Viele Mütter sind verunsichert, ob sie in der Stillzeit genauso essen dürfen wie sonst. Insbesondere wird häufig befürchtet, dass bestimmte Nahrungsmittel beim Baby Unverträglichkeiten auslösen. Aber auch das Abnehmen beschäftigt viele stillende Mütter, die gern zügig zu ihrer früheren Figur zurückkehren möchten.
Eigentlich braucht sich eine stillende Mutter nicht anders zu ernähren als außerhalb der Stillzeit. Sie soll gesund, abwechslungsreich und nach Appetit essen. Dann wird auch ihr Kind bestens versorgt. Da aber in einigen seltenen Fällen tatsächlich eine spezielle Diät erforderlich ist und die richtige Ernährung viele Mütter beschäftigt, können hier die Antworten zu den häufigsten Fragen nachgelesen werden.
Wie viel soll eine stillende Mutter essen?
Mit der Muttermilch gibt die Mutter Energie und Nährstoffe an das Kind weiter. Sie muss daher mehr essen als eine nicht stillende Frau. Dieser Mehrbedarf ist sogar größer als während der Schwangerschaft. Allerdings soll der Mehrbedarf nicht durch Schokoriegel und Kuchen gedeckt werden, sondern durch eine ausgewogene Mischkost, d.h. durch viel Gemüse, Kartoffeln, Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte und Obst und etwas Fisch, Fleisch, Eier, Milchprodukte, Fette und Öle. Wenn eine vollstillende Mutter sich ausgewogen ernährt und sparsam mit Süßem und Fettreichem umgeht, wird sie auch dann langsam abnehmen, wenn sie nach Appetit isst. Damit werden die in der Schwangerschaft angelegten Fettreserven allmählich abgebaut. Die durchschnittliche Gewichtsabnahme nach der Geburt beträgt monatlich 0,5-1 kg, wobei die größte Gewichtsabnahme bei vollstillenden Frauen in der Regel zwischen dem 3. und 6. Monat stattfindet. Je mehr eine Frau während der Schwangerschaft zugenommen hat, umso mehr verliert sie tendenziell nach der Geburt. Über diesen Gewichtsverlust hinaus wird eine Diät während der Stillzeit nicht empfohlen. Fettlösliche Schadstoffe werden nämlich beim Abnehmen aus dem Fettgewebe freigesetzt und der Schadstoffgehalt der Muttermilch steigt. Eine intensive Einschränkung der Kalorienzufuhr (ca. <1500 kcal/Tag) reduziert außerdem die Milchmenge.
Muss eine stillende Mutter mehr trinken?
Durch Stillen entsteht auch ein Mehrbedarf an Wasser und der Durst der Mutter steigt automatisch. Durchschnittlich trinken Babys 0,8 l Milch täglich – dieser zusätzliche Flüssigkeitsbedarf muss natürlich über vermehrtes Trinken gedeckt werden. Es macht aber keinen Sinn, das Trinken über das natürliche Verlangen hinaus zu forcieren. Wenn die Flüssigkeitszufuhr andererseits eingeschränkt ist, wird die Menge des Urins konzentriert, die Milchmenge bleibt jedoch konstant. Deshalb sollte die stillende Mutter nach Durst trinken. Dazu eignet sich am besten Leitungs- oder Mineralwasser, pur oder nach Bedarf mit etwas Obstsaft gemischt. Auch Tee wird in Maßen empfohlen. Limonaden oder gar alkoholische Getränke eignen sich zum Durstlöschen natürlich nicht. Stillende Frauen brauchen manchmal auch nachts etwas zu trinken – stellen Sie sich Wasser ans Bett.
Hat die Ernährung der Mutter einen Einfluss auf die Qualität der Muttermilch?
