La Leche Liga Deutschland e.V. stellt sich vor

Portraitfoto von Sibylle Zavala, der 1. Vorsitzenden der La Leche Liga Deutschland e.V.
Sibylle Zavala, 1. Vorsitzende, La Leche Liga Deutschland e.V.

In der Reihe „Who is who in der Stillförderung“ werden im Still-Lexikon die wichtigsten Berufsgruppen und Organisationen in der Stillförderung vorgestellt, um den Müttern eine Orientierung zu bieten. In diesem Beitrag geht es um die ehrenamtlich tätige Stillorganisation La Leche Liga Deutschland e.V. (LLL).

Unsere Fragen beantwortet Sibylle Zavala, 1. Vorsitzende von La Leche Liga Deutschland e.V. und Mutter von zwei Kindern.

Welche Angebote hat La Leche Liga Deutschland e.V. für die Familien und wie trägt sie zur Stillförderung bei?

Unsere ausgebildeten Stillberaterinnen bieten zu allen Fragen rund um das Stillen fachliche und emotionale Unterstützung – von der Schwangerschaft bis zum Ende der Stillzeit. Der Kern unserer ehrenamtlichen Arbeit ist die Durchführung von Stillgruppen sowie die individuelle Beratung für (werdende) Mütter und ihre Familien.

Darüber hinaus veröffentlichen wir Publikationen zu einem breiten Themenspektrum rund um das Stillen und Elternsein: Diese stehen zum kostenfreien Download in Form von Informationsblättern auf unserer Homepage und als Bücher und Broschüren in unserem Shop zur Verfügung.

Stillende Mutter sitzt auf dem Sofa mit ihrem Baby während ihr älteres Kind auf dem Sofa herumhüpft
In der Stillberatung wird auch das familiäre Umfeld berücksichtigt. (© La Leche Liga)

Viele Faktoren beeinflussen die Stillbeziehung. Deshalb gehen wir neben den eher technischen Aspekten wie beispielsweise Schmerzen beim Stillen, wunde Brustwarzen oder Milchmenge, auch auf das familiäre Umfeld und die Lebensrealität der Mütter ein. Die Rolle des Vaters, der Umgang der Großeltern mit Stillen oder die Aufklärung von Mythen und Ammenmärchen rund um das Stillen – alles ist dabei!

Fast jede Frau hat die biologischen Voraussetzungen zum Stillen und die meisten werdenden Mütter möchten ihr Kind stillen. Warum das Stillen häufig nicht klappt, liegt an verschiedene Störfaktoren, welche die Stillbeziehung negativ beeinflussen. Hierzu können zählen: mangelnde Vorbilder in Familie und Umfeld, Stress, fehlende kompetente Unterstützung in den ersten Stunden und Tagen nach der Geburt oder nicht stillfreundliche Geburtspraktiken. Ich finde, Stillen ist wie Tanzen: Manche Paare finden sich, legen los und es klappt einfach. Bei den meisten von uns ist Stillen aber ein Lernprozess, der liebevolle Anleitung braucht. Hier setzt La Leche Liga an. Durch unsere einfühlsame und ganzheitliche Begleitung stärken wir Mütter und ihre Familien und tragen zu gelingenden Stillbeziehungen bei.

Wie können Mütter Kontakt zu einer La-Leche-Liga-Stillberaterin aufnehmen?

Die persönliche Stillberatung wird hauptsächlich auf drei Kanälen angeboten: Telefonisch, per E-Mail oder in einer Stillgruppe.

TelefonsymbolDie meisten Anfragen können am besten per Telefon besprochen werden. Auf unserer Homepage können Mütter bzw. Familien nach Postleitzahl filtern und so eine Beraterin in ihrer Nähe finden. Natürlich können alle Telefonnummern, die veröffentlicht sind, angerufen werden – die Beratung ist nicht an den Wohnort gebunden. Dabei ist es wichtig zu wissen, dass dies Privatnummern sind, weil wir alle ehrenamtlich beraten. Es kann sein, dass Familienangehörige – auch Kinder – abnehmen oder dass ein Anrufbeantworter angeschaltet ist. Es ist uns sehr wichtig, uns in Ruhe ausreichend Zeit für die Beratungsgespräche zu nehmen. Wenn die Beraterin direkt am Telefon ist, kann es sein, dass sie sich für das Gespräch gerade gut Zeit nehmen kann. Falls die Beraterin gerade nicht erreichbar ist, hinterlassen Sie bitte eine Festnetznummer und rufen Sie zu einem späteren Zeitpunkt erneut an.

