Ablehnung der Brust durch das Baby (Brustverweigerung)

Baby schreit an der Brust
Wenn das Baby die Brust verweigert, ist schnelle Hilfe erforderlich. (© Kanstantsin Prymachuk)

Es ist für die Mutter äußerst belastend, wenn ihr Baby ihre Brust ablehnt. Je nach dem Zeitpunkt des Problems können der Brustverweigerung unterschiedliche Ursachen zugrunde liegen. Der folgende Artikel bietet einen Überblick über mögliche Ursachen und zeigt erste Hilfsmaßnahmen auf.

Inhaltsübersicht:

Ablehnung der Brust ab dem ersten Anlegen

Gelegentlich tauchen erste Schwierigkeiten gleich nach der Geburt auf.

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  • Ein Neugeborenes kann “trinkfaul” und schwach sein, z.B. wegen Erschöpfung nach einer anstrengenden Geburt, wegen Anpassungsschwierigkeiten nach einem Kaiserschnitt oder infolge von Medikamenten, die der Mutter vor oder während der Geburt verabreicht wurden, wie z.B. Schmerzmittel, Narkotika, Wehenmittel oder Medikamente bei einer Schwangerschaftsvergiftung (Gestose). In diesen Fällen funktionieren die Stillreflexe noch nicht einwandfrei. Das Baby ist zu schlapp und zu unkoordiniert, um aktiv zur Brust zu robben und die Brustwarze zu suchen, es schafft nicht, die Brustwarze einzusaugen, das Vakuum aufrechtzuerhalten und kontinuierlich zu saugen.
  • Aufgrund von intravenöser Flüssigkeitsgabe während und nach der Geburt können die Brustwarzen ödematös werden, d.h. durch die Flüssigkeit anschwellen und verflachen, sodass das Baby nicht richtig andocken kann. Bei guten Verläufen ist die Brustverweigerung nur vorübergehend. Ungeduld und das Forcieren des Trinkens können jedoch auch zur dauerhaften Brustverweigerung führen. Es ist weit verbreitet, den Kopf des Babys an die Brust zu drücken oder die Brustwarze in den unwilligen Mund zu schieben, damit das Baby endlich trinkt. Diese Maßnahmen können einen Reflex hervorrufen, bei dem das Baby die Zunge aufwärts gegen den Gaumen schiebt und so das Saugen unmöglich macht. Die sogenannte Brustscheu kann auf diese Weise beginnen. Statt Forcieren empfiehlt es sich, in regelmäßigen Zeitintervallen vorsichtig zu versuchen, den Suchreflex auszulösen (s. auch: Ein schläfriges Baby zum Stillen wecken). Um das Baby mit Nahrung zu versorgen, kann man ihm abgedrücktes Kolostrum mit einem Löffel geben, bis es effektiv an der Brust trinken kann (s. das Video der Standford Universität).
  • Abstoßen von der Brust und Weinen an der Brust bedeuten gerade in der Neugeborenenzeit nicht unbedingt eine Brustverweigerung. Es kann sich viel mehr darum handeln, dass das angeborene Andockverhalten des Babys durch ungünstige Positionierung oder kontraproduktive Interventionen der Erwachsenen durcheinandergerät. Bei aufrechten Stillpositionen (Wiegehaltung, Footballhaltung usw.) kann das Baby seine Stillreflexe nicht einsetzen. Sitzt die Mutter auch noch unbequem und schlecht abgestützt oder ist sie bereits verzweifelt und frustriert, überträgt sich ihre Anspannung auf das Baby. Fäustlinge oder das Festhalten von Babys Ärmchen (z.B. durch Pucken) erschweren das Andocken ebenfalls, weil das Baby seine Händchen zum Andocken braucht. Ideal ist eine stabile, zurückgelehnte Stillposition, bei der das Baby auf dem Bauch der Mutter liegt, ohne, dass es festgehalten werden müsste. Die Wange des Babys soll die Brust der Mutter berühren. Das Baby sucht und formt die Brust mithilfe seiner Händchen und durch das Hochheben und durch Nickbewegungen seines Köpfchens. Es saugt dabei manchmal an seinen eigenen Händchen, bis es schließlich eigenständig zur Brustwarze findet. Durch die zurückgelehnte Stillposition und das Baby-geleitete Andocken beruhigen sich viele Babys und schaffen schließlich das effektive Saugen an der Brust (siehe auch Laid-back-Nursing).
  • Das Neugeborene könnte aber auch krank oder während der Geburt verletzt worden sein. Neben der Untersuchung und Behandlung durch Ärzte können in diesen Fällen Stillfachleute weiterhelfen (siehe z.B. das Stillberaterinnen-Verzeichnis des Still-Lexikons), die Milchbildung der Frau aufzubauen und das Baby zu stillen / füttern. Es kann sein, dass die Milch bei einem kranken Kind vorübergehend oder in manchen Fällen auch während der gesamten Stillzeit abgepumpt werden muss, um das Kind mit Muttermilch ernähren zu können. Obwohl Abpumpen sehr zeitaufwendig und anstrengend ist, ist es dann trotzdem die beste Lösung, um die Gesundheit des Kindes zu fördern.

