Künstliche Sauger erhöhen das Risiko für Saugverwirrung, Brustverweigerung und vorzeitiges Abstillen. Idealerweise bekommt ein Baby ausschließlich die Mutterbrust, insbesondere in den ersten 4–6 Wochen nach der Geburt – wenn es das Stillen erlernt und die Milchbildung aufgebaut wird. Benötigt das Baby vorübergehend oder auch längerfristig eine Zufütterung, erfolgt dies idealerweise ohne künstliche Sauger – wenn möglich, direkt an der Mutterbrust. Der folgende Artikel gibt einen Überblick über alternative Fütterungsmethoden und geht auch auf die Flaschenfütterung gestillter Säuglinge ein.
Inhaltsübersicht:
- Die Entstehung von Saugverwirrung
- Löffelfütterung
- Becherfütterung
- Fingerfütterung
- Zufütterung an der Brust
- Flaschenfütterung von gestillten Säuglingen
Die Entstehung von Saugverwirrung
Vor allem in den ersten Tagen und Wochen der Stillzeit – wenn das Baby das Trinken an der Brust erlernt – ist es besonders wichtig, dass es keine Flasche und möglichst auch keinen Schnuller bekommt. Denn die Verwendung künstlicher Sauger erhöht das Risiko von Saugschwierigkeiten (Saugverwirrung). Es gibt Babys, die ohne Probleme zwischen Brust und Flasche hin- und herwechseln. Andere Babys können an der Brust nicht mehr effektiv saugen, nachdem sie sich auf die Flasche geprägt haben, da sich künstliche Flaschensauger ganz anders anfühlen als die Brustwarze und ein ganz anderes Bewegungsmuster zur Entleerung von Milch voraussetzen.
Babys, die sich auf die Saugflasche geprägt haben, können mit der Brustwarze oft nichts mehr anfangen. Den Flaschensauger brauchen sie nicht aktiv einzusaugen, damit er ihren Mund füllt. Der Flaschensauger ist rigider, größer und breiter als die Brustwarze und erzeugt so wie ein Stillhütchen einen „Supersaugstimulus“, den eine weiche Brustwarze nicht bieten kann. Vielleicht versucht das Baby noch anzudocken, scheint die Brustwarze aber nicht wahrzunehmen. Es sucht ggf. weiter, schiebt ggf. die Brustwarze mit der Zunge aus dem Mund, verdreht ggf. den Kopf und gerät in Aufruhr, wenn er den erwarteten Flaschensauger nicht spürt. Manche Babys geraten bereits in Rage, wenn sie in Stillposition gebracht werden – denn sie kennen die Stillposition als den Ort, wo sie „hingehalten“ werden.
Die Umgewöhnung von der Flasche auf die Brust kann eine große Herausforderung sein und sie gelingt nicht immer. Am besten ist es vorzubeugen und auf die Flasche von Anfang an zu verzichten oder auf stillfreundliche Fütterungsmethoden umzusteigen, bevor sich im Laufe der Zeit eine Brustverweigerung entwickelt.
Vergleich zwischen Stillen und Flaschenfütterung:
Stillen | Flaschenfütterung | |
Mundöffnung | Weite Mundöffnung erforderlich | Schmalere Mundöffnung |
Lippen | Die Lippen liegen nach außen gestülpt und entspannt auf der Brust und bilden einen „Dichtungsring“ für die Erzeugung des Vakuums. | Die Lippen werden schmaler zusammengepresst, um den Kontakt zum Sauger herzustellen. |
Kiefer | Intensive Kieferbewegungen | Minimale Kieferbewegung |
Zunge | Die Zunge wird zum Trinken aus dem Mund herausgestreckt und legt sich von unten um die Brustwarze herum. Sie bewegt sich peristaltisch von vorne nach hinten. | Die Zunge bleibt beim Trinken zurückgezogen im Mund. Sie wird hochgehoben und gegen den Sauger geschoben, um den Milchfluss zu kontrollieren. |
Saugen | Stillen besteht aus nutritivem Saugen, bei dem Milch fließt und geschluckt wird (Saugfrequenz: 1-mal pro Sekunde) und nicht-nutritivem Saugen (Saugfrequenz: 2-mal /Sekunde) zum Auslösen des Milchspendereflexes, am Anfang des Stillens, zwischendurch, wenn der Milchfluss nachlässt, und am Ende der Stillmahlzeit. |
Nur nutritives Saugen, niedrigere Saugfrequenz als beim Stillen |
Kontrolle | Das Baby kontrolliert den Milchfluss, der durch seine Saugbewegungen ausgelöst wird. Wenn das Baby nicht mehr saugt, hört die Milch auf zu fließen. |
Die Milch läuft kontinuierlich ohne Zutun des Babys. Das Baby muss den Milchfluss durch Zudrücken des Saugers stoppen. |
Quelle: Wambach K, Riordan J: Breastfeeding and Human Lactation, Jones & Bartlett Learning, 2016. S. 104. |
Alternative Fütterungstechniken – welche ohne künstliche Sauger auskommen – sind eine vergleichsweise neue Entwicklung und sind in der Ausbildung von Hebammen, (Kinder)Krankenschwestern, Frauen- und Kinderärzten bislang nicht regulär enthalten. Viele Stillberaterinnen (s. auch das Verzeichnis für Unterstützungsangebote) und auch manche Hebammen, die sich auf diesem Gebiet fortgebildet haben, kennen sich damit aus und können bei stillfreundlichen Zufütterungsmethoden unterstützen.
