Stillen bei Berufstätigkeit der Mutter im ersten Lebensjahr

Mutter arbeitet am ComputerFür Mütter, die ihre Berufstätigkeit noch im ersten Jahr nach der Geburt wieder aufnehmen möchten, stellt sich die Frage, wie sich das mit dem Weiterstillen vereinbaren lässt.

Auch wenn der Home Office im Vormarsch ist, sind die meisten Mütter während ihrer Arbeitszeit nach wie vor häufig von ihren Kindern getrennt. Doch, dies ist kein Grund, das Stillen zu beenden: Die Mutter kann in den gesetzlich vorgesehenen Stillpausen ihr Baby entweder direkt stillen oder ihre Milch für ihr Baby gewinnen. Und auch, wenn die Mutter 10 Stunden am Tag von ihrem Baby fern bleiben sollte, kann sie 14 Stunden am Tag mit ihm zusammen sein und unbeschränkt stillen. In dieser Zeit kann das Baby viel von der wertvollen Muttermilch und der Nähe zur Mutter erhalten.

Das Mutterschutzgesetz (Gesetz zum Schutze der erwerbstätigen Mutter; MuSchG), gewährt stillenden Frauen einen Anspruch auf die zum Stillen erforderliche Zeit, mindestens aber zweimal täglich eine halbe Stunde oder einmal täglich eine Stunde. Diese Stillzeit darf nicht vor- oder nachgearbeitet oder auf die festgesetzten Ruhepausen angerechnet werden (siehe auch: Stillen im neuen Mutterschutzgesetz). Wenn Ihnen Ihr Chef oder Ihre KollegInnen diese Freiheit übel nehmen, können Sie ihnen erklären, dass gestillte Kinder seltener krank sind und sich schneller von Infektionen erholen. So können psychische und zeitliche Belastungen durch Krankheiten des Kindes verringert werden.

Mutter gibt ihrem Baby die Brust im Biergarten
In einer Pause kann die Mutter ihr Baby direkt stillen.

Die Mutter kann ihr Baby direkt am Arbeitsplatz stillen, wenn es jemand vorbeibringt, oder zum Stillen nach Hause oder zur Kinderbetreuungsstätte gehen. Ein kurzer Weg zwischen dem Arbeitsplatz der Mutter und dem Aufenthaltsort des Babys kann das direkte Weiterstillen in der Arbeitszeit erleichtern.

Mutter pumpt beide Brüste gleichzeitig ab.
Ist direktes Stillen nicht möglich, kann die Milch gewonnen werden. (© Fotolia Foto-Point)

Ist direktes Stillen nicht möglich, kann die Mutter ihre Milch für ihr Baby gewinnen. Am nächsten Tag kann diese Milch dem Baby gegeben werden. Mit einem Doppelpumpset braucht die Mutter in der Regel 1-3-Mal täglich um die 15 Minuten, um ihr Baby für die Zeit ihrer Abwesenheit mit Muttermilch ausreichend zu versorgen. Zusätzlich kann sie ihr Kind kurz vor dem Weggehen und direkt nach der Heimkehr anlegen, um die Zeit ohne Stillen zu verkürzen.

