Für junge Eltern mit gestillten Babys stellt sich die Frage, welchen Einfluss Stillen auf die Sexualität und eine erneute Empfängnis hat und welche Verhütung in der Stillzeit am besten geeignet ist. Es gibt dabei durchaus beachtenswerte Aspekte.
Inhaltsübersicht:
- Ausbleiben des Eisprungs am Anfang der Stillzeit
- Verhütung während der Stillzeit
- Kinderwunsch in der Stillzeit
- Sexuelles Interesse der stillenden Mutter
Ausbleiben des Eisprungs am Anfang der Stillzeit
Bei nicht-sillenden Müttern stellt sich die erste Menstruation etwa 6-8 Wochen nach der Geburt ein. Bei stillenden Müttern sieht dies anders aus: Häufiges Stillen in der ersten Zeit nach der Geburt verhindert den Eisprung. Somit bleibt die Menstruation aus und eine erneute Schwangerschaft ist die meiste Zeit ausgeschlossen. Dieses Phänomen (genannt Laktationsamenorrhö) kann je nach Stillintensität und -dauer wenige Monate bis zu 2 Jahren und länger anhalten. In Europa ist eine längere Laktationsamenorrhö allerdings eher selten, da ältere Säuglinge und Kleinkinder kaum rund um die Uhr nach Bedarf gestillt werden. Wenn die Stillintensität auch nur vorübergehend abnimmt, kehrt die Menstruation und somit die Fruchtbarkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit zurück. So kann es z.B. passieren, dass die Menstruation bei einer vollstillenden Frau bereits im 3. Monat nach der Geburt zurückkehrt, weil sie in der ersten Woche aus Krankheitsgründen von ihrem Baby getrennt war und zu selten stillte oder abpumpte. Auch wenn das Baby nachts regelmäßig durchschläft, kann die Menstruation trotz Vollstillen schon relativ bald zurückkehren. Darüber hinaus gibt es individuelle Unterschiede von Frau zu Frau. Bei manchen Müttern kehrt die Fruchtbarkeit früher, bei anderen später wieder zurück.
Dass eine erneute Schwangerschaft trotz Ausbleiben der Menstruation nicht 100-prozentig ausgeschlossen ist, hängt damit zusammen, dass ein erster Eisprung einmalig bereits vor der ersten Menstruation stattfinden kann.
Verhütung während der Stillzeit
Idealerweise vor der Geburt, spätestens bei der ersten Nachsorgeuntersuchung beim Frauenarzt wird die Wahl der Verhütungsmethode besprochen. Für welche Verhütungsmethode sich die junge Mutter entscheidet, hängt von vielen Faktoren ab: u.a. von ihren früheren Erfahrungen mit Verhütung, ihrem Alter/Gesundheitszustand, der weiteren Familienplanung oder von den Präferenzen des Partners. Stillen ist ein weiterer Gesichtspunkt, der berücksichtigt werden sollte.
Obwohl Stillen weltweit mehr zur Geburtenkontrolle beiträgt als alle anderen Methoden der Empfängnisverhütung zusammen, ist eine bewusste Verhütung in der Stillzeit – und zwar auch während der Laktationsamenorrhö – erforderlich, wenn eine erneute Schwangerschaft sicher ausgeschlossen werden soll. Folgende Methoden kommen dabei infrage:
Laktationsamenorrhö-Methode (LAM)
In der ersten Zeit nach der Geburt kann die empfängnisverhütende Wirkung des Stillens durchaus als sicherer Schutz vor einer erneuten Schwangerschaft eingesetzt werden. Die Sicherheit von LAM ist in zahlreichen wissenschaftlichen Studien in Ländern der 3. Welt evaluiert und bestätigt worden. Die Herausforderung bei dieser Methode ist, dass ein erster Eisprung vor der ersten Menstruationsblutung ausgeschlossen werden muss. In den ersten Monaten nach der Geburt wird dies durch häufiges Anlegen effektiv erreicht. Im Laufe der Monate steigt jedoch die Wahrscheinlichkeit, dass vor der ersten Menstruationsblutung ein Eisprung erfolgt. Diese Wahrscheinlichkeit wird außerdem auch durch längere Stillpausen (z.B. wegen Zufütterung, Durchschlafen oder Trennung von Mutter und Kind), gesteigert. Aus diesem Grund wurden auf einer Konsensus-Konferenz Bedingungen definiert, die unbedingt erfüllt werden müssen, damit LAM zur sicheren Empfängnisverhütung eingesetzt werden kann:
1. Bei der Mutter ist noch keine Menstruationsblutung (Blutung aus der Scheide ab dem 56. Tag nach der Geburt) aufgetreten.