E-Mail-SymbolAuch für die E-Mail-Beratung kann am besten auf unserer Homepage nach der Postleitzahl gefiltert werden. Andernfalls kann auch unser zentrales Online-Formular genutzt werden, durch das die Anfrage an eine freie Beraterin, unabhängig vom Wohnort der Mutter, weitergeleitet wird. Auch hier möchte ich darauf hinweisen, dass es aufgrund der ehrenamtlichen Tätigkeit dazu kommen kann, dass eine sofortige Antwort nicht immer möglich ist. Grundsätzlich gilt für uns die Regel, Beratungsanfragen innerhalb von sieben Tagen zu beantworten.

Symbol für StillgruppeStillgruppen bieten die Möglichkeit, sich mit anderen Frauen auszutauschen und über bestimmte Themen zu informieren. Unsere Stillgruppen sind offen für alle Mütter und Schwangere, Stillen ist für den Besuch einer Stillgruppe keine Voraussetzung. Um den Teilnehmerinnen einen geschützten Raum zu bieten, werden Väter, Partner, Partnerinnen oder andere Bezugspersonen um Voranmeldung gebeten.

Seit der Covid-19-Pandemie bieten wir auch überregionale Online-Stillgruppen an, sodass aus einer Vielzahl an Themen je nach Interesse und Zeit ausgewählt werden kann. Hinweise zu den Themen und zur Anmeldung finden Sie auf unserer Homepage. Wenn eine Fachperson – z.B. eine Hebamme oder Pflegepersonal – hospitieren möchte, bitten wir generell um eine Anmeldung.

Persönliche Treffen bei der Beraterin oder Hausbesuche finden nur in Einzelfällen statt, da der zeitliche Aufwand im Vergleich zur Telefon- oder E-Mail-Beratung um ein Vielfaches erhöht und ehrenamtlich kaum leistbar ist. Gelegenheit für Einzelgespräche bietet sich meist auch im Rahmen der Stilltreffen vor Ort und gibt die Möglichkeit, beispielsweise die Stillposition oder das Saugverhalten des Kindes genauer zu betrachten.

Wie läuft eine Stillberatung bei La Leche Liga ab?

eine stillende Mutter sitzt vor dem Computer und schaut sich die Webseite der La Leche Liga Deutschland an.
Neben Telefonberatung und Präsenzstillgruppen bietet La Leche Liga auch E-Mail-Beratung und Online-Stillgruppen an. (© La Leche Liga Deutschland e.V.)

Wenn eine Mutter Kontakt aufnimmt, versucht die Beraterin zunächst in einem Gespräch oder in einem Schriftwechsel zu erfassen, wie die Situation der Mutter aktuell ist und welche Schwierigkeiten bestehen. Dabei steht immer im Vordergrund, wie es der Mutter momentan geht und welche Wünsche sie für ihre Stillbeziehung hat. Jede LLL-Stillberaterin berät ergebnisoffen, d.h., sie hat kein eigenes Ziel für die Beratung, sondern gibt der Mutter alle notwendigen Informationen, so dass sich diese für ihren eigenen Weg entscheiden kann.

Ausgehend von der aktuellen Situation bietet die Stillberaterin also mögliche Wege an, wie die momentan schwierige Situation so verändert werden kann, dass sie sich in Richtung der Wünsche der Mutter entwickelt. Am Ende des Gesprächs hat die Mutter sich meist für ein erstes Vorgehen entschieden. Sie probiert die Ideen zunächst einige Tage aus: wie kommt sie damit zurecht, wie reagiert das Baby, kann sie die Ideen in ihren Alltag integrieren? Manchmal reicht das aus, um die Situation wieder zu entspannen. Manchmal gibt es noch weitere Gespräche, in denen der Verlauf der ersten Maßnahmen besprochen und bei Bedarf nachjustiert werden. Manchmal ist auch ein ganz neuer Ansatz nötig.

Stellt die Stillberaterin fest, dass sich das Problem auf diese Weise nicht lösen lässt, wählt sie entweder eine andere Form der Beratung (z.B. ein persönliches Treffen während der Stillgruppe) oder verweist auf hauptamtliche Stilberaterinnen bzw. medizinisches oder therapeutisches Personal.

