Das Anlegen des Babys

Die Hebamme kontrolliert das richtige Anlegen
Die Hebamme kontrolliert das Anlegen

Der Saugreflex ist bei Säuglingen zwar angeboren, aber sowohl die Mutter als auch das Neugeborene müssen das Stillen erst kennenlernen und verinnerlichen. Der folgende Artikel zeigt, wann und wie das Baby angelegt und wie der effektive Milchtransfer erkannt wird und was hinter Anlegeproblemen stecken kann.

Inhaltsübersicht:

Wann anlegen?

nacktes Baby auf nackter Mama
Während der Etablierung des Stillens lohnt es sich, ganz viel in Hautkontakt zu kuscheln. Sobald das Baby allmählich wach wird, kann es die Brust suchen und andocken. (© macsim)

Während des überwiegenden Teils der Menschheitsgeschichte hatten Mütter und Neugeborene rund um die Uhr fast ununterbrochen Körperkontakt. Existierende Jäger- und Sammler-Gesellschaften stillen ihre Babys bis zu 4-mal die Stunde rund um die Uhr. Die Mütter spüren ihre Babys anhand von subtilen Körperbewegungen, noch bevor diese mit akustischen oder visuellen Zeichen auf ihre Bedürfnisse aufmerksam machen müssten. Stillen ist die erste Reaktion auf jedwedes Unwohlsein und begleitet Babys in den Schlaf. Sehr viel Körper- und Hautkontakt, Co-Sleeping und häufiges Stillen rund um die Uhr führen auch bei modernen europäischen Babys zu deutlich verkürzten Schreiphasen, unterstützen die Milchbildung und verlängern die Stilldauer. Stillen ist mehr als nur Ernährung: Es ist die Fortsetzung der Schwangerschaft.

Mutter stillt ihr Baby in einer Babytrage
Viel Körper- und Hautkontakt rund um die Uhr, Stillen bei jeder Gelegenheit, noch lange bevor das Baby Hunger verspürt: So klappt Stillen am besten.

Bereits seit dem Sesshaftwerden der Menschheit vor einigen Tausend Jahren wurden Babys oft abgelegt, Stillfrequenz und Gesamtstilldauer reduzierten sich. Im Zuge der Industrialisierung hat sich die körperferne Säuglingsfürsorge verstärkt – darüber hinaus setzte sich die zweifelhafte Vorstellung durch, dass auch Säuglinge nach der Uhr – etwa alle 3 oder 4 Stunden – angelegt werden sollten; mit der Konsequenz von vielfältigen Stillproblemen.

Gemeinsames Kuscheln im Bett und auf dem Sofa in Haut-zu-Haut-Kontakt, Tragen des Babys, Co-Sleeping, sehr häufiges Anlegen bei jeder Gelegenheit – auch zur Beruhigung, zum Schlafen, zum Aufwachen und einfach zum Wohlfühlen –, sichert nicht nur die Milchbildung: Auch Anlegeproblemen kann auf diese Weise in der Regel vorgebeugt werden. Die Behauptung, dass einem neugeborenen Baby “schlechte Angewohnheiten” antrainiert werden, wenn ihm die Brust auch zum Trost / zum Wohlfühlen / zum Einschlafen angeboten wird, entbehrt jeglicher Grundlage. Es verursacht auch keine Koliken.

Hunger- / Stillzeichen bei neugeborenen Babys

In westlichen Gesellschaften, in denen Babys viel abgelegt werden, versuchen Eltern und Fachpersonen anhand von akustischen und visuellen Signalen festzustellen, ob das Baby Hunger haben könnte. Dabei lässt es sich nicht zweifelsfrei feststellen, ob ein kleines Baby wirklich Hunger hat oder aus anderen Gründen an die Brust möchte. Die so genannten “Hungerzeichen” sind nicht spezifisch. Gleichzeitig befriedigt Stillen fast alle körperlichen wie seelischen Bedürfnisse eines kleinen Babys, es kann nicht zu häufig / zu viel an die Brust gelegt werden. Daher ist es sinnvoller, von “Stillzeichen” statt “Hungerzeichen” zu sprechen.

Anhand der folgenden visuellen und akustischen Stillzeichen lässt es sich erkennen, dass es höchste Zeit ist, dem Baby die Brust wieder anzubieten, wobei diese visuellen und akustischen Zeichen bei weitem nicht so sensitiv sind, wie die Kommunikation über Berührungen bei direktem Körperkontakt zwischen Mutter und Baby.

Frühe Stillzeichen:

Es ist sinnvoll, das Neugeborene bei den allerersten Stillzeichen wieder in Hautkontakt mit der Mutter zu bringen und abzuwarten, bis es andockt.

  • saugende Bewegungen der Lippen oder Sauggeräusche
  • Schlecken an den Lippen, Schmatzen, Mundbewegungen
  • leicht herausgestreckte Zunge

Aktive Stillzeichen:

Baby stopft Faust in den Mund
Je öfter das Neugeborene die Hand zum Mund führt, umso ungeduldiger möchte es an die Brust.

Ist das Neugeborene immer noch nicht an der Brust, steigert sich bereits seine Aktivität.

  • Hand/Finger im Mund
  • allgemeine Unruhe
  • Bewegen von Armen und Beinen,
  • Wimmern, Quietschen
  • nickende Suchbewegungen mit dem Kopf

Späte Stillzeichen:

Baby schreit vor Hunger
Immer noch keine Brust? Nun schreit das kleine Baby. (© Jaromar Chalabala)
  • Erhöhung der Atemfrequenz und der Körperspannung
  • Schreien

Werden die frühen und aktiven Stillzeichen verpasst, schlafen manche Babys hungrig wieder ein, die Brust erfährt zu wenig Stimulation, um mehr Milch zu bilden. Andere Babys geraten in einen Alarmzustand. In diesem Zustand kann ein kleines Baby schon zu hektisch und aufgebracht sein, um die Brust gut nehmen zu können. Es muss evtl. zuerst beruhigt werden. In manchen Fällen kann das Baby mit einem Löffel oder Becher gefüttert werden, bis es sich soweit beruhigt hat, dass es an die Brust angelegt werden kann.