2. Das Baby wurde seit der Geburt ohne Unterbrechung nach Bedarf und auch nachts vollgestillt.
3. Das Baby ist nicht älter als 6 Monate.
Wenn alle drei Kriterien erfüllt sind, besteht ein Empfängnisschutz von 98-99%. Dieser entspricht durchaus der Sicherheit moderner Verhütungsmittel. Ist jedoch eines der drei Kriterien nicht (mehr) erfüllt, ist für eine sichere Verhütung eine weitere Methode erforderlich. Wie in diesem Fall verhütet wird, sollte rechtzeitig überlegt werden, damit die alternative Methode sofort zur Verfügung steht, sobald eines der drei LAM-Kriterien nicht mehr erfüllt ist.
Um jedes Missverständnis zu vermeiden, wurde die LAM-Methode auch als Flussdiagramm dargestellt, mit dessen Hilfe sich die Mütter die drei wesentlichen Kriterien in regelmäßigen Abständen abfragen können.
Erläuterung der drei Kriterien:
- Ausschließliches oder fast ausschließliches Stillen erlaubt die gelegentliche Gabe von Supplementen, wenn die Häufigkeit der Stillmahlzeiten beibehalten wird. Es wird davon ausgegangen, dass beim Vollstillen zwischen zwei Stillmahlzeiten maximal 4 Stunden vergehen (einmal am Tag, z.B. nachts, kann eine Stillpause von 6 Stunden vorkommen). Die regelmäßige Verwendung vom Beruhigungssauger ist nicht vorgesehen und kann die Sicherheit der Methode reduzieren.
- Menstruation bedeutet jegliche Blutung aus der Scheide ab 56 Tagen nach der Geburt, die durch die Frau als Menstruationsblutung wahrgenommen wird, bzw. jede Blutung aus der Scheide, die an zwei aufeinanderfolgenden Tagen auftritt.
- Das 6-Monate-Kriterium wurde eingeführt, weil ab diesem Zeitpunkt Beikost gegeben werden sollte. Solange die Häufigkeit der Stillmahlzeiten beibehalten wird und Beikost nach der Stillmahlzeit gegeben wird, bleibt die empfängnisverhütende Wirkung des Stillens auch nach 6 Monaten hoch. In Entwicklungsländern wurde diese Wirkung auch für neun und zwölf Monate in Studien getestet. Es führte auch dort zu einer deutlichen Reduktion der Schwangerschaftsraten, aber mit einer geringeren Sicherheit als in den ersten 6 Monaten (bei 12 Monaten ca. 7% Schwangerschaftswahrscheinlichkeit).
LAM ist nach der Geburt die einzig mögliche natürliche Verhütungsmethode mit mehreren Vorteilen: Weder die Mutter noch das Kind werden künstlichen Hormonen oder anderen medizinischen Eingriffen ausgesetzt und Sexualität kann spontan gelebt werden. Leider ist diese Verhütungsmethode in Europa wenig bekannt, dafür hört und liest man dauernd − auch von den medizinischen Fachleuten −, dass Stillen keinen zuverlässigen Verhütungsschutz darstellt. Dies liegt daran, dass an LAM niemand Geld verdient und daher niemand ein Interesse hat: Weder die Industrie, noch die Apotheker noch die Gynäkologen. Niemand finanziert Publikationen für Ärzte oder Eltern, niemand startet eine Informationskampagne darüber, welche Kriterien beachtet werden müssen, damit LAM sehr wohl eine sichere Verhütungsmethode darstellen kann.