Löffelfütterung
Mit dem Löffel werden meist Neugeborene in den ersten Tagen gefüttert, wenn sie zum Stillen zu schläfrig sind oder nicht effektiv saugen können. Das Kolostrum wird mit der Hand auf den Löffel ausgedrückt und dem Baby gegeben. Die meisten Babys lieben den Geruch und den Geschmack des Kolostrums und strecken die Zunge heraus, um es aufzulecken. Um das Baby mit dem Löffel zu füttern, platziert die Mutter den Rand des Löffels auf der Unterlippe oder an die Spitze der Zunge. Sie schöpft mit dem Löffel wenige Tropfen Kolostrum auf die Unterlippe / die Zunge. Ein Video der Stanford School of Medicine und eines des Global Health Media Project zeigen, wie Kolostrum gewonnen und dem Baby per Löffel verabreicht wird (Englisch). Idealerweise wird jegliche künstliche Fütterung in der Neugeborenenzeit direkt neben der nackten Brust der Mutter durchgeführt, damit das Baby Nahrung mit dem Duft und dem Anblick der Brust assoziiert.
Becherfütterung
Nach den ersten Tagen, sobald die Muttermilchmenge zunimmt, ist es einfacher, das Baby mit einem Becher als mit dem Löffel zu füttern. Mutter und Baby erlernen die Technik schnell und sind nach 4-5 Bechermahlzeiten routiniert. Am besten wird ein kleiner Becher mit einem weichen Rand verwendet. Fütterungsbecher für Säuglinge kann man sehr günstig (unter 1 € bis wenige €) in Apotheken, oder z.B. bei mamivac bestellen. Es eignen sich auch andere kleinere Becher (Medikamentenschiffchen, Schnapsglas, Papierbecher) ohne scharfen Rand zur Fütterung. Die Becherfütterung ist weniger invasiv als die Flaschenfütterung, d.h. es wird kein Fremdkörper in den Mund des Kindes eingeführt. Studien weisen darauf hin, dass nach einer Becherfütterung später häufiger zum erfolgreichen Stillen übergegangen werden kann als wenn Babys in der ersten Zeit nach der Geburt mit der Flasche gefüttert werden (Collins et al. 2008; Abouelfettoh et al. 2008).
Die Becherfütterung ist keine alleinige Dauerlösung, weil sie das Saugbedürfnis des Babys nicht befriedigt. Sie ist jedoch gut geeignet, wenn die stillende Mutter kurzfristig nicht verfügbar ist und eine andere Person (z.B. Vater, Pflegepersonal) das Baby zwischendurch füttern muss. Sie ist ebenfalls sinnvoll, wenn die (teil)stillende Mutter mit der Zufütterung an der Brust nicht zurechtkommt, aber aufgrund einer (vorübergehend) unzureichenden Milchbildung oder aufgrund einer (vorübergehenden) Saugschwäche zufüttern muss. In diesen Fällen bleibt die Brust die alleinige Möglichkeit für das Baby, sein Saugbedürfnis zu befriedigen, selbst wenn beim Saugen wenig oder keine Milch kommen sollte. Wird auf alle Saugmöglichkeiten außerhalb der Brust verzichtet und dem Baby die Brust uneingeschränkt angeboten, dann wird die Milchbildung der Mutter gut stimuliert und die Prägung des Babys auf die Brust gestärkt. Saugschwachen Babys wie z.B. Frühgeborenen, denen noch die Kraft und die Koordination fehlen, um ausdauernd an der Brust zu trinken, kann die benötigte Milchmenge nach dem Entfernen der Magensonde per Becher effektiv gegeben werden (s. Video ).