Ein neugeborenes Baby trinkt mindestens 8- bis 12-mal in 24 Stunden an einer oder an beiden Brüsten, also mindestens alle 1,5 bis 3 Stunden vom Stillbeginn zum Stillbeginn. Dabei ist es nicht sinnvoll, gleichmäßige Intervalle einzuhalten, sondern auf die Signale des Babys kommt es an. Das Baby darf alle 10 Minuten oder auch erst mehrere Stunden nach dem letzten Stillen wieder angelegt werden, sobald es erste Anzeichen von Interesse zeigt.

Das Baby gut anlegen

Mutter stillt ihr Baby Haut an Hautin zurückgelehnten Position
In den ersten Tagen und Wochen ist das zurückgelehnte Stillen eine ideale Stillposition: das Baby hat direkten Körperkontakt zur Mutter und kann anhand seiner Stillreflexe eigenständig andocken. (© Kati Molin)

In den ersten Tagen und Wochen ist Stillen in zurückgelehnten Positionen am sinnvollsten (“Laid-back-Nursing” / “Biological Nurturing”), weil in dieser Position das Baby anhand seiner angeborenen Reflexe selbständig andocken kann (siehe den Abschnitt “Laid-back-Nursing” im Artikel Stillpositionen). Die Mutter kann sich halb sitzend oder halb liegend positionieren – Hauptsache, die Gravitation drückt den Körper des Babys gegen ihren Körper. Das Baby kann vertikal, diagonal oder horizontal auf der Mutter liegen, es lohnt herauszufinden, welche Position für ein individuelles Mutter-Kind-Paar am bequemsten und effektivsten ist. Häufig ist beim zurückgelehnten Stillen keine Schritt-für-Schritt-Anleitung erforderlich, es geht um die Gestaltung von Rahmenbedingungen: Mutter und Baby sollen gut abgestützt sein, sich entspannen und wohlfühlen können. Wichtig dabei ist die Bauchlage des Babys auf dem nackten Oberkörper der Mutter, denn nur dann kann das Baby mithilfe seiner Reflexe und dem Gewicht seines Kopfes die Brust selbstständig erfassen. Die beiden Händchen des Babys liegen auf beiden Seiten hochgewinkelt und umarmen die Mutter bzw. ihre Brust. Die gesamte Vorderseite des Oberkörpers hat Kontakt zum Körper der Mutter. Auch die Füße brauchen Abstützung: Entweder auf dem Körper der Mutter – z.B. auf ihrem Bauch oder ihren angewinkelten Oberschenkeln – oder z.B. durch ein festes Kissen. Die Mutter kann ihr Baby z.B. auf dem Rücken und dem Po halten, nur der Kopf darf nicht festgehalten werden, das stört das Baby beim Andocken und Trinken.

Nun ist zunächst Geduld gefragt: Das Neugeborene braucht Zeit, bis es die Brustwarze korrekt geortet und erfasst hat. Dazu sucht es die Brustwarze mit baumelnden Kopfbewegungen und auch seine Händchen helfen mit. Es kann sein, dass das Neugeborene zunächst an seiner eigenen Faust / am Daumen oder an Fingern lutscht, bevor es weitersucht. Das ist ganz natürlich und kann abgewartet werden. Babys sind geduldiger, wenn sie nicht erst zum Stillen auf den Bauch der Mutter gelegt werden, sondern wenn sie viele-viele Stunden am Tag dort verbringen, dort schlafen und zum Stillen langsam aufwachen.

Zeichnung - das Baby sucht nach der Brustwarze und nimmt die Faust in den Mund
Das Neugeborene sucht mit baumelnden Kopfbewegungen nach der Brustwarze, die Händchen helfen mit. Es kann eine Weile dauern, bis das Neugeborene sein Ziel erreicht, mitunter saugt es zuerst an seinem Fäustchen. (© still-lexikon.de)

Falls es doch schneller gehen muss, kann die Mutter auch in der zurückgelehnten Stillposition mithelfen. Sie positioniert ihr Baby so, dass das Köpfchen auf ihrer Brust liegt, aus der es trinken soll. Auch hier gilt, dass die gesamte Vorderseite des Babys Kontakt zur Mutter hat und beide Arme auf beiden Seiten hochgewinkelt sind. Das Köpfchen versinkt mit Kinn und Unterlippe in der Brust, die Brustwarze liegt unter der Nase des Babys. In dieser Position kann das Baby gut andocken: Es nimmt den Kopf leicht in den Nacken und macht den Mund groß auf. Nach dem Andocken fängt es an zu saugen und mit jedem Saugakt zieht es das Brustgewebe tiefer in den Mund hinein, bis die Brustwarze ihre endgültige Position erreicht:

Zeichnung: Das Baby liegt mit der gesamten Oberfläche seines Oberkörpers Bauch an Bauch zur Mutter angeschmiegt, die Händchen liegen auf beiden Seiten hochgewinkelt und umarmen die Mutter. Sein Kinn ist in die Brust gedrückt, vor seiner Nase liegt die Brustwarze.
Das Baby liegt mit der gesamten Oberfläche seines Oberkörpers Bauch an Bauch zur Mutter angeschmiegt, die Händchen liegen auf beiden Seiten hochgewinkelt und umarmen die Mutter. Sein Kinn ist in die Brust gedrückt, vor seiner Nase liegt die Brustwarze.
Zeichnung: Das Baby macht den Mund groß auf und legt dazu den Kopf leicht in den Nacken.
Das Baby macht den Mund groß auf und legt dazu den Kopf leicht in den Nacken.
Zeichnung: Nachdem das Baby an der Brust angedockt ist, fängt es an zu saugen.
Angedockt! Das Baby fängt an zu saugen. Während das Baby seinen Unterkiefer rhythmisch öffnet, erzeugt es Vakuum und saugt immer mehr Brustgewebe in den Mund hinein. (© still-lexikon.de)

Ist das Baby etwas älter und stillerfahrener, kann es in vielen Stillpositionen problemlos andocken. Bei allen Stillpositionen ist ein enger, paralleler Kontakt zwischen dem Oberkörper des Babys und dem Körper der Mutter wichtig, die Händchen des Babys liegen auf beiden Seiten hochgewinkelt. Berührt das Baby die Brust mit dem Gesicht (Brustwarze unter der Nase des Babys), wird es versuchen anzudocken. Der Kopf darf nicht gedrückt oder festgehalten werden, das stört das Andocken und das Trinken. Auch Berührungen am Kopf und vor allem im Gesicht stören das Baby.