Die symptothermale Methode in der Stillzeit
Bei der symptothermalen Methode werden Temperatur, Zervixschleim und Muttermund beobachtet, um die fruchtbare Phase der Frau zu ermitteln. Viele Frauen haben bereits vor der Schwangerschaft eine natürliche Familienplanungsmethode praktiziert und möchten damit auch nach der Geburt fortfahren. Vorteil der symptothermalen Methode ist, dass sie ohne Medikamente oder andere Eingriffe in den Körper der Frau (und des Mannes) auskommt und dass in der sicheren Phase die Sexualität ohne Vorbereitung / Unterbrechung genossen werden kann. In der Stillzeit kommt wie bei der Laktationsamenorrhö-Methode der Vorteil hinzu, dass keine Hormone über die Muttermilch ans Baby abgegeben werden, die Muttermilchmenge unbeeinflusst bleibt und auch keine OP durchgeführt werden muss, welche eine kurze Stillunterbrechung erforderlich macht. Der Nachteil ist, dass in der unsicheren Phase Enthaltsamkeit praktiziert oder eine zusätzliche Barrieremethode eingesetzt werden muss. Zudem müssen auch in der anstrengenden Zeit mit einem kleinen Baby die Fruchtbarkeitssignale engmaschig und diszipliniert beobachtet und protokolliert werden. Korrekt ausgeführt gehört die symptothermale Methode jedoch zu den sichersten Verhütungsmethoden.
Die Malteser Arbeitsgruppe NFP hat im Rahmen von Sensiplan® Kriterien erarbeitet, wie die natürliche Familienplanung auch in der Stillzeit mit hoher Sicherheit verwendet werden kann. Es wurde darüber hinaus ein eigenes Zyklusblatt für die Stillzeit entwickelt. Die NFP-Methode kann mit der Laktationsamenorrhoe-Methode kombiniert und im Anschluss daran verwendet werden, sobald die Kriterien für LAM nicht mehr erfüllt sind.
Im Sensiplan® wird für vollstillende Frauen ohne Monatsblutung empfohlen, mit der Temperaturmessung ab der 10./12. Woche zu beginnen. Dabei ist es nicht erforderlich, von Anfang an täglich durchzumessen. Dies wird erst dann wichtig, wenn Zervixschleim bzw. Veränderungen im Zervixschleimmuster beobachtet werden. Der Zervixschleim und der Muttermund sollten untersucht werden, sobald der Wochenfluss ab der 6./7. Woche nach der Geburt aufhört. Viele vollstillende Frauen beobachten lange keinen Zervixschleim, die Scheide fühlt sich über Monate ganz trocken an. Manche Frauen fühlen sich ständig feucht, andere beobachten täglich dicklichen, weißlichen Zervixschleim. Sofern dieses Muster über mindestens 3 Wochen unverändert bleibt, spricht man vom „Grundmuster der Unfruchtbarkeit“. Die erste Temperaturhochlage und somit der erste Eisprung kündigt sich erfahrungsgemäß durch deutliche Veränderungen im Zervixschleimmuster an. Zur zusätzlichen Sicherheit kann der Muttermund abgetastet werden. Diese verändert sich in der fruchtbaren Phase in der Konsistenz, Lage und im Öffnungsgrad. Auf diese Weise lässt sich der erste Eisprung mit hoher Sicherheit feststellen. Mithilfe der täglichen Temperaturmessung wird ermittelt, wann die unfruchtbare Phase wieder auftritt. Nach dem ersten Eisprung kann die symptothermale Methode wie vor der Schwangerschaft angewendet werden.
Die genaue Vorgehensweise wird im Sensiplan®-Praxisbuch beschrieben. Darüber hinaus steht ein Pool an ausgebildeten Sensiplan®-Beraterinnen für eine individuelle Einweisung zur Verfügung.
Anwendung weiterer Verhütungsmethoden in der Stillzeit
- Barrieremethoden: Kondom, Scheidendiaphragma und Portiokappe können auch während der Stillzeit eingesetzt werden. Letztere beiden müssen nach der Geburt vom Frauenarzt neu angepasst werden. Kondome mit Gleitmitteln sind in der Zeit der Laktationsamenorrhö besonders vorteilhaft. Denn in dieser Zeit ist die Scheide vorübergehend trocken und weniger elastisch, Gleitmittel sind sehr hilfreich.