Brustverweigerung in der frühen Stillzeit

Das Ablehnen der Brust ist in der Neugeborenenperiode leider eine häufige Erscheinung. Sie ist meist die Folge von ungünstigen Rahmenbedingungen während und nach der Geburt, welche die Interaktion zwischen Mutter und Kind durcheinanderbringen (s. auch Warum das Stillen häufig nicht klappt).

  • Wenn es nicht gelingt, das Baby von Anfang an effektiv und häufig genug anzulegen, dann wird die Milchbildung nicht ausreichend gut in Gang gebracht. Das Baby erhält an der Brust nur wenig Milch und ist dann frustriert und aufgebracht. Die Lösung ist die Optimierung des Anlegens (s. den Artikel Das korrekte Anlegen des Babys), sehr viel direkter Haut-zu-Haut-Kontakt und eine gute Stillunterstützung. Vorübergehend kann abgepumpte Muttermilch oder ggf. Ersatzmilch aus einer Sonde oder mithilfe eines Brusternährungssets an der Brust zugefüttert werden, damit das Baby an der Brust nicht frustriert ist. Ein guter Milchfluss an der Brust löst schließlich das Problem (siehe auch den Film von Dr. Jack Newmann ab 25:00 Minuten und den Artikel Die Milchmenge steigern: Wie man mehr Milch bilden kann).
  • Wenn die Mutter zu spät auf den Hunger des Babys reagiert oder das Baby stillen will, wenn es gerade nicht bereit ist, dann kann das Kind beim Anlegen aufgebracht und hektisch sein, weil es schon zu lange nach der Brust schreit oder weil es gegen seinen Rhythmus an die Brust angelegt wird. Auch deshalb ist es sinnvoller, nach Bedarf, anhand der kindlichen Signale zu stillen (siehe auch die Die ersten Anzeichen von Hunger).
  • Eine Ablehnung der Brust tritt typischerweise bei einer Saugverwirrung auf. Oft werden Babys, wenn das Stillen in den ersten Tagen nicht einwandfrei klappt, mit der Saugflasche gefüttert. Aus der Saugflasche läuft die Milch allerdings anders als an der Brust und die Kinder sind anschließend oft nicht mehr in der Lage, an der Brust effektiv zu saugen. Es ist extrem schade, dass alternative Fütterungsmethoden im Gesundheitssystem kaum bekannt sind, obwohl sie nicht schwieriger sind als die Flaschenfütterung. Zur Behebung der Saugverwirrung siehe den Artikel Das Baby von der Flasche an die Brust gewöhnen.
  • Manche Babys können aufgrund von anatomischen Besonderheiten im Mund oder gesundheitlichen Problemen nicht effektiv an der Brust saugen und sind dann ebenfalls frustriert und aufgebracht, wenn sie an die Brust gebracht werden. Zu solchen anatomischen Besonderheiten gehören vor allem das zu kurze Zungenband, zu kurzes Lippenbändchen oder andere Probleme, wie ein asymmetrisches Kiefer oder ein hoher Gaumen. Neben Kinderärzten und erfahrenen Still- und Laktationsberaterinnen IBCLC (siehe unser Verzeichnis) können vor allem Logopäden und weitere Saug- und Schlucktherapeuten weiterhelfen. Saugprobleme können auch durch neurologische Unreife des Neugeborenen (z.B. im Falle von Frühgeburten) oder z.B. einen niedrigen Muskeltonus entstehen. Babys mit Reflux, Atmungsproblemen oder angeborenen Anomalien haben ein hohes Risiko für abnormales Saugen.
  • Das Neugeborene kann aufgrund besonderer Brustwarzenformen die Brust nicht erfassen.
  • Das Baby kann die Brust aufgrund einer flach ausgezogenen Brustwarze bei der initialen Brustdrüsenschwellung (Milcheinschuss) oder bei einem Milchstau nicht effektiv erfassen. In einem solchen Fall kann man vor dem Stillen etwas Muttermilch gewinnen, bis der Warzenhof wieder weicher ist und die Brust vom Baby wieder gut erfasst werden kann.