Vorgehensweise bei der Becherfütterung:
- Das Baby sollte nicht zu sehr ausgehungert und in guter Verfassung sein, vor allem bei den ersten Fütterungsversuchen, damit das Trinken aus dem Becher gut klappt.
- Den Becher höchstens halb voll mit 10-15 ml Milch füllen.
- Das Baby zunächst locker umwickeln, damit es mit den Ärmchen den Becher nicht umstößt; Sobald Eltern und Kind geübter sind, kann auf das Wickeln verzichtet werden. Denn die Ärmchen und die Fäuste haben während der Fütterung eine wichtige Signalfunktion für Hunger, Sättigung, Stress und Entspannung.
- Ein Lätzchen um den Hals herum fängt ggf. verschüttete Milch aus. Auch die Eltern können ihre Kleidung bedecken, um diese vor verschütteter Milch zu schützen. Mit zunehmender Übung geht weniger Milch verloren.
- Idealerweise erhält das Baby die Milch direkt neben der nackten Brust der Mutter.
- Das wache und aufmerksame Baby wird aufrecht, in einer halb sitzenden Position gehalten.
- Der Rand des Bechers wird sanft und ohne Druck an die Unterlippe gelegt, sodass die Ecken des Mundes berührt werden.
- Den Becher schräg halten, bis erste Milchtropfen die Unterlippe des Babys berühren.
- Das Baby fängt an, die Milch mit der Zunge aus dem Becher zu lecken. Das Baby formt mit seiner Zunge eine Rinne und befördert die Milch zum Rachen, sodass es schlucken kann.
Die Milch darf auf keinen Fall in das Baby hineingeschüttet werden, sonst kann es sich verschlucken. Durch langsames Füttern wird dem Verschlucken vorgebeugt, das Baby kann sich zwischendurch erholen. Das Tempo des Fütterns wird vom Baby vorgegeben. In einem Kurzfilm präsentiert der Laktationsberater Jack Newmann die Becherfütterung.
Manche Fachleute benutzen Milchauffangschalen zur Becherfütterung, weil diese einen kleinen Ausguss haben und sonst verschlossen sind. So wird keine Milch verschüttet. Gegen Milchauffangschalen spricht, dass die Tülle recht klein ist und das Baby die Milch nicht ausschlecken kann wie bei einem offenen Becher.
Eine weitere Zufütterungshilfe ist der so genannte SoftCup Spezial-Trinkbecher. Mithilfe des SoftCups wird manchmal weniger Milch verschüttet als mit dem Becher und es können größere Mengen in einem Zug gefüttert werden. Im Vergleich zur Saugflasche scheint jedoch mehr Milch verschüttzugehen. Der SoftCup wird gerne eingesetzt, wenn ein Baby aufgrund von Saugproblemen noch nicht effektiv stillen kann. Manche Mütter, die bislang mit der Flasche zugefüttert haben und Becherfütterung oder andere alternative Fütterungsmethoden befremdlich finden, kommen mit dem Soft-Cup besser zurecht, weil es von der Handhabung her der Flasche am ähnlichsten ist. Der SoftCup besteht aus einer Flasche für die Milch, einem Ventil, um den Milchfluss zu kontrollieren, und dem Mundstück, das wie ein tiefer, weicher Löffel geformt ist. Das Baby trinkt aus dem SoftCup ähnlich wie aus einem Becher/Löffel. Das weiche, löffelförmige Mundstück liegt auf der Unterlippe des Säuglings. Ein Nachteil des SoftCups im Vergleich zu einem Becher ist, dass die Flasche nßicht so gut abgestellt werden kann, wenn sich noch Milch im Löffelteil befindet. Auch den SoftCup kann man über Apotheken, die Milchwiese GmbH oder bei Online-Shops bestellen.