- Spermizide werden zusätzlich zu Barrieremethoden angewendet, um die Verhütungssicherheit zu erhöhen. Nach heutigem Standpunkt gibt es keinerlei Bedenken gegen ihre Anwendung in der Stillzeit.
- Die Spirale (Intrauterinpessar), die nach der Geburt – idealerweise nach der vollständigen Rückbildung der Gebärmutter – neu vom Frauenarzt eingesetzt werden muss, gilt als eine der besten Alternativen in der Stillzeit, wenn eine längerfristige Verhütung gewünscht ist. Kupferspiralen sind mit dem Stillen vereinbar, das abgegebene Kupfer konnte in der Muttermilch nicht gemessen werden. Spiralen mit dem hormonellen Wirkstoff Levonorgestrel sollten erst 6 Wochen nach der Geburt oder später eingesetzt werden. Unmittelbar nach der Geburt eingesetzt, können sie die Milchbildung beeinträchtigen.
- Eine Sterilisation der Mutter kann bei abgeschlossener Familienplanung auch während der Stillzeit durchgeführt werden. Die Mutter kann stillen, sobald sie aus der Narkose erwacht ist. Idealerweise sollte der Eingriff nicht direkt nach der Geburt durchgeführt werden, damit der Hautkontakt und das erste Stillen in den ersten Stunden nach der Geburt stattfinden können (siehe Erstes Stillen nach der Geburt). Die Sterilisation des Partners ist ebenfalls eine sehr sinnvolle Verhütungsoption, wenn keine weiteren Kinder mehr gewünscht sind.
- Alle hormonellen Methoden werden von Frauenärzten verschrieben. Nach den Empfehlungen der WHO sollte man insbesondere in den ersten 6 Monaten östrogenfreie Alternativen – d.h. reine Gestagenpräparate – wählen, da hohe Östrogenkonzentrationen die Milchbildung hemmen. Falls Präparate mit Östrogenanteilen erwünscht sind, sollten diese möglichst niedrig dosiert sein. Auch reine Gestagenpräparate können die Milchbildung beeinträchtigen, wenn sie direkt nach der Geburt gegeben werden. Idealerweise sollten daher auch reine Gestagenpräparate erst ab 6 Wochen nach der Geburt eingesetzt werden, wenn sich das Stillen bereits gut etabliert hat. Für eine längerfristige Verhütung kommen die Hormonspirale (Intrauterinspirale) und Hormonimplantate in Betracht. Wer lieber die Pille nimmt, kann zwischen der Minipille und der östrogenfreien Pille auswählen. Dabei bietet die östrogenfreie Pille nicht nur eine höhere Verhütungssicherheit, auch das Zeitfenster bei Einnahmefehlern (12 Stunden) ist deutlich flexibler als bei der Minipille (3 Stunden), was im chaotischen Alltag mit einem Baby durchaus von Bedeutung ist. Daher spielt die Minipille eine eher untergeordnete Rolle. Auch die Dreimonatsspritze kommt theoretisch in Betracht. Einzelne Stimmen sehen die sehr hohe Wirkstoffkonzentration, die in den ersten Wochen nach dem Einspritzen entsteht, in der Stillzeit kritisch.
- Auch beim Einsatz der „Pille danach“ ist keine Stillpause oder gar Abstillen erforderlich. Die „Pille danach“ ist in der Zwischenzeit in der Apotheke rezeptfrei erhältlich, wobei sie an Väter und weitere Angehörige nicht ausgehändigt werden muss. Die stillende Mutter sollte in der Apotheke nach Präparaten mit dem altbewährten Wirkstoff Levonorgestrel verlangen. Das Notfallkontrazeptivum EllaOne (Wirkstoff: Ulipristal-Acetat) ist in der Stillzeit weniger geeignet. Nicht alle Apotheken führen levonorgestrelbasierte Pillen, offenbar scheinen jedoch die meisten EllaOne vorrätig zu haben. Daher lohnt es sich, bei mehreren Apotheken nachzufragen, um eine zu finden, die die „Pille danach“ auf Levonorgestrel-Basis führt. Auch diese ist laut WHO sehr sicher.