Die grundlegende Zusammensetzung der Muttermilch ist unabhängig von der Ernährung der Mutter. Das heißt, die Mutter kann sich auch während der Stillzeit wie früher ernähren und kann davon ausgehen, dass ihr Baby gut versorgt ist. Der Gehalt an bestimmten Nährstoffen, wie Vitaminen und Fettsäuren, hängt allerdings von der Ernährung der Mutter ab. Langkettige, mehrfach ungesättigte Fettsäuren sind wichtig für eine optimale Gehirnentwicklung des Babys. Deshalb wird Stillenden geraten, in ihrer Ernährung fettreichen Seefisch (möglichst 2-3-Mal die Woche Lachs, Hering oder Makrele) und wertvolle pflanzliche Öle (z.B. Raps-, Oliven-, und Leinöl) zu berücksichtigen. Es gibt außerdem Hinweise, dass regelmäßiger Fischverzehr während Schwangerschaft und Stillzeit das Risiko des Kindes mindert, an atopischen Erkrankungen wie Neurodermitis oder Heuschnupfen zu erkranken. Auch der Jodgehalt der Muttermilch hängt von der Jodversorgung der Mutter ab. Da der Jodbedarf in der Stillzeit durch Ernährung und Jodsalz alleine nicht gedeckt werden kann, müssen täglich etwa 100-150 μg/Tag Jod zusätzlich mithilfe von Nahrungsergänzungsmitteln eingenommen werden – lassen Sie sich von Ihrer Gynäkologin oder Hausärztin beraten. Sie untersucht die Schilddrüsenfunktion, erfragt alle möglichen Jod-Quellen und gibt dann eine individuelle Empfehlung.
Unverträglichkeitsreaktionen: Was darf eine stillende Mutter essen?
Frauen dürfen auch in der Stillzeit genießen, was ihnen schmeckt, eine Umstellung der Ernährung ist in den allermeisten Fällen nicht erforderlich. In seltenen Fällen kann eine Umstellung jedoch nötig sein. Spuren der Lebensmittel gehen nämlich in die Muttermilch über: Geschmack- und Eiweißstoffe aus der Nahrung können in der Muttermilch gefunden werden. Diese fremden Eiweißstoffe in der Muttermilch können bei empfindlichen Säuglingen Überempfindlichkeitsreaktionen auslösen. Dies kann sich am häufigsten mit Blutspuren im Stuhl, ggf. in Hautausschlägen, Koliken, Atmungsproblemen, Erbrechen, Durchfall, exzessivem Schreien usw. äußern. Solche Reaktionen treten typischerweise im Alter zwischen zwei und sechs Wochen zum ersten Mal auf, wobei es auch Berichte gibt, nach denen die Symptome bereits ab dem 1. Tag auftraten. Denn die Sensibilisierung gegen bestimmte Nahrungsmittel kann auch bereits während der Schwangerschaft erfolgen, da Nahrungsbestandteile auch über die Plazenta das ungeborene Baby erreichen.
Wenn das Kind Symptome einer Unverträglichkeit zeigt, kann der Kinderarzt konsultiert werden. Insgesamt treten Allergien bei vollgestillten Kindern deutlich seltener auf als bei Kindern, die künstliche Säuglingsmilch bekommen. Von 100 vollgestillten Babys entwickeln 2-3 eine Allergie gegen gewisse Nahrungsmittel, die die Mutter gegessen hat, bei etwa 0,5 bis 1% der Säuglinge gegen Kuhmilchproteine. Weitere häufige Allergene sind Ei, Mais, Soja, Fisch, Nüsse und Erdbeeren. Durch den Verzicht auf diese Nahrungsmittel seitens der Mutter bilden sich die Symptome beim Baby in den meisten Fällen innerhalb von 3-4 Tagen zurück, in seltenen Fällen können auch zwei Wochen oder mehr vergehen. Es gibt unterschiedliche Ansätze, wie die Allergene in der Nahrung der Mutter identifiziert werden können. Manche Fachleute empfehlen, dass die Mutter für mindestens 2-3 Wochen alle häufigen Allergene weglässt. Nachdem die Symptome abgeklungen sind, führt sie die einzelnen Nahrungsmittel einzeln nach und nach wieder ein und wartet jeweils einige Tage, ob Symptome auftreten. Ein anderer Ansatz schlägt vor, dass die Mutter nicht alle verdächtigen Lebensmittel, sondern nur einzelne Lebensmittelgruppen auf einmal weglässt und prüft, ob die Symptome nachlassen. Bei diesem Ansatz empfiehlt es sich mit den Lebensmittelgruppen mit dem höchsten Allergierisiko anzufangen, in erster Linie also mit Kuhmilch und Kuhmilchprodukten. Wenn sich die Symptome nicht bessern, kann die Mutter das Lebensmittel wieder verzehren und ein anderes Lebensmittel von ihrem Speiseplan streichen.
