Zum Januar 2018 ist ein neues Mutterschutzgesetz in Kraft getreten. Dieses regelt unter anderem den Schutz des Stillens während der Erwerbstätigkeit.
Das Mutterschutzgesetz gilt für alle Frauen in einem Beschäftigungsverhältnis, unabhängig davon, ob dieses befristet, geringfügig, in Teilzeit oder auf Probe ausgeübt wird, und berücksichtigt auch Bundesfreiwilligendienste sowie Studentinnen und Schülerinnen.
Laut Mutterschutzgesetz hat die stillende Frau einen Anspruch auf Freistellung während ihrer Arbeitszeit für die zum Stillen erforderliche Zeit, mindestens jedoch zweimal täglich eine halbe Stunde oder einmal täglich eine Stunde.
Arbeitet die stillende Frau mehr als 8 Stunden am Tag zusammenhängend, dann ist eine Freistellung von mindestens 45 Minuten zweimal täglich oder eine Pause von mindestens 90 Minuten vorgesehen. Die Arbeitszeit gilt dann als zusammenhängend, wenn sie nicht durch eine Ruhepause von mehr als zwei Stunden unterbrochen wird.
Durch diese Freistellung darf der stillenden Frau kein Entgeldausfall entstehen und die Freistellungszeiten sind weder vor- noch nachzuarbeiten. Sie werden auch nicht auf die Ruhepausen angerechnet.
Dieser Anspruch auf bezahlte Freistellung ist auf die ersten zwölf Monate begrenzt. Ab dem 1. Geburtstag des Kindes hat die stillende Mutter auf bezahlte Freistellung also keinen Anspruch mehr.
Somit ist der Gesetzgeber in diesem Punkt nicht auf die Forderungen von eingegangen, die einen Schutz für die ersten 24 Monate forderten – entsprechend den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation, welche Stillen nach Bedarf bis zum zweiten Geburtstag und darüber hinaus empfiehlt. Für viele Familien stellt die Begrenzung der Freistellung auf 12 Monate kein Problem dar, weil sie nach dem ersten Geburtstag nicht mehr stillen oder weil die Arbeitszeit mit Beikost überbrückt werden kann. Es gibt jedoch auch Einjährige, die nur „schlecht“, also geringe Mengen essen und für eine gute Versorgung auf das Stillen angewiesen wären. Es gibt auch Mütter von gestillten Einjährigen, bei denen eine Stillpause von vielen Stunden zu unangenehmen Spannungen und Schmerzen in der Brust und ggf. zu Milchstaus und Brustentzündungen führen kann. Für diese Familien ist die Begrenzung der bezahlten Freistellung auf die ersten zwölf Monate von erheblichem Nachteil.
Alle anderen Aspekte des Mutterschutzgesetzes beziehen sich jedoch auf die gesamte Stillzeit ohne zeitliche Obergrenze, d.h. solange die Frau ihr Kind tatsächlich stillt. So ist der Arbeitgeber verpflichtet, unverantwortbare Gefährdungen für die stillende Frau und ihr Kind auszuschließen. Er darf die stillende Frau keine Tätigkeiten ausüben lassen, welche eine Gefährdung ihrer physischen und psychischen Gesundheit darstellen kann, wie die Arbeit mit Gefahrstoffen, Biostoffen, physikalischen Einwirkungen und Tätigkeiten mit vorgeschriebenem Arbeitstempo (z.B. Akkord- und Fließbandarbeit). In dieser Hinsicht ist das Mutterschutzgesetz in Einklang mit den Forderungen der Stillförderer: Eine stillende Frau darf also nicht dazu verpflichtet werden, gefährdende Arbeiten auszuführen oder abzustillen, sondern der Arbeitgeber muss auf das Stillen Rücksicht nehmen, und zwar bis zum Ende der Stillzeit. Gleichzeitig gibt es auch ein Diskriminierungsverbot stillender Frauen, d.h. sie dürfen aufgrund von stillbedingten Einschränkungen ihrer Einsatzfähigkeit nicht benachteiligt werden – z.B. in Bezug auf ihre weitere Karriere und ihre Vergütung.
Darüber hinaus darf die stillende Frau nicht mehr als achteinhalb Stunden am Tag oder über 90 Stunden in der Doppelwoche arbeiten. Eine Beschäftigung nach 22 Uhr ist grundsätzlich verboten. Somit darf eine stillende Frau keine Nachtschicht antreten und aufgrund dieser Einschränkung nicht benachteiligt werden. Zwischen 20 und 22 Uhr darf der Arbeitgeber die stillende Frau nur dann beschäftigen, wenn sie sich dazu ausdrücklich bereit erklärt und nach ärztlichem Zeugnis nichts dagegen spricht. Der Arbeitgeber hat hierfür eine Genehmigung bei der zuständigen Aufsichtsbehörde zu beantragen. Das Verbot der Nachtarbeit ist zu begrüßen, weil die nächtliche Trennung für stillende Mutter-Kind-Paare eine besondere Belastung darstellt.
Für Schülerinnen und Studentinnen ist die Schutzfrist nach der Geburt im Gegensatz zu Beschäftigten nicht verbindlich. Die Schule oder die Hochschule darf die stillende Schülerin oder Studentin ihre Ausbildung fortsetzen lassen, wenn sie dies ausdrücklich verlangt. Sie darf diese Erklärung jedoch jederzeit widerrufen.
In Heimarbeit beschäftigte Frauen sind für ihre Arbeitsbedingungen grundsätzlich selbst verantwortlich. Die Regelungen zum Gesundheitsschutz gelten bei ihnen daher nur teilweise. Sofern die Arbeitsbedingungen der Frau im Einflussbereich des Arbeitgebers stehen, so muss er die besonderen arbeitszeitlichen Regelungen für stillende Frauen einhalten und unverantwortbare Gefährdungen ausschließen.
Wo Mütter ihre Kinder am Arbeitsplatz stillen bzw. ihre Muttermilch abpumpen und lagern sollen, wird im Mutterschutzgesetz nicht geregelt. Jedoch muss sichergestellt werden, dass dies nicht auf der Toilette oder in sonstigen ungeeigneten Räumlichkeiten stattfindet. Die Einrichtung von geeigneten Räumlichkeiten zum Stillen oder Abpumpen kann angezeigt sein und unter Umständen von der zuständigen Mutterschutz-Aufsichtsbehörde auch angeordnet werden.
Bei Fragen und Unklarheiten können sich die Mütter im Hinblick auf den Gesundheits- und Kündigungsschutz an die zuständigen Mutterschutz-Aufsichtsbehörden und im Hinblick auf mutterschutzrechtliche Leistungsansprüche an die zuständigen gesetzlichen Krankenkassen wenden.
Quellen:
- Gesetz zum Schutz von Müttern bei der Arbeit, in der Ausbildung und im Studium (Mutterschutzgesetz – MuSchG): https://www.gesetze-im-internet.de/muschg_2018/MuSchG.pdf; besucht am 02.07.2018
- Arndt M, Handbauer C: Stillschutz nach dem Gesetz zur Neuregelung des Mutterschutzrechts. Bundesgesundheitsbl, Juni 2018. https://doi.org/10.1007/s00103-018-2774-3
- Tanzer U: Die Begrenzung der Stillzeiten im neuen Mutterschutzgesetz in Deutschland. Laktation & Stillen 2016:3;29.
- World Health Organization (WHO), 2003: Guiding principles for complementary feeding of the breastfed child.