Eine weitere Alternative zum gewöhnlichen Becher ist der so genannte CamoCup, bei dem der Becher schnabelförmig endet. Die Milch läuft schmal auf den Mund des Babys zu und kann einfacher dosiert werden als bei einem Becher. Auch das runde Ende kann zum Trinken genutzt werden. Mithilfe einer Skalierung kann die getrunkene Milchmenge abgelesen werden. In einen Becher passen 120 ml. Der CamoCup ist für Säuglinge, Kinder und Erwachsene mit Saug-, Trink- und Schluckstörungen entwickelt worden und eignet sich auch als Trinklernbecher ab dem zweiten Halbjahr. Ein ähnliches schnabelförmiges Trinkbehältnis (das Paladai) wird in Indien traditionellerweise zum Füttern von Neugeborenen und Frühgeborenen verwendet, wenn sie nicht effektiv an der Brust saugen können. Der CamoCup eignet sich zur Fütterung von Muttermilch eher bei älteren Babys, z.B. wenn die Mutter arbeiten geht oder aus anderen Gründen kurzfristig von ihrem Baby getrennt ist und ansonsten stillt.
Fingerfütterung
Bei der Fingerfütterung steckt eine Fachperson oder ein Elternteil einen Finger in den Mund des Babys (sauberer Finger oder Handschuh, Nägel kurz geschnitten und sauber), um das Saugen auszulösen. Eltern können für die Fingerfütterung bei sauberen Händen ihren bloßen Finger verwenden, Fachpersonal benutzt in der Regel aus hygienischen Gründen Handschuhe. In der Regel wird der kleine Finger verwendet, weil der am kleinsten und der Brustwarze der Mutter von der Größe her am nächsten ist. Der Fingernagel zeigt dabei zur Unterseite, Richtung Zunge und nicht zum Gaumen.
Die Milch wird mithilfe einer an den Finger geklebten Ernährungssonde oder einer Spritze mit oder ohne Silikonaufsatz („Fingerfeeder“) in den Mund getropft, aber nur, wenn das Baby aktiv saugt. Fingerfeeder sind weiche Silikon-Spitzen, die auf die Spritzen gesteckt werden können und die Applikation der Milch in den Mund des Babys erleichtern (erhältlich z.B. bei Online-Shops, oder bei der Milchwiese GmbH). Für das Baby sind die dünnen Schläuche angenehmer im Mund als der dicke Silikonaufsatz.
Die Fingerfütterung ist eine invasive Fütterungsmethode und kann sich negativ auf den Stillerfolg auswirken, da der Finger ähnlich wie der Flaschensauger und ein Stillhütchen ein „Supersaugstimulus“ ist und zur Saugverwirrung beitragen kann. Zudem ist der Mund des Babys ein intimer Bereich, der respektiert werden sollte. Über längere Zeit angewendet, kann sich Fingerfütterung ungünstig auf die Kieferentwicklung des Babys auswirken. Daher ist die Fingerfütterung nicht für den Routineeinsatz gedacht. Sie wird therapeutisch bei niedrigem Muskeltonus, unorganisiertem Saugen oder zum Saugtraining verwendet. Auch bei Babys, die einen starken Stimulus brauchen, um zu saugen, wird diese Methode eingesetzt. Dies kann nach schweren Geburten vorkommen, wenn das Nervensystem des Babys vorübergehend beeinträchtigt ist.
Zufütterung an der Brust
Vorteile
Die Zufütterung an der Brust hat viele Vorteile. Das Baby kann an der Brust sein Saugbedürfnis befriedigen (im Gegensatz zum Becher) und es übt die richtige Saugtechnik (im Gegensatz zur Saugflasche) sowie die Prägung auf die Brust. Während das Baby an der Brust saugt, wird die Milchbildung der Mutter angeregt und mit der Zeit gesteigert. Auch aus der Sicht der Kieferentwicklung ist die Zufütterung an der Brust optimal. Ein weiterer Vorteil der Zufütterung an der Brust ist der verbesserte Immunschutz des Babys: Beim Stillen gelangen aus dem Mund des Babys Keime in die mütterliche Brust. Der Körper der Mutter bildet daraufhin Abwehrstoffe gegen die Keime und versorgt das Baby mit den gebildeten Abwehrstoffen über die Muttermilch.