Praktische Tipps zur Vorgehensweise, wenn direktes Stillen nicht möglich ist

  • Fangen Sie mehrere Wochen vor der Wiederaufnahme Ihrer Berufstätigkeit an, Milch regelmäßig zu gewinnen (siehe auch Abpumpen und Aufbewahren von Muttermilch). Erstens können Sie sich auf diese Weise mit dem Abpumpen vertraut machen und zweitens können Sie einen Vorrat an Milch (eingefroren im Tiefkühlfach) anlegen. So können Sie sicher sein, dass Ihr Kind ausreichend versorgt sein wird. Ein Muttermilchvorrat für wenige Tage im Tiefkühlfach gibt der Familie Sicherheit. Zum Beispiel können Sie täglich oder mehrmals die Woche eine kleine Menge, z.B. 50 ml gewinnen und einfrieren. Kleine Mengenunterschiede kann die Brust am besten ausgleichen, sodass das Baby trotz Abpumpen an der Brust satt wird und die Brust andererseits nicht zur Überproduktion stimuliert wird.
  • Üben Sie das Füttern rechtzeitig, bevor Sie zur Arbeit zurückkehren. Am besten gibt die Person den Becher oder die Flasche, die das Kind später betreut. Erstens, weil das Baby weniger bereit ist, die Flasche oder den Becher von der Mutter als von einer anderen Person anzunehmen, da das Kind von der Mutter die Brust erwartet. Zweitens ist es für die Mutter beruhigend, wenn sie sieht, dass das Baby von der Betreuungsperson erfolgreich gefüttert werden kann. Manche Babys können mit einer Flasche nichts anfangen. Auch die Becherfütterung muss zunächst eine Weile geübt werden. Klappt das Füttern noch nicht, dann muss die Familie gegebenenfalls einrichten, dass das Baby zum Stillen zum Arbeitsplatz vorbeigebracht wird oder dass die Mutter zum Stillen nach Hause geht. Teilzeit und Homeoffice – falls im Beruf möglich – erleichtern natürlich die Vereinbarkeit von Stillen und Berufstätigkeit. Dies kann auch vorübergehend eingerichtet werden, bis die Versorgung des Stillkindes gewährleistet wird. Manche Eltern bzw. Betreuungpersonen geben einem Baby, das noch nicht aus der Flasche trinken kann, diese regelmäßig zum Spielen mit Wasser. Oft entdecken Babys mit der Zeit, wie sie aus der Flasche trinken können.
  • Muttermilchaufbewahrungsbeutel
    Beutel für die Aufbewahrung von Muttermilch (© plepraisaeng)

    Wie viel Muttermilch das Baby in der Abwesenheit der Mutter brauchen wird, lässt sich nicht exakt vorhersagen und kann von Tag zu Tag schwanken. Eine ungefähre Einschätzung, wie viel Muttermilch ein Baby pro Tag trinkt, kann aus Studien abgeleitet werden (s. Wie viel Muttermilch braucht ein Baby eigentlich?). In der Abwesenheit der Mutter wird das Baby möglicherweise anteilig trinken, d.h., wenn die Mutter ein Drittel des Tages abwesend ist, dann trinkt das Baby vielleicht ein Drittel der täglichen Milchmenge. Manche Babys trinken in der Abwesenheit ihrer Mutter allerdings gar nichts oder deutlich weniger und tanken auf, wenn die Mutter wieder da ist. Andere Babys trinken große Mengen aus der Flasche, vielleicht sogar mehr als sie bräuchten, weil die Milch aus der Flasche von allein und schnell laufen kann und der Sauger einen Supersaugstimulus darstellt (s. auch Flaschenfütterung von gestillten Säuglingen).  Am sichersten ist es, wenn ein Mehrfaches der berechneten Milchmenge vorliegt: frisch / am Vortag abgepumpte Milch im Kühlschrank, eine Sicherheitsreserve im Tiefkühlfach. Mit der Zeit sammeln sich Erfahrungswerte, wie viel das individuelle Baby in Abwesenheit seiner Mutter trinkt.

