Stillen bei Infektionskrankheiten der Mutter

kranke Mutter putzt sich die Nase und misst FieberAuch in der Stillzeit kommen Erkältungen, Durchfall, Erbrechen und weitere Erkrankungen vor. Mütter, die unter Infektionskrankheiten leiden, fragen sich, ob sie weiterstillen dürfen oder nicht. Die meisten Infektionskrankheiten stellen kein Stillhindernis dar, das weitere Stillen kann das Baby vor schweren Verläufen sogar schützen. Bei einzelnen, schweren Erkrankungen, vor allem HIV, wird in entwickelten Ländern vom Stillen abgeraten.

Muttermilch schützt den gestillten Säugling auf vielfache Weise vor Infektionskrankheiten. Sie enthält zahlreiche antimikrobielle, entzündungshemmende und immunmodulatorische Faktoren, die helfen, einer Erkrankung vorzubeugen oder sie abzumildern. Unter anderem gelangen Antikörper in die Muttermilch, die sich spezifisch gegen Erreger richten, mit denen die Schleimhäute der Mutter in Kontakt gekommen sind. Das heißt, das gestillte Kind erhält einen spezifischen Schutz gegen die Erreger aus der Umgebung der Mutter, auch bei akuten Erkrankungen der Mutter.

Wenn die Mutter die ersten Symptome einer Grippe oder Erkältung zeigt, ist das Baby den Erregern meistens bereits ausgesetzt worden. Muttermilch kann Säuglinge zwar nicht vor Erkältungskrankheiten schützen, da die Bildung spezifischer Antikörper durch die Mutter erst mehrere Tage nach ihrer Infektion stattfindet, d.h. wenn sie anfängt, sich besser zu fühlen. Dennoch: Durch die gebildeten Antikörpern und weitere Resistenzfaktoren in der Muttermilch erkranken gestillte Säuglinge insgesamt weniger schwer an Erkältungskrankheiten und müssen seltener ins Krankenhaus eingeliefert werden als nicht gestillte Säuglinge. Hat die Mutter Fieber, dann braucht sie vermehrt Flüssigkeit. Sie kann weiterstillen.

Bei einem Magen-Darm-Infekt (also Durchfall, Übelkeit, Erbrechen oder Bauchschmerzen) der Mutter kann die Wahrscheinlichkeit einer Übertragung auf das Kind durch konsequente Hygiene reduziert werden. Das heißt, das Kind soll mit Erbrochenem oder Stuhl nicht in Berührung kommen und die Mutter und andere Bezugspersonen sollten regelmäßig mit warmem Wasser und Seife Hände waschen. Wie bei allen Infektionskrankheiten gelangen die spezifischen Antikörper, die die Mutter im Laufe ihrer Genesung bildet, in die Muttermilch. Unspezifische Resistenzfaktoren (z.B. Oligosaccharide) beeinflussen die Darmflora des Babys so, dass krankmachende Bakterien sich schlecht vermehren können. Magen-Darm-Infekte sind daher bei gestillten Kindern seltener und weniger schwerwiegend als bei nicht gestillten.Bitte unterstützen Sie das Still-Lexikon

Wenn eine stillende Mutter unter Durchfall oder Erbrechen leidet, ist es in besonderem Maße wichtig, die verlorene Flüssigkeit und Elektrolyte (rezeptfrei in der Apotheke erhältlich oder selbstgemischt: 0,5 l Wasser, 0,5 l Obstsaft, 1 Teelöffel Kochsalz, 7-8 Teelöffel Zucker) schnell zu ersetzen. Da eine stillende Mutter große Mengen Wasser und Nährstoffe an das Kind abgibt, ist bei ihr die Gefahr bedrohlicher Kreislaufprobleme größer als bei einer nicht stillenden Frau. Da bei Fieber der Flüssigkeitsbedarf erhöht ist, sollte die Mutter ebenfalls darauf achten, besonders viel zu trinken. Sie darf weiterstillen.


Bei ernsthaften Infektionskrankheiten kontaktieren Sie bitte fachkundige Ärzte und eine Still- und Laktationsberaterin IBCLC (siehe auch unser Verzeichnis für Unterstützungsangebote)!


Da HIV durch Stillen auf das Kind übertragen werden kann, wird in Industrieländern HIV-infizierten Müttern davon abgeraten, ihr Kind zu stillen. Die gleiche Empfehlung wird bei einer HTLV-I-Infektion ausgesprochen, die in manchen Regionen der Erde stark verbreitet ist. Bei Frauen, die nach der Geburt in ihr heimatliches Entwicklungsland zurückkehren, können andere Empfehlungen gelten: Aufgrund des hohen Risikos für Säuglinge, in manchen armen, unterentwickelten Ländern an anderen Erkrankungen zu sterben, wird in diesen Ländern unter der Einnahme von antiretroviraler Therapie auch HIV-positiven Müttern zum Stillen geraten.

