Stillschwierigkeiten im Frühwochenbett: erste Hilfsmaßnahmen

Neugeborenes Baby trinkt an der Brust der Mutter
Manche Neugeborene brauchen einige Tage, bis sie effektiv an der Brust saugen können. (© Mitarart)

Die meisten Stillprobleme treten in der ersten Zeit nach der Geburt auf: in den ersten Tagen bis Wochen. Sie sind in den meisten Fällen die Folge von Stress bei der Geburt oder danach, gewissen, manchmal erforderlichen medizinischen Eingriffen in den Geburtsablauf und Geburtsmedikationen, Unreife des Neugeborenen, gewissen Vorerkrankungen der Mutter wie z.B. Diabetes oder Gestose, Erschöpfung, einer Trennung von Mutter und Neugeborenem oder suboptimalem Stillmanagement. Obwohl die auftretenden Probleme meist nur von vorübergehender Natur sind, können sie den Stillerfolg langfristig beeinträchtigen. Mithilfe bestimmter Hilfsmaßnahmen können die Startschwierigkeiten überwunden und die Stillbeziehung mit der Zeit erfolgreich etabliert werden.

Bei einem optimalen Stillbeginn findet das erste effektive Stillen innerhalb der ersten Stunde nach der Geburt und anschließend in kurzen Abständen, mindestens 8- bis 12-mal pro 24 Stunden statt (z.B. alle 1 bis 3 Stunden vom Anfang einer Stillmahlzeit bis zum Anfang der nächsten). Auch sehr häufiges Stillen mehrmals die Stunde ist normal und förderlich für die Milchbildung. Die Milchbildung der Mutter wird durch die häufige und effektive Entleerung der Brust schnell gesteigert, die Milch schießt um den 3. Tag herum ein, das Baby nimmt – nach einem leichten Gewichtsverlust von 5 bis 7% (maximal 10%) in den ersten beiden Tagen – ab dem 3./4. Tag kontinuierlich und „perzentilenparallel“ zu (d.h. parallel zu einer der Perzentilen der WHO-Wachstumskurven).

Diagramm mit physiologischen Gewichtsverläufen Neugeborener
Nach den ersten beiden Tagen, in denen das Gewicht meistens bis 5% bis 7% (manchmal bis zu 10%) abnimmt, verläuft die Gewichtsentwicklung steigend und parallel zu einer der Perzentilen der WHO-Wachstumsstandards. Das Geburtsgewicht wird innerhalb von 7 bis 10 Tagen, in Einzelfällen 14 Tagen erreicht. (© still-lexikon.de)

In der Realität findet der erste Stillversuch häufig verzögert, mehrere Stunden nach der Geburt statt, Mutter und Baby sind noch schläfrig und benommen, das Baby wird zu selten angelegt. Die Stillreflexe des Neugeborenen sind durch den Geburtsstress, die Interventionen, ggf. Unreife oder die Trennung von der Mutter manchmal noch zu schwach, es können einige Tage vergehen, bis sich die Reflexe des Babys regeneriert haben und das Neugeborene in der Lage ist, die Brust effektiv zu entleeren. Eine zu späte und ungenügende Nahrungsaufnahme erhöht auch das Risiko einer verstärkten Neugeborenengelbsucht (Ikterus), wodurch das Baby besonders schläfrig wird und schwächer saugen kann. Erhält die Mutter während der Geburt Infusionen in großen Mengen, können ihre Brustwarzen anschwellen und vom Baby schwer zu fassen sein, das Risiko wunder Brustwarzen steigt. Schmerzen beim Stillen und wunde Brustwarzen können dazu führen, dass das weitere Stillen gemieden wird. Eine zu späte und unzureichende Entleerung der Brust, Stress, Interventionen und Medikamente während der Geburt, Kaiserschnitt, gewisse Vorerkrankungen der Mutter wie (Schwangerschafts)Diabetes, Gestose, Adipositas usw. erhöhen das Risiko eines verzögerten Starts der reichlichen Milchbildung: Der Milcheinschuss verzögert sich, das Baby wird an der Brust nicht satt, hat zu wenige und verzögerte Ausscheidungen, nimmt zu stark und zu lange ab und kann dehydrieren, sodass eine Zufütterung mit gespendeter Frauenmilch oder künstlicher Säuglingsnahrung unvermeidlich wird.