Häufig kommt es auch vor, dass sich eine Mutter im Laufe der Stillzeit mehrmals bei der Beraterin meldet, weil es mit zunehmendem Alter des Kindes immer wieder neue Herausforderungen geben kann. Nicht selten nehmen die Mütter auch zusätzlich oder im Anschluss an die Beratung an einer Stillgruppe teil.

Was genau findet bei einer Stillgruppe statt?

Fünf Mütter einer La Leche Liga Stillgruppe sitzen in einem Park im Schneidersitz und stillen ihre Babys auf ihrem Schoß
In den Stillgruppen können sich die Mütter austauschen und gegenseitig unterstützen. (© La Leche Liga)

Die Stilltreffen werden i.d.R. von unseren Beraterinnen so vorbereitet, dass ein bestimmtes Thema ausgewählt wird, beispielsweise Stillen und Schlafen, Beikosteinführung, Abstillen oder Anlegepositionen. Je nach den Bedürfnissen und Wünschen der anwesenden Mütter, können die Stilltreffen aber immer thematisch angepasst und in eine andere Richtung geleitet werden.

Für uns steht die Selbstwirksamkeit im Mittelpunkt: Es ist für die Mütter ganz wertvoll zu erleben, dass es anderen Müttern genauso geht wie ihnen selbst. Es ist sehr entlastend zu wissen, dass auch andere sich mit ähnlichen Fragen beschäftigen, dass sie mal erschöpft sind und mit dem Baby nicht alles auf Anhieb hinbekommen. Die Teilnehmerinnen unterstützen sich mit ihren Ideen gegenseitig. Die Stillberaterin leitet und moderiert die Gruppe. Sie ergänzt den Austausch der Mütter durch Fachinformationen und achtet auf einen wertschätzenden Umgang miteinander.

Die Stillgruppe ist ein Ort zum Auftanken. Die La-Leche-Liga-Beraterinnen schenken neben Fachwissen vor allem Zeit und Verständnis. Frauen können sich hier ermutigen lassen, ihre eigenen Wege zu finden. Wir erleben in den Stillgruppen sehr häufig, dass die Frauen von der Vielzahl an Ratschlägen, wie sie am besten mit dem Baby umgehen sollten, verwirrt sind. Wir bestärken Frauen in ihrem Wissen, dass sie selbst als Mutter am besten entscheiden können und dürfen, wie sie auf die Bedürfnisse ihres Kindes reagieren. Mutter und Kind sind kompetent! Wir ermutigen die Frauen darin, ihren eigenen Weg finden und gehen zu dürfen. Die vielen unterschiedlichen Mutter-Kind-Paare in einer Stillgruppe zeigen ganz lebendig, dass es ebenso viele Wege wie Stillbeziehungen gibt.

Aufgrund der aktuellen Situation bieten wir Online-Stillgruppen an, die überregional gut besucht sind. So können auch Mütter, die sonst vielleicht den Weg zu einer Stillgruppe nicht aufnehmen könnten, sich bequem vom Sofa aus mit einer LLL-Beraterin und anderen Müttern austauschen.

Welche Themen werden in Stillberatungen und den Stillgruppen diskutiert?

Mutter stillt Neugeborenes
Im Wochenbett sind Anlegen und Stillpositionen, Milchmenge und wunde Brustwarzen häufige Themen. (© La Leche Liga, Monika Kraus)

Unsere Stillberatung deckt ein breites Themenspektrum ab: Neben den grundlegenden Themen wie Stillpositionen, die ersten Stunden und Tage nach Geburt, wunde Brustwarzen sowie die Sorge über eine ausreichende Milchmenge sind auch das Schlafen, der Übergang zur Beikost und Abstillen häufig angesprochene Themen.

Stillendes Kleinkind
Auch bei den Themen Beikosteinführung, Berufstätigkeit und Stillen, Abstillen und Muttersein beraten La-Leche-Liga-Beraterinnen. (© La Leche Liga)

Wir beraten aber auch zu anderen Themen rund um das Muttersein, beispielsweise wie die Vereinbarkeit von Stillen und Beruf gelingt, wie ein Stillkind bedürfnisorientiert fremdbetreut wird und wie die Bedürfnisse anderer Familienmitglieder mitberücksichtigt werden können.

Wie erlangen La-Leche-Liga-Stillberaterinnen ihre Kompetenz?