Situationen für die Zufütterung an der Brust
Wenn das Baby an der Brust aufgrund von anfänglichen Saugproblemen (z.B. nach schwierigen Geburten, unter Medikamenteneinfluss, bei Frühgeburten oder Erkrankungen) nicht genug Muttermilch erhält, sollte idealerweise abgepumpte Muttermilch zugefüttert werden. Wenn die Mutter (vorübergehend) nicht genug Milch bilden kann (bei verspätetem Milcheinschuss, Brust-OPs, Hormonstörungen, Brust-Hypoplasie usw.), kann industriell hergestellte Säuglingsmilch an der Brust zugefüttert werden (in diesen Fällen soll grundsätzlich Säuglingsanfangsnahrung und keine Folgenahrung gegeben werden). Auch bei wunden Brustwarzen kann die Zufütterung an der Brust hilfreich sein, vor allem wenn die Mutter zu wenig Milch hat oder das Baby mit einer übermäßigen Saugkraft trinkt und wenn das Stillen auch nach fachkundiger Korrektur des Anlegens schmerzhaft bleibt. Die aus dem Schlauch fließende Milch kann die Brustwarzen entlasten, die Stillmahlzeit ist kürzer und das Baby dockt durch den optimalen Milchfluss automatisch besser an.
Um an der Brust zuzufüttern, eignen sich das Brusternährungsset oder eine Ernährungssonde (auch Nahrungssonde oder Magensonde genannt) mit einer Spritze oder einem Milchbehälter, bzw. für kleinere Mengen mit einem kleinen Silikonaufsatz (Fingerfeeder).
Zufütterung mit Spritze und Fingerfeeder
Sog. Fingerfeeder, die zusammen mit 10- oder 20-ml Spritzen auch zur Zufütterung an der Brust verwendet werden können, eignen sich für kleinere Mengen, wie bei Kolostrum in den ersten Tagen nach der Geburt, oder für das Anlocken eines Babys an die Brust, das bislang mit der Flasche gefüttert wurde z.B. im Rahmen einer Umgewöhnung von der Flasche zur Brust und einer Relaktation. Ein Baby, das mit seiner Mutter Haut an Haut kuschelt (z.B. in einer Badewanne) kann an die Brust gelockt werden, indem Milchtropfen über die Brustwarze geträufelt werden. Wenn das Kind anfängt zu saugen, bekommt es Milch über den Mundwinkel.
Auch bei saugschwachen Babys kann diese Art der Zufütterung an der Brust in Erwägung gezogen werden – als eine mögliche Option.
Zufütterung an der Brust mit Fingerfeeder und Spritze ist relativ niederschwellig für den Anfang. Langfristig ist sie weniger praktisch. Erhältlich sind Fingerfeeder-Aufsätze z.B. bei Online-Shops oder bei der Milchwiese GmbH.
Zufütterung mit pädiatrischen Ernährungssonden
Besorgung: Pädiatrische Ernährungssonden mit dem Durchmesser CH 4, 4,5, 5 (oder 6) können bei Apotheken oder spezialisierten Anbietern zusammen mit 10- oder 20-ml-Spritzen für wenige Euro pro Stück bestellt werden. Ernährungssonden sind in vielen Krankenhäusern vorrätig. Für zu Hause lohnt es sich, gleich mehrere Sonden und Spritzen zu besorgen, weil diese nicht ausgekocht werden können.
Wahl der Sonde: Durch die dickeren Sonden läuft die Milch schneller als durch die dünneren. Bei einem zu schnellen Lauf kann sich das Kind verschlucken und Stress erfahren, bei einem zu langsamen könnte das Saugen für das Baby zu erschöpfend sein, sodass es sich immer wieder abdockt und insgesamt weniger trinkt als es bräuchte. Bei einer angemessenen Geschwindigkeit saugt das Baby rhythmisch, konzentriert und ausdauernd, gleichzeitig aber auch entspannt. Im Mund des Babys und an der Brust sind die dünneren, flexibleren Sonden angenehmer. Die Fließgeschwindigkeit hängt auch von der Schlauchlänge ab: Durch längere Schläuche fließt die Milch etwas langsamer. Gleichzeitig kann der Milchbehälter bei längeren Schläuchen flexibler abgestellt bzw. aufgehängt werden. Die Wahl der Sonde hängt auch davon ab, ob Muttermilch oder Säuglingsmilch durchfließen soll und wie dickflüssig die Säuglingsmilch ist.