Asymmetrisches Anlegen

Foto eines asymmetrisch angelegten Babys
Asymmetrisch angelegtes Baby: Der untere Teil des Brustwarzenhofs ist vom Mund des Babys bedeckt. Der obere Teil ist sichtbar. Das Kinn vertieft sich in die Brust, die Nase ist leicht frei. (© kindestmilk, still-lexikon.de)

In den letzten Jahren wird durch einige Stillexperten eine gewisse asymmetrische Position propagiert. Das heißt, das Baby erfasst mehr vom unteren Teil des Brustwarzenhofs (also vom Brustwarzenhofbereich, der jeweils zum Kinn des Babys zeigt) als vom oberen. Um diese asymmetrische Position zu erreichen, wird das Baby daher zuerst mit dem Kinn angelegt. Das Baby liegt eng Bauch an Bauch zur Mutter und das Kinn drückt in die Brust, während die Nase leicht frei bleibt. Ultraschallstudien deuten darauf hin, dass die Brustwarze dann am besten im Mund des Babys positioniert ist, wenn sie leicht nach oben, Richtung Gaumen des Babys zeigt. Dies soll in der asymmetrischen Position am besten erreicht werden.

 

Zeichnung eines Babys, das asymmetrisch angelegt wird.
Die Brustwarze ist auf der Höhe der Nase. Um die Brustwarze gut zu erfassen, muss das Baby den Kopf leicht nach hinten legen und den Mund groß aufmachen. Zuerst berührt das Kinn die Brust. So ist das Baby etwas asymmetrisch angelegt: Vom Oberen Teil des Brustwarzenhofs ist mehr sichtbar als vom unteren. Das Baby wird viel Brustgewebe erfassen und gut trinken können. [modifiziert nach Rebecca Glover; © still-lexikon.de]
Zeichnung vom asymmetrischen Anlegen
In der asymmetrischen Stillposition drückt das Kinn etwas in die Brust und die Nase ist leicht frei. Die Brustwarze samt Großteil des Brustwarzenhofs ist tief im Mund des Babys (in der Komfort-Zone). [modifiziert nach Rebecca Glover; © still-lexikon.de]
Für manche Mutter-Kind-Paare ist die asymmetrische Position Voraussetzung für effektives Stillen. Viele andere Mutter-Kind-Paare können prima stillen, auch wenn Kinn und Nase die Brust gleichermaßen (symmetrisch) berühren. Wenn das Stillen so gut klappt, lohnt es sich nicht, eine asymmetrische Position erzielen zu wollen. Wichtig für angenehmes Stillen ist in erster Linie, dass viel Brustgewebe im Mund des Babys liegt. So erreicht die Brustwarze die so genannte “Komfort-Zone”, d.h. den Übergang zwischen hartem und weichem Gaumen. In dieser Position ist die Brustwarze vor Reibung im Mund des Babys geschützt.

Hinweise auf suboptimales Anlegen

Folgende Anzeichen weisen auf ein suboptimales Anlegen hin, welches bei der Mutter Schmerzen verursacht und den Milchtransfer behindert.

Grafik richtiges und falsches Anlegen
(© still-lexikon.de)

Körperhaltung des Säuglings:

  • Kopf, Rumpf und Becken sind nicht in einer Linie: Die verdrehte Haltung behindert das Trinken.
  • Säugling zu weit oder nicht Bauch an Bauch mit der Mutter, die Hüfte des Säuglings ist nach hinten gedreht, der Hals ist verdreht: So ist kein tiefes Erfassen der Brust und kein Schlucken möglich.
  • Die Nase ist tief in die Brust vergraben, statt die Brust nur oberflächlich oder gar nicht zu berühren. Das Baby bekommt keine Luft und die Brustwarze liegt ungünstig im Mund.
  • Der Kopf ist zu weit oben oberhalb der Brust: Das Baby muss den Kopf nach vorne kippen, um anzudocken – so ist kein Schlucken möglich.
  • Weder Nase noch Kinn berühren die Brust. So ist kein tiefes Erfassen der Brust möglich. Laut der Theorie des asymmetrischen Anlegens sollte das Kinn in die Brust vertieft und die Nase frei sein, damit die Brustwarze optimal im Mund des Babys liegt und das Baby viel Milch bekommt.

Mund und Zunge:

  • Der Mund ist nicht weit genug auf: Die Lippen sind beim Stillen weniger als 130 bis 160 Grad geöffnet: So erfasst das Baby nicht genug vom Brustgewebe. Bei Neugeborenen verdecken die Wangen den Mundwinkel, bei älteren Babys ist der Winkel in der Regel besser zu sehen.
  • Untere Lippe ist nicht nach außen gestülpt (die obere Lippe kann, muss aber nicht nach außen gestülpt sein).
  • Die Lippen schließen nicht dicht um die Brustwarze herum und so kann kein Vakuum entstehen.
  • Die Wangen bilden beim Saugen Grübchen (das Vakuum wird auf die Wangen statt auf die Brust ausgeübt).

Brustwarzen:

  • Die Brustwarze schlittert hin- und her beim Stillen oder das Baby verliert sie sogar zwischendurch (unzureichender Saugschluss).
  • Die Brustwarze ist direkt nach dem Stillen verformt, flach gedrückt oder geknickt (senkrecht, waagerecht oder quer => falsche Druck- und Sogkräfte auf die Brustwarzen)
  • Brustwarzenödem durch Infusionen während der Geburt (die Brust lässt sich durch das Baby nicht richtig erfassen)
  • angeschwollene, flach gezogene Brustwarzen durch die initiale Brustdrüsenschwellung (die Brust lässt sich durch das Baby nicht richtig erfassen)

Reaktionen des Babys:

Viele Neugeborene schlafen bei ungünstigem Anlegen an der Brust ein, bevor sie satt zu werden. Andere sind sehr unruhig an der Brust (fuchteln z.B. mit Ärmchen und Beinchen), lehnen die Brust scheinbar ab oder verlangen sehr häufig nach der Brust.