Grundvoraussetzung für die Ausbildung zur La-Leche-Liga-Stillberaterin ist, dass die Interessentin Mutter ist und selbst mindestens ein Jahr gestillt hat. Weitere Voraussetzungen für die Ausbildung sind eigene Erfahrungen mit LLL-Stillgruppen, Lektüre unserer Standardpublikationen und natürlich die Identifikation mit der Philosophie von La Leche Liga. Zudem sollte die Interessentin über ausgeprägte empathische Fähigkeiten verfügen und Kapazitäten für ein umfangreiches Ehrenamt haben.

Jede La-Leche-Liga-Stillberaterin durchläuft eine Ausbildung mit verschiedenen Schwerpunkten. Zum einen findet eine intensive schriftliche Reflexion der eigenen Schwangerschaft(en), Geburt(en), Stillzeit(en) und Erfahrungen als Mutter statt. Parallel läuft die fachliche Ausbildung, in der über Literatur, Informationsblätter sowie Austausch und Fortbildungstage Fachwissen rund um das Stillen erarbeitet wird. Der dritte Schwerpunkt liegt im Bereich Beratung, Kommunikation und Stillgruppenführung. Dieser wird durch die praktische Mitarbeit in einer Stillgruppe angeleitet und supervisiert. Die Ausbildung wird nach internationalen LLL-Standards von der Ausbildungsabteilung des Vereines durchgeführt. Sie umfasst etwa 250 Stunden, die über einen Zeitraum von meist ein bis zwei Jahren verteilt sind.

Wo liegen die besonderen Stärken und wo die Grenzen der La-Leche-Liga-Stillberatung?

Eine Mutter stillt ihr Kindergartenkind in ihrer Wohnung inmitten von vielen bunten Spielsachen
Auch Mütter von größeren Stillkindern finden bei La Leche Liga einen geschützten Rahmen, um sich auszutauschen und sich gegenseitig zu stärken. (© La Leche Liga)

Unsere Stärke ist die ganzheitliche und individuelle Stillberatung von Mutter zu Mutter. Unsere ausgebildeten Stillberaterinnen sind selbst Mütter, die das Stillen aus eigener Erfahrung kennen. Durch eine fundierte Ausbildung auch im Bereich der Kommunikation sind unsere Beraterinnen in der Lage, nicht nur fachlich zu unterstützen, sondern auch emotional zu stärken. Wir geben keine generellen Ratschläge, sondern versuchen gemeinsam mit der Mutter herauszufinden, was in ihrer individuellen Situation weiterhelfen kann.

Wir bieten eine Fachberatung auf Basis der Selbsthilfe an. Unsere Grenze ist dort, wo der Verantwortungsbereich des medizinischen Fachpersonals beginnt. Sobald eine Erkrankung im Spiel ist, eine Medikation benötigt oder ein spezieller Beratungsfall auftritt, verweisen wir an medizinische Fachpersonen. Wir können in solchen Fällen begleitend beraten, ersetzen jedoch keinesfalls das medizinische Fachpersonal. Für die Beurteilung der Entwicklung und des Gesundheitszustandes des Kindes ist grundsätzlich der Kinderarzt oder die Kinderärztin zuständig. Unsere Beratung stellt somit ein ergänzendes Angebot dar.

Wie wird die Arbeit von La Leche Liga e.V. finanziert?

Münzen
La Leche Liga finanziert sich durch Spenden und Mitgliedsbeiträge (© Adriana Harakalova)

Wir sind ein gemeinnütziger Verein und finanzieren uns über Spenden, Mitgliedschaften und den Verkauf unserer Bücher und Publikationen. Nicht nur die Beratungen, sondern auch die komplette Vereinsarbeit wird ehrenamtlich geleistet, u.a. Organisation, Publikationserstellung, Mitgliederbetreuung und Ausbildung. All unsere Beratungsangebote sind und bleiben kostenlos, aber nicht kostenfrei. Wir freuen uns daher sehr, wenn Mütter und Familien sich für unsere Beratungen mit einer Spende bedanken. Eine Mitgliedschaft kostet 30 € pro Jahr. Manche Stillgruppen bitten um einen freiwilligen Kostenbeitrag, um z.B. Auslagen wie Mietkosten zu zahlen. Auch ideelle Unterstützung, z.B. durch das Auslegen von Flyern oder Bereitstellung von Räumlichkeiten für Stillgruppen, unterstützt unsere ehrenamtliche Arbeit und wird dankend angenommen.


Das Interview wurde im Juni 2021 fertiggestellt.

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