Bei dieser Diät sollte beachtet werden, dass sich Bestandteile der potenziell allergenen Nahrungsmittel in vielen industriell hergestellten Produkten wiederfinden können. Daher sollten auch die Etiketten der eingekauften Lebensmittel sorgfältig gelesen werden. So können sich z.B. Milchbestandteile auch unter den Bezeichnungen Kasein, Molke, Laktoglobulin usw. verstecken. Auch Produkte mit den Warnhinweisen „… kann Spuren von Allergenen enthalten“ sollten vorübergehend gemieden werden, wenn beim Baby eine Allergie diagnostiziert worden ist. Auch Medikamente und Vitamine können allergene Stoffe beinhalten und müssen bei aufgetretenen Symptomen in Betracht gezogen werden.
Da Milch die wichtigste Quelle für Kalzium ist, wird ein völliger Verzicht auf Milch und Milchprodukte längerfristig nur dann empfohlen, wenn eine Kuhmilchallergie beim Kind sicher diagnostiziert ist. Kalzium findet sich auch in Mandeln und dunkelgrünem Gemüse wie Brokkoli. Spinat ist hingegen für die Kalziumzufuhr nicht geeignet, weil er viel Oxalsäure enthält, die die Aufnahme von Kalzium verhindert. Milch von anderen Tierarten wie Schaf oder Ziege können ebenfalls Allergien auslösen. Wenn eine milchfreie Diät über lange Zeit erforderlich ist, können Nahrungsergänzungsmittel herangezogen werden, um die Kalziumaufnahme sicherzustellen.
Auch bei Unverträglichkeitssymptomen beim Kind sollte das Stillen weiter aufrechterhalten werden. Es kann vorkommen, dass Mütter die Empfehlung erhalten, anstelle von Stillen auf hypoallergene Säuglingsnahrung oder sogar Spezialnahrungen zu wechseln. Dies ist nur in äußerst seltenen Einzelfällen gerechtfertigt und sollte die letzte Alternative sein, da künstliche Säuglingsnahrungen und insbesondere viele Spezialnahrungen sehr viel ungesünder sind als Muttermilch. Leider „beraten“ viele Hersteller solcher künstlicher Säuglingsnahrungen und vor allem Spezialnahrungen die Mütter direkt (z.B. in Internetforen oder per Telefon), was in erster Linie zur Absatzförderung dient und nicht unbedingt der Gesundheit der Babys. Diese Praxis wird im WHO-Kodex explizit untersagt, um eine Manipulation zu verhindern.
Sehr verbreitet ist die Überzeugung, dass blähendes Gemüse und säurehaltige Lebensmittel Bauchschmerzen und einen wunden Po beim gestillten Säugling verursachen. Hierfür gibt es allerdings keine wissenschaftlichen Beweise und bei den meisten Babys treten keine Symptome auf, egal, was die Mutter isst. Da Gemüse, Obst und Getreideprodukte für eine ausgewogene Ernährung essenziell sind, sollte aus Vorsichtsgründen alleine nicht auf sie verzichtet werden. Listen mit Lebensmitteln, die in der Stillzeit pauschal gemieden werden sollten, sind daher nicht sinnvoll. Tomaten, Orangen und Kohl sind z.B. die beste Quelle für Folsäure.