Eine verbreitete Vorgehensweise in diesen Situationen ist es, dem Baby die Flasche und der Mutter eine Milchpumpe zu geben. Die Entleerung der Brust bleibt jedoch oft wenig effektiv und zu sporadisch, das Baby gewöhnt sich an die Flasche, lernt nicht die Brust effektiv zu entleeren und bleibt an der Brust frustriert zurück. Die Flaschenernährung wird die Regel und die Mutter gibt das Pumpen irgendwann auf. Das vorzeitige Abstillen ist somit vollendet.

Erste Hilfsmaßnahmen zur Überbrückung anfänglicher Stillprobleme

Mit folgenden Maßnahmen können die Startschwierigkeiten überbrückt und das Stillen langfristig etabliert werden.

Körperkontakt und direkten, therapeutischen Haut-zu-Haut-Kontakt maximieren

Neugeborenes Baby auf der Brust der Mutter unter einer dicken Decke
Haut an Haut rund um die Uhr: Im Krankenhaus und bei kühleren Temperaturen kann der Haut-an-Haut-Kontakt unter einer Decke oder Bekleidung praktiziert werden. (© natalunatadeposit)

Das Baby liegt nicht angezogen in seinem Bettchen, sondern verbringt möglichst den ganzen Tag in direkter Nähe zur Mutter, davon möglichst viel Zeit in direktem, therapeutischem Haut-zu-Haut-Kontakt: Das nackte Baby (evtl. mit einer Mütze und mit einer Windel bekleidet und zugedeckt) liegt auf dem nackten Oberkörper der Mutter, in der Nähe zur Brust.

Der Körper der Mutter ist „der natürliche Biotop“ des Babys, also sein Zuhause. Dort fühlt es sich geborgen und sicher, auch seine Körperfunktionen arbeiten in Hautkontakt am besten, sodass es sich hier am besten regenerieren kann (siehe auch Die Bedeutung des direkten Hautkontakts). Der nackte Oberkörper der Mutter liefert dem Baby alle Signale für seine angeborenen Such- und Andockreflexe. Die Pheromone (Duftstoffe) der Brustwarze wecken sein Interesse an der Brust. Es wird viel häufiger versuchen nach der Brust zu suchen als in seinem isolierten Bettchen, die Brust häufig berühren und mit viel weniger Anstrengung trinken können. Der ausgiebige Hautkontakt und die häufige Berührung der Brust unterstützen auch die Milchproduktion.

Die zurückgelehnte Stillposition bevorzugen

Der direkte Haut-an-Haut-Kontakt zwischen Mutter und Neugeborenem in zurückgelehnter Position (Laid-back-Nursing) ist in vielen Fällen der günstigste Ausgangspunkt für das Stillen. In dieser Position kann ein Baby anhand seiner angeborenen Such- und Andockreflexe am effektivsten die Brust suchen und dort andocken. Das Forcieren des Stillens z.B. durch Gegendrücken des Babyköpfchens oder durch das „Hineinstopfen“ der Brustwarze in den Mund des Babys ist selten erfolgreich und kann zu Folgeproblemen führen (z.B. Ablehnung der Brust oder wunde Brustwarzen).

Foto von Mutter und Baby in direktem Haut-zu-Haut-Kontakt
Haut-an-Haut-Kontakt rund um die Uhr: die beste Voraussetzung zur Initiierung des Stillens (© macsim)

Klassische Stillpositionen, in denen die Mutter aufrecht sitzt – wie die Wiegehaltung – sind in vielen Fällen weniger gut geeignet für den Stillbeginn als die zurückgelehnte Lage, weil die angeborenen Reflexe des Neugeborenen in aufrechten Sitzpositionen der Mutter eher im Weg stehen als helfen; Die Neugeborenen sind in aufrechten Positionen öfter zappelig und frustriert an der Brust. In der zurückgelehnten Position , in der das Baby bäuchlings auf dem Oberkörper der Mutter liegt, wird das Baby wahrscheinlich am frühesten in der Lage sein, eigenständig anzudocken und effektiv zu trinken (siehe auch Stillpositionen).

Dieses Prinzip ist allerdings nicht absolut und gilt nicht für alle Mutter-Kind-Paare gleichermaßen. Es lohnt sich verschiedene Stillpositionen auszuprobieren, bis man eine findet, mit der man gut zurechtkommt. In der Neugeborenenperiode sind neben Laid-back-Nursing die Football-Haltung und die modifizierte Wiege-Haltung am hilfreichsten, weil in diesen Positionen das Köpfchen des Babys am leichtesten mit der Hand geführt werden kann und die Mutter die beste Übersicht über das Andocken hat. Etwas schlappe und saugschwache Babys lassen sich mitunter in der Hoppe-Reiter-Position – in der Mutter und Baby aufrecht sitzen – am besten wach und aktiv halten (siehe Stillpositionen).

