Mastitis (Brustentzündung) in der Stillzeit zeigt sich als eine gerötete, geschwollene, schmerzhafte Region der Brust, häufig, aber nicht immer begleitet durch Fieber, Schüttelfrost, Müdigkeit, Muskelschmerzen, und beschleunigten Puls (Douglas, 2022b; Mitchell et al, 2022). Meistens ist nur ein Brustsegment betroffen, selten breitet sich die Brustentzündung auf beide Brüste aus. Eine Brustentzündung kann auch mehrfach während einer Stillzeit vorkommen und beide Brüste im Wechsel und unterschiedliche Brustregionen betreffen.
Mastitis ist nicht infektiös, es besteht in aller Regel kein Risiko für das Baby, sodass das Stillen fortgesetzt werden kann (Mitchell et al, 2022).
Wie eine Brustentzündung entsteht
Lange war die vorherrschende Schulmeinung, dass bei einer Brustentzündung Bakterien über die Milchporen der Brustwarzen in die Brust gelangen und sich dort vermehren. In der Zwischenzeit geht man davon aus, dass in den meisten Fällen eine Entzündung ohne bakterielle Infektion vorliegt. Diese Entzündung entsteht mutmaßlich, wenn sehr hoher Druck in den Milchbläschen (Alveolen) und den Milchgängen besteht, woraus Gewebsverletzungen und Entzündungsreaktionen mit Ödemen und der Erweiterung der Blutgefäße resultieren. Die Ödeme im Gewebe komprimieren wiederum die Milchgänge, wodurch die Entleerung der Brust im betroffenen Segment erschwert wird, die Milchbildung reduziert sich dort (Douglas 2022a und 2022b). Mitchell et al. (2022) gehen davon aus, dass der hohe Druck in den Milchgängen auch durch eine bakterielle Dysbiose entstehen kann, also ein Ungleichgewicht von Bakterien, die auch natürlicherweise in der Brust vorkommen, die einen verdickten Biofilm in den Milchgängen bilden und somit zur Einengung der Milchgänge und zu Entzündungen des Milchgangepithels führen können.
Der Geschmack der Muttermilch verändert sich bei einer Brustentzündung – er wird salziger. Es kommt aber nur sehr selten vor, dass ein Baby die Muttermilch aufgrund des veränderten Geschmacks ablehnt (Lawrence & Lawrence, 2005).
Bakterielle Mastitis
In einer Studie (Kvist et al., 2007) klangen die Symptome einer Mastitis bei 205 Frauen innerhalb von 1 bis 7 Tagen ohne Antibiotika ab, bei 15% wurden schließlich Antibiotika verschrieben. Mitchell et al. (2022) beschreiben die Symptome einer bakteriellen Mastitis als Cellulitis (sich verschlimmernde Rötung und Verhärtung) in einer Region der Brust, die sich in andere Bereiche ausbreitet. Wenn Fieber und erhöhter Puls länger als 24 Stunden anhalten, empfehlen sie, einen Arzt zu konsultieren. Auch ohne Fieber und sonstige allgemeine Symptome kann eine bakterielle Mastitis in Erwägung gezogen werden, wenn die konservativen Maßnahmen nicht helfen. Labordiagnostik erachten sie als wenig hilfreich, weil diese bakterielle und eine rein entzündliche Mastitis ohne bakterielle Infektion nicht unterscheiden kann.
- Rötung, Überwärmung und eventuell Schmerzen an der betroffenen Stelle
- Grippeähnliches Krankheitsgefühl, erhöhte Temperatur, Fieber, Schüttelfrost und Gliederschmerzen können hinzukommen, müssen aber nicht.
Was man tun kann:
- Möglichst Ruhe einhalten und Stress meiden
- Weiter häufig und nach Bedarf stillen
- KEINE zusätzliche Entleerung der Brust nach dem Stillen durch Handgewinnung oder Pumpen, weil dies die Milchbildung ankurbelt und das Risiko für weitere Brustentzündungen und Milchstaus erhöht.
- Betroffene Stelle bei Bedarf kühlen: mit einem Quark- oder Kohlwickel oder Kühlpäckchen aus dem Kühlschrank. Die Kühlung kann z.B. nach dem Stillen für 20–30 Minuten angewendet werden. Vor dem Stillen soll die Brust wieder angewärmt sein, damit die Milch gut fließt.
- Das Schmerzmittel Ibuprofen (alternativ: Paracetamol) darf bei Bedarf gegen die Schmerzen und die Entzündung genommen werden. Das Baby darf dabei weitergestillt werden. Gleichzeitig ist es nicht erforderlich Schmerzmittel einzunehmen, sie beschleunigen die Genesung nicht.
- Arztbesuch, wenn sich allgemeine Symptome wie Fieber und Schüttelfrost innerhalb von wenigen Tagen nicht bessern oder sich rasch verschlimmern, oder wenn sich die Rötung ausbreitet.
- Gegebenenfalls wird die Ärztin / der Arzt für 10–14 Tage ein stillverträgliches Antibiotikum verschreiben. Weiterstillen ist wichtig für das Baby und unterstützt die Genesung.
Vorbeugung:
Manche Mütter neigen dazu, immer wieder Brustentzündungen zu entwickeln. Sie könnten folgende Maßnahmen ergreifen:
- Eine eventuelle Überproduktion von Milch langsam und allmählich reduzieren (s. Zu viel Milch). Auch das Abstillen sollte nach der Beikosteinführung (nach > 6 Monaten) ganz langsam und allmählich vonstatten gehen.
- Ein eventuelles Überfüllen der Brustdrüsen vermeiden, indem Sie häufig, ohne lange Pausen stillen.