Ablehnung der Brust nach einer Phase des erfolgreichen Stillens

Wenn nach einer Phase des erfolgreichen Stillens das Kind die Brust ablehnt, kann dies vorübergehend oder endgültig sein.

  • Wenn ein Baby in der Neugeborenenperiode gut trinken konnte und die Brustverweigerung erst mit der reichlichen Bildung von reifer Muttermilch einstellt, besteht der Verdacht auf “zu viel Milch” und einen überschießenden Milchspendereflex (siehe auch den Artikel Zu viel Milch). Die Milch schießt dem Baby nach dem Anlegen kräftig in den Mund. Das Kind verschluckt sich, würgt oder spuckt. Um das Schießen der Milch zu reduzieren, kann die Mutter auf dem Rücken liegend oder mit zurückgelehntem Oberkörper stillen. Die Milch muss dann gegen die Schwerkraft nach oben angesaugt werden und läuft daher nicht so stark (siehe auch “Laid-back-Nursing” im Artikel Stillpositionen). Manchmal kann es aufgrund des zu schnellen Milchflusses zu einer hartnäckigen Brustverweigerung kommen. Hilfreich ist es in diesem Fall, vor dem Anlegen die Brust gut zu entleeren, weil die Milch dann langsam fließt und vom Kind gut getrunken werden kann. Akzeptiert das Baby die Brust zunächst auch dann nicht, dann kann das Kind vorübergehend mit abgepumpter Muttermilch gefüttert werden. Die Milchbildung muss bei einer solchen Überproduktion gedrosselt werden (siehe den Artikel Zu viel Milch).
  • Auch psychische Ursachen können zur Ablehnung der Brust führen, wie z.B. Reizüberflutung des Kindes durch zu viel Hektik und zu viele Besucher. Wenn die Mutter nervös, angespannt oder unsicher ist, absorbiert das Kind möglicherweise diese Schwingungen.
  • Abnahme der Milchbildung: Mitunter nimmt die Milchbildung trotz gutem Stillstart im Laufe der Zeit ab. Das Baby erhält allmählich weniger Milch an der Brust und auch der Milchfluss wird langsamer. Das Baby wird dadurch zunehmend frustrierter an der Brust und kann sie irgendwann komplett verweigern. Es kann zahlreiche Ursachen für eine abnehmende Milchbildung geben, meistens handelt es sich um eine Begrenzung der Stillmahlzeiten (zu seltenes oder zu kurzes Anlegen, nur eine Seite pro Mahlzeit, ausgiebiger Schnullergebrauch, Stillhütchen, Durchschlafen des Babys bzw. getrennte Betten von Mutter und Baby bzw. Einschlafrituale ohne Stillen, unnötige Zufütterung, Flaschenfütterung usw., siehe auch die Hinweise zum suboptimalen Stillmanagement im Artikel Zu wenig Milch). Mitunter fängt die Mutter an, hormonelle Verhütungsmittel einzunehmen, welche zur Abnahme der Milchbildung führen können (siehe Hormonelle Verhütungsmittel können die Milchbildung hemmen). Auch Saugprobleme seitens des Kindes können dazu führen, dass die Milchbildung längerfristig nicht ausreichend angeregt wird. Bei einem zu kurzen Zungenband und einer damit einhergehenden eingeschränkten Zungenbeweglichkeit ist es schon öfter vorgekommen, dass das Baby in den ersten Wochen noch reichlich Milch bekam und gut zunahm und die Milchbildung zu einem späteren Zeitpunkt abnahm und das Baby die Brust verweigerte (siehe auch den Artikel zum verkürzten Zungenband).
  • Erneute Schwangerschaft der Mutter: Wenn ein neues Kind im Bauch der Mutter heranwächst, geht die Milchbildung der Mutter häufig zurück, der Milchspendereflex kann sich verlangsamen. Viele Frauen empfinden das Stillen als zunehmend unangenehm. Manche Kinder verlieren das Interesse an der Brust.