Bildergalerie zur Visualisierung des optimalen und suboptimalen Anlegens

 

Baby an der Brust - oberflächlich angelegt.
Autsch! Das tut Weh! Das ist das Paradebeispiel des oberflächlichen Anlegens. Nur die Brustwarze ist im Mund, der zu wenig geöffnet ist. (© kno, still-lexikon.de)
Baby ungünstig angelegt.
Dieses Baby ist ungünstig angelegt: Es liegt mit dem Oberkörper von der Mutter weggedreht, d.h. nicht Bauch an Bauch, muss den Kopf zum Stillen zur Seite drehen, das linke Ärmchen liegt im Weg. Es erfasst die Brust nur oberflächlich, der Öffnungswinkel des Mundes ist zu gering, der Mund ist nicht weit genug auf. (© mitarart, still-lexikon.de)
Baby ungünstig angelegt mit Daumen nach unten
Dieses Baby ist ungünstig angelegt: Sein Oberkörper ist von der Mutter weggedreht, zum Stillen muss er den Kopf zur Brust drehen. Das Baby erfasst die Brust nur oberflächlich, der Öffnungswinkel des Mundes ist zu gering. (© Litauische Universität für Gesundheitswissenschaften)
Mutter stopft Brustwarze in den Mun des Kindes
Hier versucht die Mutter das Baby anzulegen, indem sie ihm ihre Brustwarze in den kaum geöffneten Mund “stopft”. Die Unterlippe des Babys ist “im Weg”, nach innen gedrückt. Korrektes Andocken ist so nicht möglich. Zuerst müsste das Baby den Mund erst groß aufmachen wie beim Gähnen. Erst, wenn das Baby den Mund weit geöffnet hat, wird angelegt. (© jackf, still-lexikon.de)
Foto eines gut angelegten Babys
Schön angedockt! Dieses Baby liegt in der zurückgelehnten Stillposition Bauch an Bauch zur Mutter, hat die Ärmchen rechts und links, hat den Mund weit geöffnet und die Brustwarze samt Warzenhof tief im Mund. Die Unterlippe ist nach außen gestülpt. Das Baby könnte allerdings noch mehr Brustgewebe in den Mund hineinziehen, sodass seine Lippen nicht sichtbar sind. (© Kati Molin, still-lexikon.de)
Foto eines perfekt angelegten Babys
Perfektes Anlegen in einer leicht nach hinten gelehnten Stillposition: Das Baby ist ganz eng Bauch an Bauch an der Mutter, fest gestützt durch den Körper der Mutter und ihre stützenden Hände. Babys Ärmchen liegen links und rechts. Das Köpfchen ist leicht nach hinten gekippt, Kinn und Unterlippe sind in der Brust vergraben, die Nase ist leicht frei. Die Lippen sind gar nicht erst sichtbar – das ist ein sehr gutes Zeichen dafür, dass das Baby viel Brustgewebe im Mund hat und die Brust tief erfasst. (© Kseniia Glazkova, still-lexikon.de)
Foto eines perfekt angelegten Babys im seitlichen Liegen
Perfektes Anlegen im seitlichen Liegen: Mutter und Kind sind in ganz engem Körperkontakt Bauch an Bauch, beide gut abgestützt. Die Lippen des Babys sind gar nicht erst sichtbar, weil es tief angedockt ist. Es stützt sich mit Kinn und Unterlippe gegen die Brust, die Nase ist leicht frei. (© Oksana Kuzmina, still-lexikon.de)

Anzeichen für das effektive Saugen durch das Baby

Alle Mütter sollten in der Lage sein zu erkennen, ob ihr Baby effektiv an der Brust saugt oder nur ineffektive Saugbewegungen ausübt, bei denen kein oder nur wenig Milchtransfer stattfindet. Dabei unterscheidet man zwischen nutritivem und non-nutritivem Saugen: Am Anfang der Stillmahlzeit saugt das Baby etwa zweimal pro Sekunde, um den Milchspendereflex auszulösen. Dabei fließt noch keine Milch (non-nutritives Saugen). Sobald die Milch anfängt zu fließen, wechselt das Baby zum nutritiven Saugen (etwa einmal pro Sekunde) und macht regelmäßig Pausen, um die Milch zu schlucken. Lässt der Milchfluss nach und am Ende der Stillmahlzeit wechselt das Baby wieder zum häufigeren non-nutritiven Saugen.

An folgenden Anzeichen kann man den Milchtransfer erkennen:

  1. Das Baby löst durch das non-nutritive Saugen den Milchspendereflex bei der Mutter aus. Die Mutter spürt ein leichtes Ziehen in ihrer Brust: Winzige Muskelzellen an den Milchbläschen ziehen sich zusammen, um die Milch über die Milchkanäle fürs Baby Richtung Brustwarze zu befördern. Der Milchspendereflex setzt an beiden Brüsten übrigens gleichzeitig ein. Dadurch kann auch aus der zweiten Brust Milch herausschießen oder -tropfen, vor allem in den ersten Wochen nach der Geburt. In der ersten Zeit nach der Geburt zieht sich die Gebärmutter durch den Milchspendereflex zusammen. Das kann in der ersten Woche etwas schmerzhaft sein, später lassen die Schmerzen nach. Das spürbare Einsetzen des Milchspendereflexes und Milchfluss an der zweiten Brust sind also positive Anzeichen für das effektive Saugen durch das Baby.
  2. Man hört und sieht das Schlucken des Babys in regelmäßigen Abständen – die Mutter spürt das rhythmische Melken. Das Schlucken kann nicht immer gehört werden.
  3. Man sieht die Kieferbewegungen des Babys bis zu den Ohren mit regelmäßigen Pausen: Das Kinn bleibt unten, während der Mund sich mit Milch füllt. Je länger die Pause, umso mehr Milch bekommt das Baby.
  4. Milch kann im Mund des Babys sichtbar sein.
  5. Das Stillen tut nicht weh, sondern es ist für die Mutter angenehm. In den ersten Tagen nach der Geburt kann es vor allem zu Beginn einer Stillmahlzeit das für die Brustwarze noch ungewohnte Ansaugen etwas unangenehm sein. Schmerzen beim Stillen sind ansonsten ein Hinweis darauf, dass das Baby nicht tief genug angelegt ist oder dass es nicht effektiv saugt.
  6. Die Mutter bekommt Durst – trinken zu jeder Stillmahlzeit ist sinnvoll, vor allem in den ersten Monaten.
  7. Das Baby trinkt konzentriert, ausdauernd, aber ruhig und zufrieden.
  8. Das Baby entspannt sich während der Mahlzeit langsam, die Augen schließen, die Fäuste öffnen sich. Ältere Babys mit 3 bis 6 Monaten schlafen nach dem Stillen nicht mehr unbedingt ein. Sie lassen die Brust los und interagieren mit der Mutter.
  9. Die Brust ist nach dem Stillen fühlbar weicher, die Brustwarze deutlich länger.
  10. Das Baby spuckt ggf. Milch nach der Mahlzeit.