Wenn der Verdacht besteht, dass gewisse Sorten von Obst oder Gemüse beim Baby Unwohlsein hervorrufen, empfiehlt es sich, das Lebensmittel unter Verdacht vorübergehend wegzulassen und dann zu prüfen, ob nach wenigen Tagen eine Besserung auftritt. Um sicherzugehen, dass das verdächtige Lebensmittel tatsächlich schuld an den Problemen ist, kann die Mutter beim nächsten Verzehr beobachten, ob beim Baby wieder Symptome auftreten. Anhand von Erfahrungsberichten von Müttern lösen Schokolade, Zwiebeln, Kaffee, Kohlgemüse (Blumenkohl, Brokkoli usw.), Zitrusfrüchte und Erdbeeren am häufigsten Unwohlsein beim Baby aus.
All diese Unverträglichkeitsreaktionen können im Laufe der Monate durch die Reifung des Kindes vorübergehen. Nach Ablauf von wenigen Monaten sollte die Mutter daher immer wieder überprüfen, ob das Kind immer noch mit Symptomen auf bestimmte Lebensmittel reagiert. Wenn keine Symptome mehr auftreten, kann die Mutter das besagte Lebensmittel wieder verzehren.
Koliken können viele andere Ursachen als die Ernährung der Mutter haben und haben mit Stillen meist nichts zu tun. In seltenen Fällen, wenn die Mutter sehr viel Milch hat und das Baby im Verhältnis zu viel wässrige Vorder- und zu wenig fettreiche Hintermilch bekommt („foremilk hindmilk inbalance“), können manchmal Bauchschmerzen entstehen, da der Darm des Babys mit zu viel Laktose auf einmal überfordert ist. Eine echte Laktoseintoleranz (Milchzuckerunverträglichkeit) im Säuglingsalter ist jedoch extrem selten (siehe auch den Artikel über Laktoseintoleranz beim Baby). In dieser Situation ist es hilfreich, wenn das Baby innerhalb einer Stillmahlzeit nur eine Brust angeboten bekommt und wenn es kurz nach dem Stillen wieder an die Brust will, weiterhin an derselben Brust trinkt.
Ist eine vegetarische oder vegane Ernährung möglich?
Eine vegetarische Ernährung, d.h. ein Verzicht auf Fleisch, nicht aber auf Milchprodukte und/oder Eier, ist in der Stillzeit ohne Weiteres möglich, wenn durch eine bewusste Zusammenstellung der Kost eine adäquate Eisen- und Eiweißzufuhr sichergestellt wird. Eine vegane Ernährung, in der auf sämtliche tierische Lebensmittel (Fleisch, Geflügel, Fisch, Milchprodukte und Eier) verzichtet wird, wird in der Stillzeit von medizinischen und ernährungswissenschaftlichen Fachgesellschaften nicht empfohlen, da sie zu bleibenden neurologischen Schäden beim Kind führen kann. Sollte sich eine Mutter bereits während der Schwangerschaft vegan ernährt haben, gilt es, diese Ernährung in der Stillzeit weiterhin unter ärztlicher Kontrolle mit regelmäßigen Blut- und Urinuntersuchungen, einer sehr bewussten Auswahl von Lebensmitteln und Supplementierung wichtiger Nährstoffe fortzusetzen. Die Supplementierung von Vitamin B12 ist essenziell, um bleibenden neurologischen Schäden beim Kind vorzubeugen. Weitere Nährstoffsupplemente z.B. für Eisen, Kalzium und Zink können individuell ebenfalls erforderlich sein. Eine gute Versorgung ist beim Säugling, der sich am Anfang seines Lebens befindet und rapide wächst, sehr viel wichtiger als bei der ausgewachsenen Mutter.
Literatur zum Thema:
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- Hanreich I: Essen und Trinken in der Stillzeit
- Keller M, Gätjen E: Vegane Ernährung – Schwangerschat, Stillzeit, Beikost
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- Laktoseintoleranz beim Baby? Stillen bleibt die beste Option
- Regulationsstörungen: Wenn das Baby sich nicht beruhigen lässt
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