  • Bei einem Stillstreik setzt die Brustverweigerung relativ plötzlich nach einer Phase unproblematischen Stillens ein. Der Stillstreik kann nach mehreren Mahlzeiten oder Tagen von alleine vorübergehen. Die Ursache eines Stillstreiks kann nicht immer herausgefunden werden. Einige mögliche Ursachen werden hier aufgelistet:
    • Schnupfen, verstopfte Nase
    • Mittelohrentzündung
    • Mundsoor
    • Magen-Darm-Grippe
    • Schmerzen und/oder Fieber nach einer Impfung
    • Zahnungsschmerzen
    • Aphten im Mund / an der Zunge
    • Verletzungen im Mund / an der Zunge
    • Herpes im Mund / an den Lippen
    • Rückkehr der Menstruation bei der Mutter. Manche Kinder verweigern während jeder Monatsblutung die Brust für einen Tag.
    • Stark schmeckendes Essen der Mutter, wie z.B. Knoblauch oder Pfefferminz, verändert den Geschmack der Muttermilch 8–12 bis zu 24 Stunden nach der Mahlzeit, und kann dadurch auch zur Verweigerung der Brust führen.
    • Sport: Durch Schweiß kann die Brust salzig schmecken. Bei anaerobem Sport kann die Milch durch die Milchsäure sauer schmecken (siehe Sport während der Stillzeit).
    • ggf. Salzwasser nach einem Bad im Meer oder Chlorwasser nach einem Schwimmbadbesuch
    • Allergie / Unverträglichkeit gegen Bestandteile der mütterlichen Nahrung, welche in die Muttermilch übertritt (siehe Ernährung der stillenden Mutter).
    • Veränderter Körpergeruch der Mutter z.B. durch ein neues Parfum oder eine neue Seife
    • Salbenapplikationen an die Brustwarzen
    • Psychische Ursachen, z.B. wenn die Mutter wieder mit dem Arbeiten angefangen hatte, sich für längere Zeit vom Kind getrennt hatte, oder wenn die Mutter das Kind ausgeschimpft hatte, z.B. wenn es zubiss.
    • Hitze: Dem Baby ist es in der Nähe der Mutter zu warm
    • Manchmal trinkt ein Kind deutlich effektiver und schneller als früher, was von der Mutter fälschlicherweise für eine Brustverweigerung gehalten wird.
  • Ablehnen der Brust ab dem Beikostalter: Mitunter verweigern schon Babys im ersten Lebensjahr die Brust der Mutter endgültig – sie stillen sich vorzeitig ab. Während einige Mütter dieses Verhalten problemlos als natürliches Abstillen seitens des Kindes akzeptieren, trauern andere Mütter der Stillbeziehung nach. Häufig wurden Kinder, die sich so früh von alleine abstillen, zum Einschlafen, nachts und zum Trost nicht gestillt. Diese Kinder haben sich angewöhnt, sich auf andere Weise zu beruhigen, wie z.B. durch Schnuller oder Daumenlutschen. Sie verbinden die Brust nicht mehr mit Trost und Geborgenheit, sondern lediglich mit Nahrungsaufnahme. Wenn sie nach der Einführung von Beikost ihren Hunger und Durst nicht mehr an der Brust stillen müssen, dann verlieren sie das Interesse an der Brust komplett, zumal die Milchmenge und der Milchfluss im Laufe der Beikosteinführung deutlich zurückgehen können, wenn die Brust nur als Mahlzeit und nicht zum Ein- und Durchschlafen sowie zur Entspannung und zum Trost angeboten wird.
  • Das natürliche, vom Kind gesteuerte Abstillen, bei dem die Brust auch zum Trost und zum Ein- und Durchschlafen unbegrenzt angeboten wird, verläuft sehr langsam und nimmt mehrere Jahre in Anspruch. (Mehr zum Abstillen: Der Abstillprozess, Abstillen: Wie kann ich mein Kind achtsam begleiten? und Die weibliche Brust: Nahrungsquelle, Trotspender oder Lustobjekt?)