Eltern und auch Fachleute haben Bedenken, dass gestillte Babys Hormone und ihre Abbauprodukte aus den Verhütungsmitteln über die Muttermilch abbekommen. In Studien konnten keine negativen Effekte von modernen hormonellen Verhütungsmitteln auf gestillte Säuglinge festgestellt werden. Die Studienlage reicht andererseits nicht aus, um längerfristige Effekte mit Sicherheit auszuschließen. Hormonelle Verhütungsmittel werden insbesondere in der Neugeborenenzeit nicht empfohlen. Während der Stillzeit sind hormonfreie Verhütungsmethoden Mittel der Wahl (LAM, symptothermale Methoden, Barrieremethoden, Kupferspirale, nach abgeschlossener Familienplanung auch Sterilisation). Auf der anderen Seite ist Abstillen nicht erforderlich, wenn sich die Frau für eine hormonelle Verhütungsmethode entscheidet.
Kinderwunsch in der Stillzeit
„Kann ich während der Stillzeit schwanger werden oder muss ich dafür abstillen?“ Da die Menstruationsblutung am Anfang der Stillzeit ausbleibt, sind viele Frauen verunsichert, ob sie während der Stillzeit schwanger werden können. Viele warten ungeduldig auf ihre erste Monatsblutung und erwägen das Abstillen, um den Prozess zu beschleunigen. Andere Mütter haben zwar schon regelmäßige Monatsblutungen, trotzdem bleibt die erhoffte Empfängnis aus. Auch sie fragen sich, ob dies am Stillen liegen könnte und ob sich das Abstillen das Schwangerwerden erleichtern würde.
Wie lange die Monatsblutung nach einer Geburt auf sich warten lässt, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Wie weiter oben bereits erläutert, spielt dabei die Häufigkeit des Stillens eine entscheidende Rolle. Es gibt aber auch individuelle Unterschiede unter den Frauen: Manche werden schneller wieder fruchtbar als andere, auch wenn sie gleich häufig stillen. Abstillen oder Reduzieren der Stillhäufigkeit könnte theoretisch dazu beitragen, dass die Fruchtbarkeit etwas früher zurückkehrt. Dennoch stellt sich die Frage, ob diese Maßnahme sinnvoll ist. Denn eine zu dichte Abfolge zwischen einer Geburt und einer nachfolgenden Schwangerschaft erhöht die Komplikationsrate während der Nachfolgeschwangerschaft und -geburt. Die Erziehung von mehreren kleinen Kindern, die dicht aufeinanderfolgen, kann außerdem besonders anstrengend sein. Eine Mindestpause zwischen einer Geburt und einer Nachfolgeschwangerschaft von 1 bis 2 Jahren ist ideal, um eine erhöhte Komplikationsrate zu vermeiden.
Gut zu wissen, dass anhand neuester Forschungsergebnisse Stillen bzw. die Laktationsamenorrhoe das Risiko einer frühen Menopause verringert. Auf diese Weise verringert sich der Druck, bald schwanger werden zu müssen.
Ist der Zyklus einmal wieder zurückgekehrt, kann die Frau wieder schwanger werden. Manchmal tritt die Empfängnis sogar vor der ersten Monatsblutung ein, wenn der erste Eisprung vor der ersten Blutung stattgefunden hat. Die ersten Zyklen nach der Laktationsamenorrhö sind in der Regel jedoch weniger fruchtbar, da die Hormone noch in „Ungleichgewicht“ sind. Erst etwa ab dem 3. Zyklus kann man von einer „normalen“ Regel sprechen. Anschließend kann man davon ausgehen, dass die Frau auch unter Weiterstillen ihre volle Fruchtbarkeit erreicht. Die Methoden zur natürlichen Familienplanung wie Zervixschleimbeobachtung und Hormonbestimmung aus dem Urin können auch in der Stillzeit praktiziert werden.
Falls eine Frau sich einer hormonellen Kinderwunschbehandlung unterzieht, wird aufgrund der hochdosierten Hormone vom Weiterstillen in der Regel abgeraten.
Sexuelles Interesse der stillenden Mutter
Sexuelles Desinteresse der Mutter in der ersten Zeit nach der Geburt ist hauptsächlich auf Erschöpfung, Zeitmangel und Verletzungen durch die Geburt zurückzuführen. Außerdem steht das Baby im Zentrum der Aufmerksamkeit und Zuneigung.