Es hilft häufig Geduld zu bewahren und das Kind mithilfe alternativer Fütterungsmethoden (z.B. Spritze, Löffel, Becher) mit Kolostrum – der ersten Muttermilch – zu füttern, bis es in der Lage ist, an der Brust effektiv zu trinken. Das kann nach schwierigen Startbedingungen einige Tage in Anspruch nehmen.

Manuelle Unterstützung des Stillens

Wenn Haut-an-Haut-Kontakt und zurückgelehntes Stillen noch nicht reichen, damit das Baby an der Brust gut trinken kann, dann kann das Stillen auch manuell unterstützt werden. Eine sanfte Brustmassage vor dem Stillen hilft den Milchspendereflex auszulösen und die Milch in Fluss zu bringen. Das erleichtert die Arbeit des Babys und schont übrigens auch die Brustwarzen, die in den ersten Tagen nach der Geburt oft noch sehr empfindlich sind. So entfällt das Ansaugen am Anfang der Stillmahlzeit, das für viele Wöchnerinnen noch unangenehm ist.

Werden noch zusätzlich wenige Tropfen Kolostrum per Hand ausgedrückt, so riecht es und ggf. schmeckt es das Baby. Das weckt das Interesse des Babys und hilft, es zum Trinken zu aktivieren.

Schließlich kann der Milchtransfer per Brustkompression weiter unterstützt werden. Wenn der Milchfluss nachgelassen hat und das Baby nicht mehr schluckt, aber noch saugt, kann die Brust kurz zusammengedrückt werden. So fließt wieder etwas Milch und die Brust wird stärker entleert. Die Brustkompression soll nicht zu dicht an die Brustwarze erfolgen, weil das Baby dann die Brust verlieren kann. Sie darf außerdem nicht weh tun.

Diese manuellen Methoden fördern eine gute Entleerung der Brust und somit auch eine reichliche Milchbildung.

Stress vermeiden

Bitte unterstützen Sie das Still-LexikonZu viel Trubel, zu viele Besuche, fehlende Intimsphäre können das Zusammenfinden von Mutter und Kind erheblich stören. Stress hemmt den Milchspendereflex, das Baby wird überreizt, die Gelegenheit zum Haut-an-Haut-Kontakt mit nacktem Oberkörper der Mutter ist schwer möglich. Wenn Mutter und Kind gesund sind und eine Nachsorgehebamme oder Stillberaterin für Hausbesuche zur Verfügung stehen, entscheiden sich manche Familien, aus dem Krankenhaus frühzeitig nach Hause zu gehen (für die Stillberaterinnen-Suche siehe auch unser Verzeichnis für Stillberatungsangebote).
Besuche dürfen abgelehnt und das Telefon mit folgendem Motto ausgestellt werden. „Wir brauchen jetzt viel ungestörte Ruhe für uns und melden uns sobald wie möglich.“

Stillhütchen? Nicht unumstritten

Häufig erhalten Mütter, bei denen das Stillen in den ersten Tagen nicht klappt, Stillhütchen. Manche der Mütter empfinden diese Maßnahme als Durchbruch. Stillhütchen können bei saugschwachen oder schläfrigen Babys das Stillen erleichtern, weil sie einen Super-Saugstimulus darstellen und immer aufgerichtet bleiben, auch wenn das Baby nur schwach saugt. Das Baby kann die Milch daher mit geringerer Saugkraft entleeren und mehr Milch trinken. Bei manchen Müttern lindern Stillhütchen auch die Schmerzen beim Stillen. Lassen sich die Stillhütchen nach wenigen Tagen leicht abgewöhnen und kann das Stillen anschließend ohne Stillhütchen etabliert werden, dann hat sich der Einsatz gelohnt. Auf der anderen Seite plädieren einige StillberaterInnen gegen Stillhütchen, weil ihre Abgewöhnung eine große Herausforderung sein kann und manchmal nicht möglich ist. In einigen Fällen wird das Baby auch langfristig nur mit Stillhütchen an der Brust trinken können, was mit Nachteilen verbunden ist (Mehr zum Thema: Stillhütchen – ein Hilfsmittel mit bedingtem Nutzen). Als Alternative zu Stillhütchen kann die Milch der Mutter regelmäßig (8- bis 12-mal in 24 Stunden oder so häufig es geht) entleert werden und das Kind mit alternativen Methoden gefüttert werden, bis es in der Lage ist, an der Brust zu trinken. Derweil soll das Baby möglichst kontinuierlich im Hautkontakt mit der Mutter bleiben.