Was tun, wenn das Baby die Brust verweigert?

Wenn das Baby die Brust länger als einzelne Stillmahlzeiten hartnäckig ablehnt und auf das Stillen noch angewiesen ist, dann gibt es zwei wichtige Aufgaben: das Baby zu füttern und die Brust zu entleeren. Die regelmäßige Entleerung der Brust ist wiederum aus mehreren Gründen wichtig: Erstens bewahrt dies die Mutter vor Schmerzen und möglichen Milchstaus (und als eventuelle Folge davon Brustentzündungen oder gar Abszess). Zweitens wird auf diese Weise die Milchbildung der Mutter aufrechterhalten und drittens soll das Baby mit der Muttermilch gefüttert werden.

Die Entleerung der Brust kann per Hand oder Pumpe erfolgen, oder aus einer Kombination aus beiden (siehe den Artikel Abpumpen und Aufbewahren von Muttermilch). Die Brust sollte etwa so häufig entleert werden, wie das Kind trinken würde.

Die Milch sollte dem Kind idealerweise mit einem Becher statt mit einer Saugflasche gegeben werden (siehe den Abschnitt zur Becherfütterung) und zur Befriedigung des Saugbedürfnisses sollte nur die Brust (also auch kein Schnuller) angeboten werden. Es kann immer wieder versucht werden, dem Kind die Brust anzubieten; Wenn die Ablehnung groß ist, kann man durchaus einen Tag Pause machen. Viel Kuscheln an nackter Haut erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass das Baby die Brust wieder nimmt. Im Halbschlaf nehmen die Babys die Brust häufig eher an, als im wachen Zustand.

Lehnt das Baby die Brust z.B. aufgrund einer zu geringen oder zurückgegangenen Milchbildung längerfristig ab, dann ist Zufütterung an der Brust ideal, z.B. mit dem Brusternährungsset (siehe den Abschnitt Zufütterung an der Brust und den Artikel Das Baby von der Flasche an die Brust gewöhnen). Durch die Änderung des Stillmanagements und/oder die Beseitigung der Ursachen der Brustverweigerung (z.B. bei einem verkürzten Zungenband) kann die Milchmenge bis zu einem gewissen Grad wieder gesteigert werden. Manche Mütter erreichen die volle Milchbildung wieder, andere bilden einen Teil der benötigten Milch (siehe die Artikel Die Milchmenge steigern und Ein zweiter Stillbeginn (Relaktation)).

Manche Babys verweigern die Brust endgültig, meist, weil sie es nicht schaffen an der Brust zu trinken. Oft verbinden sie mit der Brust Stress und Frustration. Viele Mütter entscheiden sich in dieser Situation zumindest die Muttermilch ihrem Baby zu geben und stellen sich langfristig auf regelmäßige Milchgewinnung ein (Pumpstillen). Die Milchmenge lässt sich durch relativ häufiges Pumpen, kombiniert mit Handgewinnung und Brustmassagen aufrechterhalten und steigern. Es ist erforderlich, hierzu eine professionelle Krankenhaus-Doppelpumpe zu verwenden (wie Medela Symphony oder Ardo Carum). Andere Pumpmodelle können die Milchbildung oft nicht ausreichend anregen. Ergänzend kann eine kleine mitnehmbare Doppelpumpe von derselben Firma wie die Krankenhauspumpe besorgt werden, ebenfalls essenziell ist ein Pump-BH oder Pump-Top, welches, die Pumphauben festhält. Die regelmäßige Milchgewinnung ist sehr zeitintensiv, sie beansprucht 3–4 Stunden am Tag. Um sie dennoch umsetzen zu können, kann sie parallel zu anderen Tätigkeiten ausgeführt werden, wie Essen, Haushalt, Wickeln, Spielen usw. Weitere ausführliche Informationen finden Sie in den Artikeln Abpumpen und Aufbewahren von Muttermilch und im Abschnitt 4 “Aufbau und Aufrechterhaltung der Milchbildung” im Artikel Muttermilchernährung und Stillen nach Frühgeburt.

