Auf die Initiative des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft wurde in den letzten Jahren das Forschungsvorhaben, „Becoming Breastfeeding Friendly“ (BBF) realisiert, um Handlungsfelder der Stillförderung in Deutschland systematisch zu evaluieren und Optimierungsmaßnahmen für die Zukunft zu entwickeln. Das Projekt wurde vom Netzwerk gesund ins Leben und der Nationalen Stillkommission in Zusammenarbeit mit der Universität Yale durchgeführt. Die Ergebnisse wurden Anfang Juni 2019 auf einer Fachkonferenz in Berlin präsentiert.
Ähnlich wie das von ehrenamtlichen Akteuren durchgeführte Projekt „World Breastfeeding Trends initiative“ (WBTi) hat auch das BBF-Projekt in vielen Bereichen der Stillförderung Optimierungsbedarf identifiziert. Spannend sind die geplanten Maßnahmen. Diese könnten die Rahmenbedingungen für das Stillen in Deutschland spürbar verbessern. Die geplanten Maßnahmen umfassen unter anderem:
- Entwicklung einer nationalen Strategie zur Stillförderung
- Einrichtung einer zentralen Koordinierungsstelle, welche die weitere Ausarbeitung und Umsetzung der Maßnahmen strukturiert und moderiert
- Neuorientierung der Nationalen Stillkommission inklusive verbesserter Ausstattung mit Ressourcen
- Verbesserte Aus- und Fortbildung von Ärztinnen / Ärzten, Hebammen und weiteren Gesundheitsfachberufen im Bereich von stillrelevanten Themen
- Verankerung von wissenschaftlich basierter Stillförderung und Stillberatung in medizinischen Leitlinien und Richtlinien; Kontrolle von deren Umsetzung in den Einrichtungen
- Schaffung von adäquaten Ressourcen für die Stillberatung
- Groß angelegte öffentliche Medienkampagne für das Stillen
- Bündelung und Veröffentlichung von Verstößen gegen die Regelungen zur Vermarktung von Muttermilchersatzprodukten
- Systematisches Stillmonitoring
Die Planung ist beeindruckend und im Vergleich zum aktuellen Stand der staatlichen Stillförderung ehrgeizig. Die Konkretisierung der Planung soll bis 2021 abgeschlossen werden, für die Umsetzung der Maßnahmen sind 5 bis 10 Jahre vorgesehen. Es besteht Hoffnung, dass (werdende) Mütter mithilfe der neuen Maßnahmen in der nahen Zukunft auf allen Ebenen stillfreundliche Bedingungen vorfinden werden.
Eine zentral koordinierte staatliche Stillförderung stellt eine komplett neue Ausgestaltung der deutschen Stillförderlandschaft dar. Neben vieler engagierter Hebammen, der WHO/UNICEF-Initiative Babyfreundlich und rudimentären staatlichen Strukturen fußte Stillförderung in Deutschland in den letzten Jahrzehnten zu einem erheblichen Anteil auf verschiedenen zivilgesellschaftlichen Initiativen: Die heute vorhandene Unterstützungsinfrastruktur und Expertise sind nicht zuletzt dem ehrenamtlichen Engagement der Stillorganisationen der La Leche Liga, der Arbeitsgemeinschaft Freier Stillgruppen, und u.a. dem neu entstandenen Beruf der Still- und Laktationsberaterinnen IBCLC, ihren Berufsverbänden sowie Aus- und Fortbildungsinstituten zu verdanken.
Für die Gewährleitung guter Rahmenbedingungen für den Schutz und die Förderung des Stillens werden jedoch effektive staatliche Maßnahmen gebraucht. Nun scheint der Wunsch, dass der deutsche Staat und seine Organe Stillförderung auf ihre Fahnen schreiben, endlich in Erfüllung zu gehen. Es bleibt spannend, in welchem Umfang sich die geplanten Maßnahmen in den nächsten Jahren umsetzen lassen.
Quellen und weiterführende Literatur:
- gesund-ins-leben.de/inhalt/wie-stillfreundlich-ist-deutschland-31316.html
- So wird Deutschland stillfreundlich! Ergebnisse und Empfehlungen aus dem internationalen Forschungsvorhaben Becoming Breastfeeding Friendly
- Empfehlungen zur Stillförderung in Deutschland. Handlungsansätze des Forschungsvorhabens Becoming Breastfeeding Friendly.
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