Dauer und Ende der Stillmahlzeit, Sättigungszeichen

Baby lässt die Brustwarze los und nickt ein
Das Baby lässt nach der erfolgreichen Stillmahlzeit die Brustwarze los und nickt ein.

Es gibt keine allgemeingültigen Zeitangaben, wie lange eine Stillmahlzeit dauert. Babys trinken individuell sehr unterschiedlich. In der Neugeborenenzeit brauchen sie außerdem noch länger, manche Neugeborenen brauchen mehr als 30 Minuten für eine komplette Stillmahlzeit. Wenn eine Stillmahlzeit regelmäßig länger als 40 Minuten dauert, ist es sicherheitshalber sinnvoll durch eine Hebamme oder Stillberaterin abklären zu lassen, ob das Baby perzentilenparallel zunimmt. Bei sehr langen Stillmahlzeiten kann es sinnvoll sein, die Brust häufiger anzubieten. Im Laufe der Monate trinken Säuglinge schneller und zügiger, sodass sie manchmal nach 5 bis 10 Minuten die Brust effektiv entleeren.

Die Dauer der Stillmahlzeit hängt auch davon ab, wie häufig das Baby trinkt. Bei häufigem Stillen sind Stillmahlzeiten tendenziell kürzer als bei seltenen.

Die Dauer der Stillmahlzeit sollte durch das Baby bestimmt werden. Eine pauschale Begrenzung einer Stillmahlzeit auf 15 oder 20 Minuten ist nicht sinnvoll, manche Babys brauchen eben länger. Ein Ablösen von der Brust ist nur dann sinnvoll, wenn das Baby am Einschlafen ist, nur noch nuckelt, aber nicht mehr aktiv trinkt. Wenn es die Brust nicht mehr richtig in den Mund einsaugt, führt dies zu einer unphysiologischen Beanspruchung der Brustwarze, die mit Schmerzen einhergeht. Dann ist vorsichtiges Ablösen sinnvoll.

Gegen Ende der Stillmahlzeit schluckt das Baby seltener, die Pausen werden länger. Das satte Baby zeigt weniger Aktivität, entspannt sich, seine Fäustchen öffnen sich, es lässt schließlich die Brust los und schläft meist ein. Bei älteren Babys zeigt sich die Sättigung öfter darin, dass sie ihre Aufmerksamkeit der Umgebung zuwenden.

Kurzfilme über das korrekte Anlegen

Einen ausführlichen Lehrfilm zum korrekten Anlegen hat die Hebamme, Still- und Laktationsberaterin Regine Gresens erarbeitet (kostenpflichtig, s. unter stillkinder.de). Weiterhin hat der kanadische Laktationsberater Dr. Jack Newmann eine Reihe von Kurzfilmen ins Internet gestellt, die das optimale wie suboptimale Anlegen sowie die Zeichen des Milchtransfers visualisieren: http://ibconline.ca/breastfeeding-videos-2/.

Ein lehrreicher Film zum Thema wurde vom Global Health Media produziert und ins Deutsche übersetzt: https://globalhealthmedia.org/portfolio-items/das-anlegen-des-babys-an-die-brust/?portfolioID=15344. Vor allem wird in diesem Film die Bedeutung des tiefen Anlegens gut gezeigt und wie die Brustwarze im Mund schmerzfrei positioniert wird. Etwas irritierend ist, dass die Arme der Babys am Körper festgebunden sind und dass in einer instabilen aufrechten Stillposition angelegt wird, bei denen der Bauch-zu-Bauch-Kontakt fehlt. Die Babys wirken gestresst.

Hartnäckige Anlegeprobleme

Manchmal klappt das Anlegen trotz aller Bemühungen und Optimierungen nicht. Dies kann verschiedene Ursachen haben.