Manche Mütter entscheiden sich für Stillhütchen, weil die regelmäßige Brustentleerung und Fütterung des Babys sehr zeitaufwendig ist und Stillhütchen das Stillen kurzfristig ermöglichen können.

Die Brust häufig und effektiv entleeren

Kann das Neugeborene noch nicht oder nicht effektiv an der Brust trinken, dann muss diese mit anderen Methoden regelmäßig entleert werden, um die Milchbildung in Gang zu setzen und das Baby mit Muttermilch zu füttern. Denn die frühe, häufige und gründliche Entleerung der Brust ist das Signal für die reichliche Milchbildung (siehe auch Die Milchmenge steigern: Wie man mehr Milch bilden kann und Wenn der Start der reichlichen Milchbildung auf sich warten lässt: Der verspätete Milcheinschuss). Ein Baby, das früh und regelmäßig Kolostrum erhält, wird außerdem schneller fit sein, um die Brust bald gut entleeren zu können.

Idealerweise findet die erste effektive Entleerung der Brust innerhalb der ersten Stunde nach der Geburt und anschließend regelmäßig, z.B. mindestens alle 1 bis 3 Stunden statt, insgesamt mindestens 8- bis 12-mal in 24 Stunden. Auch wenn der Start nicht so optimal verlief, lohnt es sich dann anschließend die Brust häufig zu entleeren. In den meisten Fällen kann eine volle Milchbildung mit der Zeit aufgebaut werden.

Milch per Hand gewinnen
Bis die Milch einschießt, ist das Handentleeren effektiver als das Pumpen. (© still-lexikon.de)

Milchpumpen sind in den ersten 1-2 Tagen noch wenig effektiv, die Brust zu entleeren, weil sie ausschließlich mit Vakuum arbeiten und weil das Kolostrum noch relativ zäh und dickflüssig und außerdem von kleinem Umfang ist. Die wenigen Tropfen Kolostrum gehen in der Milchpumpe verloren. Für die ersten Tage nach der Geburt bis zum Milcheinschuss gilt daher das manuelle Entleeren der Brust als die ideale Methode, ergänzt durch anschließendes Pumpen mit einem Doppelpumpset (beide Brüste gleichzeitig abpumpen). Es gibt Hinweise aus der Forschung, dass die Milchbildung bei Müttern von nicht saugfähigen Frühgeborenen schneller in Gang kommt und höhere Werte erreicht, wenn die Brust am ersten Tag möglichst häufig (6-mal oder öfter) mit der Hand zusätzlich zum Pumpen entleert wird (Brustentleerung insgesamt mindestens 8- bis 12-mal in 24 Stunden; mehr zum Thema finden Sie im Artikel Aufbau und Aufrechterhaltung der Milchbildung bei Frühgeburt).

Die Entleerung der Brust per Hand muss natürlich erst erlernt werden und ist am Anfang etwas komplexer als das Abpumpen. Es gibt seit wenigen Jahren verschiedene frei zugängliche Videoanleitungen und schriftliche Beschreibungen, wie das Handentleeren funktioniert (siehe Lehrmaterialien zum Handentleeren im Abschnitt Abpumpen oder per Hand gewinnen?). Anhand dieser Anleitungen kann die Mutter die Handgewinnung erlernen.

Ist die Mutter z.B. nach einer schweren Geburt oder einem Kaiserschnitt noch nicht in der Lage, ihre Brust selber per Hand zu entleeren, dann kann diese Aufgabe auch vom begleitenden Angehörigen oder auch einer Fachkraft übernommen werden. Idealerweise wird dabei die Intimsphäre der Familie geschützt.

Mutter pumpt beide Brüste gleichzeitig ab.
Nach dem Milcheinschuss lässt sich die Milch mit einer hochwertigen Krankenhaus- und Mietpumpe mit Doppelpumpset am effektivsten gewinnen, unterstützt durch Handarbeit. (© Fotolia Foto-Point)

Kann das Baby grundsätzlich gestillt werden, ist aber noch zu schwach oder zu schläfrig, um an der Brust effektiv zu trinken und nimmt deshalb zu stark ab, dann lohnt es sich auch nach dem Stillen zusätzlich Milch zu gewinnen und diese dem Baby mit alternativen Methoden zu verfüttern.