Eine Herpes simplex-Infektion kann beim Neugeborenen schwere Erkrankungen auslösen. Ein direkter Hautkontakt des Kindes mit infizierten Partien muss daher unbedingt vermieden werden (bei Lippenherpes Mundschutz!). Sorgfältiges Händewaschen muss eingehalten und Schmusen und Küssen des Säuglings müssen vermieden werden, bis alle Läsionen abgeheilt sind. Stillen ist erlaubt, wenn an der Brust keine Herpes-Läsionen vorhanden sind oder wenn diese gut abgedeckt werden können. Wenn die Brustwarze selbst betroffen ist, sollte das Baby bis zur Abheilung der Läsion nicht an der betroffenen Seite angelegt werden, auch nicht unter einem Stillhütchen. Um die Milchbildung aufrechtzuerhalten, sollte die betroffene Brust regelmäßig entleert werden, etwa in dem Rhythmus, in dem das Baby daran trinken würde. Die gewonnene Milch muss pasteurisiert werden und dann darf das Baby sie trinken.

Bei Masern, Röteln, Mumps und Zytomegalie (CMV) wird zum Weiterstillen geraten. Bei CMV-positiven Müttern von Frühgeborenen vor der vollendeten 32. Schwangerschaftswoche muss die Muttermilch vor der Verfütterung ggf. pasteurisiert oder eingefroren werden.

Bei Hepatitis A ist Stillen erlaubt, wenn sowohl die Mutter als auch das Kind immunisiert werden.

Wenn eine schwangere Frau mit Hepatitis B diagnostiziert wird, bekommt der Säugling direkt nach der Geburt mehrfach eine aktive und passive Immunisierung. Stillen ist erlaubt, da die Infektionshäufigkeit sich bei gestillten und nicht gestillten Kindern nicht unterscheidet.

Hepatitis C: Laut Experten der WHO/UNICEF-Initiative Babyfreundlich (2017) gibt es keinen Grund, Müttern mit Hepatitis C vom Stillen abzuraten. Laut Lawrence & Lauwrence (2016) ist Stillen mit einer Hepatitis-C-Infektion vereinbar, nachdem eine ausführliche Beratung der Eltern stattgefunden hat.

Eine Mutter, die an einer geschlossenen Tuberkulose erkrankt ist, darf stillen. Eine vorübergehende Trennung von Mutter und Kind ist nur notwendig, wenn eine offene Lungen-Tbc der Mutter vorliegt und sie noch nicht zwei Wochen lang medikamentös behandelt wurde. Eine individuelle Beratung durch Ärzte und professionelle Stillberaterinnen ist – wie bei allen schwerwiegenden Erkrankungen – von großer Bedeutung.

Bei einer Windpocken-Erkrankung der Mutter innerhalb von vier Tagen vor bis vier Tagen nach der Geburt erhält das Kind eine Impfung und eine antivirale Therapie. Das Kind darf bei der Mutter bleiben und gestillt werden. Mutter und Kind sollten gegebenenfalls gemeinsam isoliert werden. Bei einem späteren Auftritt der Erkrankung darf normal gestillt werden. Bei einem Zoster / einer Gürtelrose darf weitergestillt werden. Das Baby darf mit dem betroffenen Körperteil allerdings nicht in Berührung kommen.

Bei einer Borreliose darf das Kind weitergestillt werden, während die Mutter behandelt wird.

Quellen:

  • WHO/UNICEF-Initiative Babyfreundlich: Medizinische Gründe für das Zufüttern. Adaptierte Übersetzung der WHO-Empfehlung “Acceptable medical reasons für supplementation”, 2017.
  • Lawrence R, Lawrence R: Breastfeeding. A guide for the medical profession. 8. Auflage, 2016, Elsevier, S. 436.
  • M. Scheele: Aspekte aus der Stillpraxis; und H. Przyrembel: Die Vorteile der Muttermilch. In Stillen und Muttermilchernährung, Grundlagen, Erfahrungen und Empfehlungen; Gesundheitsförderung konkret Band 3, von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (Hrsg.), Köln 2001.
  • Schaefer C, Spielmann H, Vetter K: Arzneiverordnung in Schwangerschaft und Stillzeit. Urban und Fischer. 7. Aufl. (2006).

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