  • Wenn Sie Milch einfrieren, wählen Sie kleine Portionen (z.B. 50-100 ml) und tauen diese nach Bedarf auf. So vermeiden Sie, dass zu viel Muttermilch verschüttet werden muss, wenn das Baby doch nicht so viel Hunger hat.
  • Am Arbeitsplatz ist es oft bequem eine transportable elektrische Doppelmilchpumpe zu benutzen, wobei auch eine stationäre Doppelpumpe sinnvoll sein kann, wenn diese am Arbeitsplatz stationiert werden kann und das Pumpen in der Nähe einer Steckdose möglich ist. Auch eine Handpumpe kann in manchen Situationen ausreichend sein. Manche Mütter gewinnen ihre Milch am liebsten per Hand. Es gibt auch Pumpen eigens für berufstätige Mütter, die sich relativ unauffällig in den BH legen lassen.
  • Bravado Pump-BH
    Um freihändig pumpen zu können, gibt es spezielle Pumpbustiers. Für den Arbeitsplatz gibt es Modelle, wo ein vorderer Teil an den Still-BH geklipst wird, sodass sich die Mutter nicht umziehen muss. (© Bravado Designs)

    Mit einem Pumpbustier kombiniert geht das Abpumpen von alleine, die Mutter braucht die Pumptrichter nicht zu halten und kann während des Pumpens z.T. anderen Tätigkeiten nachgehen, weiterarbeiten oder eine kleine Pause einlegen.

  • Manche Mütter finden es hilfreich, mehrere Zubehörsets zu besorgen, damit sie am Arbeitsplatz mehrfach abpumpen können ohne zwischendurch spülen zu müssen.
  • Sie können in Ihrem Büro, in einem fürs Stillen eingerichteten Raum, in einem Sanitätsraum, Seminarraum, Ihrem Auto oder in Ausnahmefällen auf der Toilette abpumpen.
  • Die Milch sollte gekühlt aufbewahrt und transportiert werden. Dazu sollte ein Kühlschrank oder ein Kühlaggregat am Arbeitsplatz und eine mit Kühlakkus ausgelegte Kühlbox für den Transport verwendet werden (s. auch Aufbewahren und Haltbarkeit von Muttermilch).
  • Wenn die gewonnene Muttermilch am nächsten Tag gegeben werden soll, ist es sinnvoll, diese im Kühlschrank aufzubewahren. Über das Wochenende sollte die Milch eingefroren werden (s. auch Aufbewahren und Haltbarkeit von Muttermilch).
  • Wie häufig abgepumpt werden muss, um das Baby zu versorgen, hängt von der während der Trennung getrunkenen täglichen Milchmenge und der individuellen Speicherkapazität der mütterlichen Brust ab. Manche Frauen müssen öfter abpumpen als andere, um gleich viel Milch zu gewinnen. In der Regel pumpen vollzeit berufstätige Mütter 1- bis 3-mal täglich ab. Wird das Baby noch vollgestillt, muss die Milch meist öfter gewonnen werden. Wenn das Kind im Zuge der Einführung von Beikost mit der Zeit größere Portionen isst und auch ohne Muttermilch satt wird, kann die Pumphäufigkeit schrittweise verringert werden.
  • Die Milchmenge geht während der Berufstätigkeit manchmal zurück. Um dem entgegenzuwirken, kann wieder häufiger Milch gewonnen werden. Auch PowerPumping oder Hands-on-Pumping helfen, die Milchbildung wieder zu steigern. Verbringen Sie außerdem zu Hause viel Zeit mit Ihrem Baby und legen es auch nachts nach Bedarf an. Nächtliches Stillen hilft, die Milchmenge aufrechtzuerhalten (siehe auch die Beiträge: Stillen und Schlafen).
  • Wenn das Kind in Ihrer Abwesenheit künstliche Säuglingsmilch oder bereits Beikost erhält und die Milch tagsüber nicht mehr benötigt, kann die Milchgewinnung eingestellt werden. In der ersten Zeit kann es notwendig sein, aus der Brust etwas Milch zu entleeren, um das unangenehme Spannungsgefühl in den Brüsten zu lindern. In der Zeit, wo Sie mit Ihrem Baby zusammen sind, können Sie weiter häufig und nach Bedarf stillen.

 


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© Dr. Bauer – Publikationen in der Stillförderung. Text, Bilder und Videos sind urheberrechtlich geschützt. Letzte Ergänzungen: Januar 2024.

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