Ist das Stillen unerträglich schmerzhaft und können die Schmerzen kurzfristig, z.B. durch die Optimierung der Positionierung und des Anlegens nicht behoben werden (als Unterstützung siehe auch den Artikel Das korrekte Anlegen), dann kann das Baby vorübergehend mit gewonnener Muttermilch gefüttert werden.

Die Häufigkeit der Milchgewinnung orientiert sich an der üblichen Stillhäufigkeit. Kann ein Baby gar nicht an der Brust trinken, sind 10 oder mehr Brustentleerungen auf beiden Seiten (8–12 oder mehr) in 24 Stunden sinnvoll. Zur Sicherstellung der ausreichenden Entleerungshäufigkeit kann diese notiert werden (siehe auch unsere Brustentleerungsprotokolle).

Steht der Mutter im Krankenhaus keine Pumpe zur Verfügung oder erhält sie die Pumpe zu selten oder nur durch ständiges Nachfragen, dann ist es sinnvoll, eine elektrische Krankenhaus- und Mietpumpe z.B. aus einer Apotheke oder von einem online Milchpumpenverleihservice auszuleihen und ins Krankenhaus mitzubringen. Es kann sein, dass die Mutter ein Rezept erst nach der Klinikentlassung erhält und für die Zeit in der Klinik die Pumpe aus eigener Tasche zahlen muss. Meist ist diese Zeit jedoch kurz und die Kosten sind überschaubar.

Falls Zufütterung erforderlich, sollten stillfreundliche Methoden gewählt werden

Ist Zufütterung erforderlich, sollte dies mit alternativen Methoden, idealerweise an der Brust erfolgen. (© Rebdesign)

Deuten die Ausscheidungen und der Gewichtsverlauf des Babys auf eine zu geringe Nahrungsaufnahme hin, dann wird in vielen Fällen eine Zufütterung erforderlich (siehe auch Bekommt mein Baby genug Muttermilch?). Im besten Fall gewinnt die Mutter ihre Milch, die ihr Baby dann direkt erhält (8- bis 12-mal in 24 Stunden oder so oft, sie kann). Manchmal kommt es jedoch vor, dass sich der Start der reichlichen Milchbildung verzögert, d.h. die Milchbildung der Mutter den Bedarf des Babys vorübergehend oder längerfristig nicht decken kann. In manchen Fällen – etwa nach einer Gewichtsabnahme von  ≥10% des Geburtsgewichtes oder wenn das Baby nach dem initialen Gewichtsverlust nicht parallel zu einer Perzentile der WHO-Kurven zunimmt und die Gewichtszunahme auch durch Stillberatung nicht ausreichend verbessert werden kann – braucht das Baby vorübergehend oder auch längerfristig künstliche Säuglingsmilch als Ergänzung zum Stillen bzw. Muttermilch.

Die bekannteste und am häufigsten eingesetzte Zufütterungsmethode ist die Saugflasche. Der Einsatz der Saugflasche birgt allerdings Risiken für das Stillen. Denn die Milch läuft aus der Flasche oft schneller und in größeren Mengen als aus der Brust, der Sauger stellt einen “Supersaugstimulus” dar, den die weiche Brustwarze nicht bieten kann, und das Baby benötigt eine andere Trinkmethode als an der Brust. Dies kann mit dem effektiven Trinken an der Brust interferieren, denn das Baby lernt das Trinken aus der Flasche und wird an der Brust mit der Zeit möglicherweise weniger effektiv trinken können. Außerdem erfährt die Brust zu wenig Stimulation für die Milchbildung, wenn das Baby sein Saugbedürfnis an der Flasche befriedigt. Aus diesem Grund sind alternative Fütterungsmethoden, welche mit dem Stillen besser vereinbar sind, vorteilhafter. Kolostrum kann das Neugeborene zum Beispiel mithilfe eines Löffels oder einer kleinen Spritze verabreicht bekommen, kleinere Mengen künstlicher Säuglingsnahrung z.B. mit einem kleinen Becher. Ideal sind Zufüttermethoden an der Brust, damit das Baby die Brust mit der Milch assoziiert, die Brust zur Milchbildung stimuliert und die korrekte Saugtechnik einübt. So kann Kolostrum auch direkt an der Brust mit einer Pipette oder einer kleinen Spritze (oft mit Fingerfeederaufsatz) zugefüttert werden. Wird die Milchmenge größer und die Milch dünnflüssiger, dann kann diese mithilfe einer Ernährungssonde oder dem Brusternährungsset zugefüttert werden. So kommt das Saugen des Babys und der Hautkontakt auch während der Zufütterung der Milchbildung zugute.