Ablehnung nur einer Brust

Es kommt häufig vor, dass ein Baby eine Brust gegenüber der anderen bevorzugt oder eine Brust vollständig ablehnt. Die beiden Brüste einer Frau sind meist unterschiedlich: Sie produzieren unterschiedlich viel Milch, die Milch schießt unterschiedlich schnell, die beiden Brustwarzen sind unterschiedlich groß und unterschiedlich geformt, sodass das Baby an der einen Seite effektiver und mit weniger Anstrengung trinken kann als auf der anderen. Eine ungleichmäßige Stimulation kann vorkommen, wenn das Kind nachts immer nur aus derselben Brust trinkt, weil das Kind die Brustwarze an der einen Brust besser fassen kann als an der anderen, oder weil wegen wunden Brustwarzen die Mutter die eine Brust schont (mehr zum Thema im Artikel Unterschiedlich große Brüste in der Stillzeit).

Manche Kinder liegen lieber auf einer ihrer eigenen Körperseite. In einem solchen Fall kann es helfen, wenn bei einem Seitenwechsel das Kind von der einen zur anderen Brust geschoben wird, ohne es dabei um die eigene Achse zu drehen.

Manchmal bekommt das Baby auf der einen Seite aufgrund eines Milchstaus vorübergehend nicht so gut Milch.

Nach einer Brustentzündung schmeckt die Milch salzig, was ebenfalls zur Ablehnung dieser Brust führen kann. Wenn das Kind in diesen Fällen die eine Brust partout ablehnt, kann man, um einem Milchstau vorzubeugen und die Milchproduktion aufrechtzuerhalten bzw. wieder anzukurbeln, an der abgelehnten Seite öfter Milch gewinnen und immer wieder versuchen, das Kind dort anzulegen. Nachts, wenn das Kind im Halbschlaf trinkt, ist die Wahrscheinlichkeit höher als tagsüber, dass es auch die abgelehnte Brust akzeptiert.

In einigen Fällen spielt sich die Stillbeziehung derart ein, dass die Frau nur noch an einer Seite stillt und auf der anderen Seite sich die Milchbildung vollständig einstellt.

=> Erfahrungsgemäß reicht eine Brust aus, um das Baby gut zu ernähren.

Allerdings ist es in sehr seltenen Fällen beobachtet worden, dass Wochen oder Monate nach der Ablehnung einer Brust in dieser ein Tumor diagnostiziert wurde. Die Wahrscheinlichkeit eines Tumors ist im Vergleich zu anderen Ursachen verschwindend gering. Dennoch kann es sinnvoll sein, einen Frauenarzt aufzusuchen, um Brusterkrankungen als Ursache für die Brustverweigerung auszuschließen.

Quellen:

  • Watson-Genna C: Handbewegungen eines Säuglings während der Brustsuche. Laktation & Stillen 2017;3.
  • Wilson-Clay B, Hoover KL: The Breastfeeding Atlas. LactNews Press, 2013, 5. Aufl.
  • Guóth-Gumberger M: Gewichtsverlauf und Stillen. Dokumentieren, Beurteilen, Begleiten. Mabuse Verlag 2011, S. 89.
  • M. Scheele: Aspekte aus der Stillpraxis; und H. Przyrembel: Die Vorteile der Muttermilch. In Stillen und Muttermilchernährung, Grundlagen, Erfahrungen und Empfehlungen; Gesundheitsförderung konkret Band 3, von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (Hrsg.), Köln 2001.
  • Lawrence RA und Lawrence RM: Breastfeeding. A guide for the medical profession. Elsevier, 2016, 8. Aufl., S. 332.

© Dr. Bauer – Publikationen in der Stillförderung. Text, Bilder und Videos urheberrechtlich geschützt. Letzte Ergänzungen: November 2023.

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