- Auf das Abpumpen von Muttermilch verzichten oder es soweit möglich einschränken.
- Nach Möglichkeit auf Stillhütchen verzichten.
- Das Anlegen optimieren, damit die Brust effektiv entleert wird.
- Stress nach Möglichkeit vermeiden bzw. reduzieren.
- Ggf. die Brust täglich mithilfe einer sanften Brustmassage bewegen (nach oben und unten, rechts und links, kreisend).
- Das Einengen der Brust vermeiden (keine drückenden BHs oder Kleidung; Einengen durch Babytragen, Gurten im Auto etc. nach Möglichkeit vermeiden)
Die Risikofaktoren für Milchstau und Brustentzündung sind identisch. Eine ausführliche Begründung der Maßnahmen findet sich im Beitrag Milchstau.
Auswirkung einer Brustentzündung auf die Milchbildung
Im Zuge einer Brustentzündung gehen manche Alveolen an der betroffenen Stelle zugrunde und bilden keine Milch mehr. Meist betrifft dies nur einen kleinen Bereich der Brust und fällt nicht ins Gewicht. Ein gesundes, nach Bedarf gestilltes Baby erhält nach wie vor so viel Milch, wie es braucht.
Frauen mit zu viel Milch haben oft wiederkehrende Brustentzündungen. In diesen Fällen ist es willkommen, dass sich die Milchbildung dabei leicht reduziert, wenn die Brust nicht zusätzlich – über den Bedarf des Babys hinaus – per Pumpe oder manuell entleert wird.
Manchmal kommt es vor, dass ein Baby nach einer Brustentzündung nicht mehr genug Milch an der Brust erhält (s. Bekommt mein Baby genug Muttermilch?). Dies sollte vor allem bei Babys in Betracht gezogen werden, die eine Saugschwäche haben oder bereits ohnehin dünn sind. In diesen Fällen kann es sinnvoll sein, die Gewichtszunahme des Babys engmaschig im Auge zu behalten. Manche Mütter merken auch, dass sie beim Abpumpen weniger Milch an der betroffenen Brust gewinnen können als vor der Brustentzündung. In solchen fällen kann es sinnvoll sein, durch eine zusätzliche Stimulation der Milchbildung durch Pumpen oder manuelle Entleerung gegenzusteuern und/oder, falls erforderlich, (vorübergehend) zuzufüttern. Die zusätzliche Stimulation kann über mehrere Wochen oder länger erforderlich sein, damit die Milchbildung wieder steigt und das erforderliche Niveau erreicht.
Manchmal, wenn ein großer Bereich einer Brust schwer von einer Brustentzündung betroffen ist, kann sich die Milchbildung in der betroffenen Brust auch langfristig verringern. Manche Babys bevorzugen dann die andere Brust, die mehr Milch bildet, sodass diese noch stärker und die betroffene Brust noch weniger zur Milchbildung stimuliert wird und so ein Ungleichgewicht zwischen beiden Brüsten entsteht. Bei Bedarf kann die Mutter versuchen, der einseitigen Stimulation entgegenzuwirken und das Baby wieder öfter an der Seite anlegen, die weniger Milch bildet. In Einzelfällen lehnen Babys eine Brust langfristig ab.
Quellen:
- Douglas P (a). Re-thinking benign inflammation of the lactating breast: A mechanobiological model. Womens Health (Lond). 2022 Jan-Dec;18:17455065221075907.
- Douglas P (b). Re-thinking benign inflammation of the lactating breast: Classification, prevention, and management. Womens Health (Lond). 2022 Jan-Dec;18:17455057221091349. doi: 10.1177/17455057221091349. Erratum in: Womens Health (Lond). 2023 Jan-Dec;19:17455057231157916.
- Kvist LJ, Hall-Lord ML, Rydhstroem H, Larsson BW. A randomised-controlled trial in Sweden of acupuncture and care interventions for the relief of inflammatory symptoms of the breast during lactation. Midwifery. 2007 Jun;23(2):184-95.
- La Leche League International, La Leche League Schweiz: Das Handbuch für die stillende Mutter. 4. Auflage, 2016
- Lawrence RA und Lawrence RM: Breastfeeding. A guide for the medical profession. 5. Auflage, 1999, Mosby and 6. Auflage, 2005, Elsevier Mosby
- Mitchell KB, Johnson HM, Rodríguez JM, Eglash A, Scherzinger C, Zakarija-Grkovic I, Cash KW, Berens P, Miller B; Academy of Breastfeeding Medicine. Academy of Breastfeeding Medicine Clinical Protocol #36: The Mastitis Spectrum, Revised 2022. Breastfeed Med. 2022 May;17(5):360-376. doi: 10.1089/bfm.2022.29207.kbm. Erratum in: Breastfeed Med. 2022 Nov;17(11):977-978.
- Stewart TA, Hughes K, Stevenson AJ, et al. Mammary mechanobiology – investigating roles for mechanically activated ion channels in lactation and involution. J Cell Sci 2021; 134: jcs248849.
- Tang L, Lee AH, Qiu L, Binns CW. Mastitis in Chinese breastfeeding mothers: a prospective cohort study. Breastfeed Med. 2014 Jan-Feb;9(1):35-8. doi: 10.1089/bfm.2013.0032. Epub 2013 Jun 20.
- Walker M: Breastfeeding Management for the Clinician. Using the evidence. Jones & Bartlett Learning, 4. Aufl. 2017, 606-610.
Weitere relevante Artikel zum Thema:
© Dr. Bauer – Publikationen in der Stillförderung. Text, Bilder und Videos urheberrechtlich geschützt. Vollständig anhand neuer Literatur überarbeitet: August 2023, letzte Ergänzung: November 2023.