ein Hinweis darauf, dass das Baby nicht optimal angelegt ist: Es ist mit der Nase zu nah und dem Kinn zu weit von der Brust. Hier lohnt es sich, das Anlegen zu optimieren. Das tiefe, asymmetrische Anlegen ist nicht nur in der Neugeborenenperiode hilfreich, sondern auch, wenn das Kind schon Zähne hat. Das Baby soll mit dem Kinn zuerst die Brust berühren und sich in die Brust vertiefen; die Nase soll frei bleiben. Vor und nach dem Stillen liegt die Brustwarze unter der Nase. Wird das Baby im Liegen gestillt, kann es an den Beinen etwas heruntergezogen werden, damit es den Kopf leicht in den Nacken legen muss. Liegt das Kind seitlich z.B. in der Wiegehaltung, kann es auch leicht Richtung Füße gezogen werden. Auch enger Körperkontakt (Bauch an Bauch) ist nach wie vor sehr hilfreich.

Während des Zahnens kann Stillen auch dadurch unangenehm sein, dass allein stehende Zähne sich tief in das Brustgewebe drücken. Dieses Problem löst sich, sobald das Kind mehr Zähne kriegt und die Zahnfront gleichmäßiger wird.

Manchmal verletzen Babys die Brustwarze mit ihren Zähnen, wenn sie während des Stillens den Kopf plötzlich wegdrehen, weil sie auf etwas aufmerksam geworden sind. In diesem Alter ist das nicht selten, da ältere Babys und Kleinkinder leicht ablenkbar sind. Stillen in einem ruhigen, ggf. abgedunkelten Zimmer oder mit einem Tuch über dem Kopf des Kindes / unter einem Stillschal ist für manche Familien eine gute Lösung.

Sind einmal Verletzungen entstanden, greifen die Prinzipien der Hygiene und des Wundmanagements, die bei wunden Brustwarzen gelten: Die Brustwarzen sollten nur mit sauberen, also frisch gewaschenen oder desinfizierten Händen berührt werden, die Wunde soll regelmäßig gespült werden. Die Durchblutung kann durch einen Brust-Donut verbessert, die Wundheilung durch Lanolin-Salbenverbände, Hydrogel-Verbände oder therapeutische Stilleinlagen gefördert werden. Durch eine Änderung der Stillposition kann das betroffene Gebiet entlastet werden.

Quellen:

  • Berens P, Eglash A, Malloy M, Steube A, Academy of Breastfeedinf Medicine: ABM Clinical Protocol #26: Persistent Pain with Breastfeeding. Breastfeeding Medicine 2016;11(2).
  • Guóth-Gumberger M, Hormann E: Stillen. Einfühlsame Begleitung durch alle Phasen der Stillzeit. Gräfe & Unzer, 2014.
  • Muyldermans J: Was uns die Mamille erzählt: Fallstudien zu schmerzhaften und wunden Mamillen. Laktation & Stillen 2021;4:23-25.
  • Mohrbacher N, Stock J: Handbuch für die Stillberatung. La Leche League International, 2002, 2. Aufl., S. 105-106.
  • Neifert M, Bunik M: Overcoming Clinical Barriers to Exclusive Breastfeeding. Pediatr Clin N Am 2013;60:115–145.

 


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