  1. Das Baby ist nach einer stressigen Geburt mit Interventionen, Medikamenten und Infusionen (inklusive Kaiserschnitt und operativen Geburten) in den ersten Tagen bis Wochen noch nicht ausreichend fit. Seine Such- und Saugreflexe funktionieren noch nicht richtig. Das heißt, bei manchen Neugeborenen fehlen die Suchreflexe, andere Babys suchen zwar nach der Brust, docken jedoch nicht an, wieder andere docken an, können aber nicht saugen. Manche Babys haben nach schweren Geburten Verspannungen, Schwellungen, Blockaden im Bereich vom Kiefer, Hals, Schultern, Oberkörper, Becken etc. und können den Mund vielleicht gar nicht richtig aufmachen. Auch weitere Geburtsverletzungen (Knochenbrüche wie z.B. ein gebrochenes Schlüsselbein, Schnittwunden, Prellungen, Nervenverletzungen, Hämatome usw.) können vorkommen. In solchen Situationen sollte Muttermilch auf andere Weise gewonnen und dem Baby verfüttert werden, und zwar 8- bis 12-mal in 24 Stunden, mindestens einmal auch nachts, um die Milchbildung der Mutter in Gang zu bringen und das Baby zu versorgen (siehe auch Stillschwierigkeiten im Frühwochenbett). Gut geeignet in solchen Fällen sind Handentleerung mit anschließendem Pumpen mithilfe eines Doppelpumpsets (siehe Abpumpen und Aufbewahren von Muttermilch). Das Kolostrum sollte dem Baby ohne Flasche, z.B. mithilfe eines Löffels oder Bechers gegeben werden, um eine gute Saugfähigkeit zu erhalten und zu fördern (siehe Muttermilch oder Säuglingsmilch stillfreundlich füttern).
  2. Schwellungen der Brustwarzen aufgrund von Infusionen während der Geburt oder infolge der initialen Brustdrüsenschwellung erschweren es dem Säugling an der Brust korrekt anzudocken. Das Trinken ist für die Mutter schmerzhaft und es besteht das Risiko für wunde Brustwarzen (mehr dazu in den Artikeln Stillschwierigkeiten im Frühwochenbett, Initiale Brustdrüsenschwellung und Wunde Brustwarzen).
  3. Trennung von der Mutter, zu seltenes Anlegen: Mutter und Baby gehören zusammen, und zwar in direkten Körper- und Hautkontakt mit uneingeschränktem Zugang zur Brust möglichst rund um die Uhr. 24-Stunden Rooming-in ist heute in den meisten Geburtskliniken Standard. Ideal ist darüber hinaus 24-Stunden Bedding-in, d.h. Mutter und Kind verbringen möglichst den ganzen Tag in einem Bett, davon möglichst viele Stunden in direktem Haut-zu-Haut-Kontakt (siehe Die Bedeutung des direkten Hautkontakts). Wenn die Mutter schon viel aufsteht und z.B. im Haushalt aktiv ist, kann sie ihr Baby in einem Tragetuch an ihren nackten Oberkörper binden. Der ausgiebige Hautkontakt ist ein Zaubermittel, welches das Stillen meist innerhalb weniger Tage ins Lot bringt. Das Baby findet auf diese Weise die Brust, wenn es noch zufrieden ist. Dann klappt auch das Anlegen besser.
  4. Besondere Brustwarzenformen: Flache oder invertierte Brustwarzen können das Andocken manchmal erschweren. Doch, es gibt Wege, wie das Stillen auch bei besonderen Brustwarzenformen klappen kann (siehe Stillen bei Flachwarzen, Schlupfwarzen und Hohlwarzen).
  5. Frühgeburtlichkeit: Babys, die deutlich vor dem errechneten Geburtstermin, insbesondere vor der 37. Schwangerschaftswoche auf die Welt gekommen sind, haben oft noch Mühe, effektiv und ausdauernd an der Brust zu trinken. Sie können die Brustwarze nicht ausreichend einziehen und behalten, sie saugen zu schwach und ermüden zu schnell. Etwa um den errechneten Geburtstermin herum können sie mit gleicher Kraft saugen wie ein Neugeborenes. Sie müssen zunächst oft nach dem Stillen zusätzlich gefüttert werden, z.B. per Becher oder an der Brust. Flaschen sind auch in diesem Fall nicht ideal. Manchen frühgeborenen Babys hilft, wenn ihr Kiefer beim Stillen gestützt wird (DanCer-Haltung). Auch Stillhütchen kommen in Betracht, um den Milchtransfer zu verbessern.
  6. Stress, Schmerzen, Angst, Sorgen der Mutter können dazu führen, dass ihre Milch nicht fließt, weil ihr Milchspendereflex blockiert ist. Bereits die Angst vor „zu wenig Milch“, vor einem schreienden Baby an der Brust, vor Schmerzen beim Stillen kann dazu führen, dass die Milch nicht ausreichend fließt. So entsteht eine Negativspirale. Entspannung und Zuversicht sind hilfreich: „Es wird schon! Es muss nicht alles auf Anhieb klappen, wir kriegen das mit der Zeit schon hin!“
  7. Verzögerte Laktogenese II (verspäteter Milcheinschuss): Nach einer stressvollen Geburt, nach einem Kaiserschnitt, durch Infusionen und Medikamenten bei der Geburt, bei bestimmten Vorerkrankungen der Mutter wie Diabetes, Präeklampsie oder Adipositas, bei Trennung von Mutter und Kind oder zu seltenem / wenig effektivem Anlegen braucht es manchmal länger als üblich, bis die reife Muttermilch gebildet wird und die Milchmenge der Mutter ansteigt. Babys zeigen die Verzögerung der reichlichen Milchbildung mitunter mit Unzufriedenheit an der Brust, mitunter durch übermäßige Schläfrigkeit, auch wenn sie korrekt angelegt sind. In manchen Situationen – in der Regel, wenn das Baby nach der Geburt mehr als 10% Gewicht verloren hat – wird das Baby in solchen Fällen zugefüttert. Dabei ist der Verzicht auf Saugflaschen sinnvoll, um die Stillfähigkeit nicht zu beeinträchtigen (siehe Muttermilch oder Säuglingsmilch stillfreundlich füttern). Weiteres häufiges Anlegen und zusätzliche häufige Entleerung der Brust bringen die Milchbildung in Gang und helfen das Stillen aufrechtzuerhalten. Wenn das Baby ausreichend ernährt ist und die Milch fließt, klappt auch das Anlegen besser (siehe Wenn der Start der reichlichen Milchbildung auf sich warten lässt: Der verspätete Milcheinschuss).
  8. Gelbsucht: Ist ein Baby übermäßig gelb geworden, ist es meist zu schläfrig und schlapp, um sich zum Stillen zu melden und effektiv an der Brust zu trinken. Auch in diesem Fall muss die Milch der Mutter per Hand und Doppelpumpe entleert werden, um die Milchbildung in Gang zu bringen und das Baby zu füttern (siehe auch: Stillen bei Neugeborenen-Gelbsucht (Ikterus) und Ein schläfriges Baby zum Stillen wecken).
  9. Verkürztes Zungenband: Ist die Bewegung der Zunge eingeschränkt, wird das Stillen beeinträchtigt. Bei manchen Babys reicht ein optimiertes, asymmetrisches Anlegen, bei anderen Babys muss die Zunge mithilfe einer Frenotomie befreit werden (siehe Zu kurzes Zungenbändchen).