In den ersten Wochen und 1-2 Monaten stehen die Chancen gut, dass ein Baby die Zufütterung an der Brust akzeptiert. Ältere Babys sind nicht mehr so einfach wieder an die Brust zu gewöhnen, wenn sie sich auf die Flasche geprägt haben (s. auch Das Baby von der Flasche an die Brust gewöhnen).

Künstliche Säuglingsnahrung nur so kurz und so wenig wie möglich einsetzen

Baby wird gewogen
Regelmäßiges Wiegen gibt Auskunft über den Gewichtsverlauf und eine eventuell erforderliche Zufütterung. (© Africa Studio, Fotolia)

Ob ein Baby ausreichend ernährt wird oder zugefüttert werden muss, erkennt man an seinen Ausscheidungen (siehe Stuhlgang und Urin eines neugeborenen, gestillten Babys) und an seinem Gewichtsverlauf (siehe auch Bekommt mein Baby genug Muttermilch?). In den ersten Tagen werden Babys im Krankenhaus und durch die Nachsorgehebamme in der Regel täglich, anschließend etwa alle zwei-drei Tage gewogen und die Ausscheidungen können protokolliert werden (siehe unsere Protokollvorlagen). Das Gewicht sollte nach dem initialen Gewichtsverlust der ersten Tagen wieder steigen und parallel zur individuellen Perzentile des Babys anhand der WHO-Gewichtskurven verlaufen. Ist dies nicht der Fall und lässt sich die Nahrungsaufnahme durch vermehrtes Stillen oder gegebenenfalls Zufüttern von gewonnener Muttermilch noch nicht ausreichend verbessern, dann muss künstliche Säuglingsnahrung zugefüttert werden. Es sollte dabei nur so wenig Milch kontrolliert zugefüttert werden, wie erforderlich, um einen perzentilenparallelen Gewichtsverlauf zu ermöglichen. Zu hohe Mengen an zugefütterter Milch senken den Appetit des Babys und es wird weniger an der Brust trinken und auf diese Weise die Milchbildung weniger anregen. Nimmt das Baby perzentilenparallel zu, dann kann die zugefütterte Milch langsam ausgeschlichen werden, indem die pro Mahlzeit zugefütterte Menge reduziert bzw. indem seltener (also z.B. nur noch bei jeder zweiten und dann jeder dritten Mahlzeit) Milch zugefüttert wird (s. auch Wie zufüttern, um das Stillen zu schützen?). Findet die Zufütterung an der Brust statt, kann in der Regel davon ausgegangen werden, dass das Baby nicht mehr trinken wird als es braucht und die Milchbildung der Mutter trotzdem gut stimuliert. Wie lange die Zufütterung erforderlich sein wird, lässt sich nicht vorhersagen. Manchmal kann sie nach wenigen Tagen abgesetzt werden, manchmal nach mehreren Wochen oder Monaten. Manchmal kann die volle Milchbildung nicht erreicht werden, aber das Teilstillen kann beibehalten werden.

Auf Schnuller verzichten

Schnuller durchgestrichen

Sättigt ein Baby sein Saugbedürfnis am Schnuller oder dem Daumen / an den  Fingern, dann wird es weniger Interesse an der Brust zeigen und weniger Stillversuche unternehmen. Auch der Schnuller kann unter Umständen mit dem richtigen Saugen an der Brust interferieren. Um die Milchbildung zu unterstützen, sollte das Baby sein Saugbedürfnis ausschließlich an der Brust befriedigen.

Mit dem Baby schlafen

Mutter und Baby schlafen beim Stillen.
Schlafen Mutter und Baby zusammen, dann erhält das Baby auch nachts viele Stillgelegenheiten und nimmt besser zu. (© Evgeny Atamanenko).

Getrennte Schlafstätten führen dazu, dass der Zugang des Babys zur Brust erschwert und die Häufigkeit des Stillens reduziert wird. Liegen Mutter und Baby auch nachts direkt beieinander, so nimmt die Mutter das Stillbedürfnis des Babys viel schneller wahr und auch das Baby meldet sich öfter, um zu trinken. Häufiges Stillen rund um die Uhr ist bei schlecht zunehmenden Babys besonders wichtig. Siehe auch die Artikelreihe Stillen und Schlafen.

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