Verschiedenen Studien zufolge fangen stillende Mütter zu einer vergleichbaren Zeit nach der Geburt mit der sexuellen Aktivität an und haben gleich häufig Sex wie nicht stillende Mütter.
Stillen wirkt sich auf das sexuelle Verlangen der Frau jedoch unterschiedlich aus. Stillende Frauen haben häufig eine positivere Einstellung zu ihrem Körper und zur Sexualität als nicht stillende. Außerdem kann sich die Tatsache, dass die Wahrscheinlichkeit einer erneuten Schwangerschaft während der Laktationsamenorrhö gering ist, ebenfalls positiv auf eine unbeschwerte Sexualität auswirken.
Manche Frauen berichten andererseits, dass ihr sexuelles Verlangen während der Laktationsamenorrhö geringer war und erst nach der Rückkehr der Menstruation wiederkehrte. Während der Laktationsamenorrhö ist außerdem die Scheide weniger befeuchtet und elastisch, was bei manchen Frauen dazu führen kann, dass der Verkehr schmerzhaft oder unangenehm ist. In der Stillberatung wird für solche Fälle empfohlen, Gleitmittel zu benutzen. Frauenärzte empfehlen mitunter hyaluronsäurehaltige, probiotische oder estriolhaltige Scheidensalben oder -zäpfchen. Wenn die Laktationsamenorrhö vorbei ist, hat das weitere Stillen keinen Einfluss mehr auf die Elastizität und die Befeuchtung der Scheide.
Die stillende Brust im Liebesspiel
Die Brüste können während der Stillzeit ungestört in das Liebesspiel einbezogen werden. Die Wahrscheinlichkeit von Infektionen oder Brustentzündungen erhöht sich dadurch nicht. Manche stillende Frauen finden es jedoch unangenehm, wenn ihre ohnehin strapazierten Brustwarzen stimuliert werden. Die Brustwarzen können während der Stillzeit vorübergehend weniger empfindlich sein.
Es kann vorkommen, dass während des Orgasmus der Milchspendereflex aktiviert wird und Milch aus den Brüsten schießt. Dies ist normal und kein Grund zur Besorgnis. Falls die schießende Milch stören sollte, kann die Mutter vor dem Geschlechtsverkehr das Baby stillen, Milch ausstreichen oder sie kann sanft auf ihre Brustwarzen drücken und so das Schießen der Milch verhindern.
Brustästhetik und Stillen
Manche Frauen befürchten, dass ihre Brüste durch das Stillen ästhetisch ruiniert werden. Tatsache ist, dass die meisten Mütter nicht mehr so feste Brüste haben wie in der Pubertät. Dies liegt in der Regel aber nicht am Stillen, sondern am natürlichen Alterungsprozess und den Schwangerschaften. Nichtstillen hilft also nicht, diesen Prozess zu vermeiden. Durch gut stützende BHs kann man dem Ausleiern der Haltebänder jedoch etwas entgegenwirken.
Bei den meisten Müttern nehmen die Brüste noch während der Stillzeit ihre Größe an, die sie vor der Schwangerschaft hatten. Durch das Abstillen werden die Brüste häufig etwas weich und schlaff, aber im Laufe der Monate und Jahre gewinnen sie ihre Festigkeit zurück. Bei manchen Frauen fallen die Brüste nach dem Abstillen zusammen, weil das Fettgewebe, welches durch das Milchdrüsengewebe ersetzt wurde, sich nur langsam wieder regeneriert. Innerhalb von wenigen Jahren gewinnen die Brüste ihr Fettgewebe zurück, wenn keine weiteren Schwangerschaften und Stillzeit folgen. Insbesondere wenn das Abstillen allmählich, über einen längeren Zeitraum erfolgt, kann sich das Fettgewebe parallel zum Abbau des Milchdrüsengewebes regenerieren, so dass große Änderungen im Volumen und der Festigkeit der Brüste ausbleiben. Es gibt hier gewisse individuelle Unterschiede.
Quellen:
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- Persönliche Erfahrungen
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