  10. Manche Babys blockieren sich den Mund mit ihrer eigenen Zunge. Statt die Zunge herauszustrecken und unter die Brustwarze zu legen, ziehen sie die Zunge beim Anlegen zurück oder legen sie sie hoch an den Gaumen. Mögliche Ursachen für dieses Verhalten werden diskutiert. Absaugen nach der Geburt, unangenehme Erfahrungen während eines Klinikaufenthalts (Sondieren) und Flaschenfütterung werden mit diesem Verhalten in Verbindung gebracht. Manche Babys können nach unangenehmen oralen Erfahrungen vorübergehend nichts in ihren Mund lassen und müssen dann z.B. per Becher gefüttert werden. Durch viel Haut-zu-Haut-Kontakt in einer zurückgelehnten Stillposition fangen die meisten Babys irgendwann an, an der Brust anzudocken. Bei Babys, die aufgrund von Flaschenfütterung die Zunge hochstecken, kann auch der Becher eingesetzt werden. Es kann auch versucht werden, die Zunge mithilfe eines sauberen Fingers aus dem Mund “herauszukitzeln”: Die Zungenspitze wird mit dem Finger “massiert”, bis die Zunge aus dem Mund herausgestreckt wird. Auch der untere Gaumen kann gestreichelt werden, damit die Zunge aus dem Mund herauskommt. Fingerfütterung für einzelne Mahlzeiten kann das Baby darin unterstützen, die Zunge zum Trinken aus dem Mund zu strecken. Anschließend kann eine Mahlzeit mit der Fingerfütterung begonnen und an der Brust fortgesetzt werden.
  11. Schwierigkeit, Atmung, Saugen und Schlucken miteinander zu koordinieren: Säuglinge schlucken je nach Milchmenge nach einem oder mehreren Saugzyklen und atmen nach dem Saugen oder dem Schlucken. Neugeborene und insbesondere unreife Babys haben oft noch Mühe, dieses komplexe Zusammenspiel von Atmung, Saugen und Schlucken richtig zu koordinieren. Auch reife Babys werden durch einen starken Milchspendereflex der Mutter – und somit große Milchmengen in kurzer Zeit – manchmal überfordert. Manche Babys haben mehr oder weniger abweichende anatomische Variationen gewisser oraler Strukturen (Kiefer, Zunge, Gaumen, Rachen, Kehlkopf oder Atemwege), was ihnen das Schlucken erschweren kann. Betroffene Babys zeigen während des Stillens Stresssymptome, ungewöhnliche Schluck- oder Atemgeräusche, verschlucken sich und husten öfter. Dabei ist das Trinken an der Brust auch für solche Babys viel einfacher als das Trinken aus der Flasche. Betroffenen Babys könnten folgende Maßnahmen helfen: sehr häufige (>12-mal in 24 Stunden) und kurze Stillmahlzeiten ggf. mit zusätzlichen Pausen zum Ausruhen und Kuscheln; Stillpositionen, bei denen der Kopf leicht in den Nacken gelegt (überstreckt) wird, um die Luftwege frei zu halten; aufrechte Positionierung des Babys (z.B. gut gestützter Hoppe-Reiter-Sitz oder zurückgelehntes Stillen in verschiedenen Winkeln manchmal bis zum kompletten Hinlegen der Mutter auf den Rücken mit Baby oben) unterstützen die Atmung und das Trinken im eigenen Tempo; manche Babys kommen mit Stillen in der seitlichen Liegeposition am besten zurecht; bei manchen Babys ist das Stützen des Kinns durch die DanCer-Haltung hilfreich. Auch eine Brustmassage vor dem Stillen wird empfohlen, damit die Milch von Anfang an fett- und somit energiereicher ist. So erhält das Baby mit weniger Anstrengung mehr Kalorien (s. auch Hintergrundwissen zum Milchspendereflex und Fettgehalt der Muttermilch).
  12. Falsches Saugmuster aufgrund von Gewöhnung an die Flasche: An der Flasche sind ganz andere Bewegungsabläufe zum Trinken erforderlich als an der Brust. Unter anderem aus diesem Grund wird empfohlen, auf Saugflaschen und möglichst auch auf Schnuller zu verzichten, mindestens in den ersten 6–8 Wochen, idealerweise komplett. Häufig verbessert sich das Anlegen, indem auf Flaschen verzichtet wird. Das Baby kann z.B. aus einem Becher oder an der Brust gefüttert werden. Bei der Umstellung sollte das Baby ausgeruht und nicht allzu hungrig sein. Zufütterung aus einem Becher und an der Brust helfen in den meisten Fällen, das Baby an die Brust zu gewöhnen (siehe auch Muttermilch oder Säuglingsmilch stillfreundlich füttern und Das Baby von der Flasche an die Brust gewöhnen).
  13. Missverhältnis zwischen Brustwarze und Babymund: Ist das Baby noch sehr zart und hat die Mutter überdurchschnittlich dicke und/oder lange Brustwarzen, kann das Anlegen in der ersten Zeit nach der Geburt schwierig bis unmöglich sein. Dann wird die Muttermilch vorübergehend per Pumpe und Hand gewonnen, um das Kind damit zu füttern (siehe Stillschwierigkeiten im Frühwochenbett). Neugeborene wachsen sehr schnell, sodass das Missverhältnis nach wenigen Wochen bis Monaten behoben sein kann.
  14. Manche Babys haben einen überdurchschnittlich kurzen oder rückverlagerten Unterkiefer, ein fliehendes Kinn (Micrognathie / Retrognathie), sodass in manchen Fällen auch hier ein vorübergehendes Missverhältnis zwischen Mund und Brustwarze entstehen kann und / oder das Ausmelken der Brust erschwert ist. Im Falle eines fliehenden Kinns kann das Baby von oben, in der zurückgelehnten Stillposition angelegt werden, sodass die Gravitation das Kinn nach unten zieht. Auch hier ist das asymmetrische Anlegen wichtig. Das Kinn soll in die Brust vertieft sein, dafür soll der Kopf des Babys stärker nach hinten geneigt bzw. überstreckt sein (in den Nacken gelegt) als bei Babys mit durchschnittlich großem Kinn.
  15. Unterernährung: Zu wenig Kalorien und Flüssigkeit schwächen ein Baby, sodass seine Fähigkeit, die Brust effektiv zu entleeren, beeinträchtigt wird. Seine Saugfähigkeit verbessert sich innerhalb von wenigen Tagen, wenn es mit Nahrung gut versorgt wird.
  16. Geringe Milchbildung der Mutter: Nicht alle Babys sind bereit an der Brust zu trinken, wenn nur wenig Milch daraus fließt. Die Bereitschaft erhöht sich, wenn das Baby keine andere Saugmöglichkeit erhält als die Brust, also auf Schnuller und Saugflaschen konsequent verzichtet wird und das Baby z.B. per Becher und an der Brust zugefüttert wird (siehe Muttermilch oder Säuglingsmilch stillfreundlich füttern). Durch Zufütterung an der Brust wird das Baby gleich belohnt, das Saugverhalten verbessert sich schnell (siehe auch Zu wenig Milch und Die Milchmenge steigern: Wie man mehr Milch bilden kann).
  17. Fehlregulation der Körpergrundspannung, wie muskulärer Hypertonus oder Hypotonus: Babys mit einer verminderten Muskelspannung haben häufig Probleme den Saugschluss aufrechtzuerhalten, sie wirken “trinkfaul”. Das hypertone Baby wiederum ist überstreckt. Es hat Schwierigkeiten, sich an den Körper der Mutter in einer funktionierenden Stillposition anzuschmiegen und einen Saugschluss herzustellen. Babys mit Hyper- und Hypotonus müssen sich mehr anstrengen als Babys mit einem gut regulierten Muskeltonus.
  18. Soor: Hat das Baby symptomatischen Soor im Mund, tut ihm das Stillen – das Erzeugen von Vakuum und jegliche Reibung – Weh. Es könnte weniger Interesse am Trinken haben, die Brust weniger tief erfassen und öfter abrutschen und die Brust verlieren. Soor tritt nie gleich nach der Geburt auf, sondern allerfrühestens etwa 4 Tage nach der Geburt (wenn die Infektion während einer natürlichen Geburt, aufgrund einer vaginalen Infektion der Mutter erfolgte), oder Wochen bis Monate später.
  19. Eine Reihe von weiteren Erkrankungen und Anomalien können ebenfalls zu Anlegeproblemen führen. Eine interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Ärzten, weiteren Therapeuten und Stillfachpersonen können in diesen Fällen das Stillen ermöglichen.

Hebammen und Stillberaterinnen können helfen, die Ursache für die Anlegeprobleme zu identifizieren und Lösungen zu finden (siehe auch unser Verzeichnis für lokale Stillberatungsangebote).

Klickende, schnalzende Geräusche beim Stillen

Das Klicken/Schnalzen beim Stillen entsteht durch den Verlust des Saugschlusses. Diese Geräusche können völlig harmlos sein, in anderen Fällen sollten sie abgeklärt werden, vor allem, wenn weitere Probleme hinzukommen. Bei manchen Babys hört man die klickenden / schnalzenden Geräusche regelmäßig bei jedem Stillen, weil sie das Vakuum nicht länger halten können. Dies kann u.a. folgende Ursachen haben:

  • ungünstiges Anlegen, bei dem das Baby zu weit von der Brust ist oder verdreht und auf diese Weise Mühe hat, die Brustwarze im Mund zu behalten.
  • ein starker Milchspendereflex der Mutter, bei dem das Baby vom Schwall überwältigt ist; Hier hilft Stillen in zurückgelehnter Position (s. Laid-back-Nursing), bei der das Baby von oben trinkt: so fließt die Milch langsamer. Meist geht ein starker Milchspendereflex mit einer reichlichen Milchbildung einher. Schnalzende Geräusche durch einen starken Milchspendereflex entstehen frühestens nach dem Milcheinschuss. Denn Kolostrum in den ersten Tage ist noch viskös und von kleinem Umfang und schießt nicht so wie die flüssigere reife Muttermilch.
  • verkürztes Zungenband: Da kurze Zungenbänder zu mangelnder Gewichtszunahme und anderen Komplikationen führen können, sollten diese abgeklärt und ggf. behandelt werden. Hier treten die Geräusche von Geburt an auf.
  • extrem hoher Gaumen (gotischer Gaumen; kann mit einem verkürzten Zungenband zusammen auftreten). Der Gaumen kann in der ersten Zeit nach der Geburt noch effektiv geformt werden. Wird das zu kurze Zungenband behandelt, formt die Zunge, die nun eine obere statt untere Zungenruhelage einnimmt, den Gaumen platt aus. Dies verbessert das Saugen, das spätere Sprechen und beugt Komplikationen mit den Nasennebenhöhlen vor, welche bei einem gotischen Gaumen verkleinert sind.
  • Gaumenspalten (ggf. unsichtbar, weil die Spalte unterhalb der Schleimhäute liegt (submuköse Spalte)). Bei besonderen Gaumenformen (gotischer Gaumen oder Gaumenspalte) treten die Geräusche von Geburt an auf. Gaumenspalten werden in der Regel chirurgisch korrigiert.
  • eine Allergie des Babys z.B. gegen Brustwarzensalben wie z.B. Lanolin oder gegen bestimmte Inhaltsstoffe in der Muttermilch (z.B. Kuhmilcheiweiß). Bei Unverträglichkeiten gegenüber der Brustwarzenpflege kann diese weggelassen werden. Bei gesunden Brustwarzen reicht Muttermilch als Pflege aus. Bei Verdacht auf Nahrungsmittelunverträglichkeiten kann die Mutter eine Eliminationsdiät halten (mehr darüber im Artikel Ernährung der stillenden Mutter).
  • Soor: ähnlich wie bei der Allergie brennen und jucken die Zunge und der Mund des Babys, daher lässt es den Saugschluss immer wieder los. Da Soor nie direkt nach der Geburt auftritt, sondern erst mehrere Tage, Wochen oder Monate später, tauchen auch die Geräusche beim Stillen erst später auf.

Es ist sinnvoll, bei klickenden, schnalzenden Geräuschen das Baby von einer Still- und Laktationsberaterin IBCLC, vom Kinderarzt und ggf. weiteren Spezialisten durchchecken zu lassen und die Gewichtsentwicklung im Auge zu behalten.

Quellen:

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  • Wilson-Clay B, Hoover K: The Breastfeeding Atlas. 5. Aufl. 2013, LactNews Press.

 


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