Die Gottlob Kurz GmbH bietet Sonden von Medicoplast in verschiedenen Durchmessern, jeweils 50 cm lang. Für viele Babys mit guter Saugkraft ist die Sonde CH4 eine gute Wahl, ggf. können dickere Sonden mit schnellerem Fluss (CH 5 oder evtl. 6) mitbestellt werden. Die Tropfgeschwindigkeit mit lauwarmem Wasser und ohne Saugen beträgt bei CH4 (rot) ca. 5 ml/Min, bei CH5 (grau) ca. 7 ml/Min, bei CH6 (grün) 14 ml/Min.
Die Milchwiese GmbH bietet eine Vygon-Nutrisafe-Sonde CH4, 40 cm lang, zusammen mit passenden Spritzen (Schraubverschluss). Die Tropfgeschwindigkeit mit lauwarmem Wasser ohne Saugen beträgt ca. 9 ml/Min.
Hygienemaßnahmen: Die Sonde sollte aus hygienischen Gründen regelmäßig ausgetauscht und nach jeder Benutzung mithilfe der Spritze mit kaltem Wasser, dann mit warmem Spülmittelwasser und dann wieder mit klarem Wasser gespült werden. Das Durchspülen der Sonden mit kaltem Wasser zuerst soll die Proteine aus dem Schlauch spülen, bevor das warme Wasser kommt, das verbliebene Proteine an den Sonden praktisch „festklebt“. Zum Trocknen wird durch die Sonden ein paar Mal Luft durchgedrückt und anschließend werden diese zum weiteren Trocknen aufgehängt oder auf eine saubere Unterlage gelegt. Die Sonden dürfen in der Regel (je nach Herstelleranweisung) nicht ausgekocht werden, weil das Material dabei beschädigt wird. Wie lange die Sonden tatsächlich wiederverwendet werden dürfen, ist bislang nicht geklärt. In Krankenhäusern werden Ernährungssonden oft nur einmalig oder nur einen Tag lang verwendet. In privatem Gebrauch zu Hause und unter der Einhaltung der beschriebenen Hygienemaßnahmen werden Sonden oft deutlich länger, mind. 1 Woche lang wiederverwendet, je nach der Haltbarkeit des Materials. Der Gaumen des Babys sollte immer wieder untersucht werden, um mögliche Verletzungen durch das Kunststoffröhrchen auszuschließen.
Der Schlauch kann mithilfe von Klebestreifen an der Brust so befestigt werden, dass er an der Spitze der Brustwarze endet (oder leicht, bis zu 5 mm darüber hinaus); oder in den Mund des Babys geschoben werden, während es an der Brust saugt.
Am einfachsten ist es, die Sonde im Mundwinkel des Babys in Richtung Rachen zu schieben. Sie muss relativ weit – je nach der Größe des Babys etwa 1,5-2 cm – hineingeschoben werden, damit das Baby über den Sondenschlauch Milch bekommt und die Milch nicht über das seitliche Loch, das bei vielen Sonden vorhanden ist, heraustropft. Wenn der Schlauch zu weit geschoben wird, wird das Baby im Rachenraum gepieckst und es würgt. Deshalb ist es wichtig, den Schlauch mit Fingern festzuhalten, so kann es nicht zu weit hineingesogen werden. Manchmal wird der Schlauch vom Baby mit der Zunge wieder hinausgeschoben. Manchmal verliert das Baby den Saugschluss beim Hereinschieben der Sonde. Platziert man die Sonde an der Oberlippe des Kindes (oberhalb der Zunge), dann bleibt die Sonde eher im Mund. Es muss am Anfang eine Weile herumexperimentiert werden, bis der Schlauch im Mund des Babys optimal platziert ist und das Baby gut Milch bekommt.
Sonde und Spritze
Das Verabreichen der Milch mit der Spritze ist sinnvoll, wenn das Baby nicht effektiv saugen kann und bei kleineren Milchmengen (z.B. wenn pro Mahlzeit 10 bis 20 ml zugefüttert werden). Die Mutter dosiert die Milch in kleinen Mengen, langsam und kontinuierlich, damit sich das Baby nicht verschluckt. Die Stresszeichen des Babys werden beachtet.
Manche Babys saugen die Milch sehr effektiv aus der Sonde mit der Spritze, sodass sich der Kolben von allein bewegt, die Mutter muss gar nicht drücken. Wenn die Mutter größere Mengen pro Mahlzeit aus Spritzen füttert, kann sie gleich mehrere Kolben mit Milch befüllen, um während der Stillmahlzeit die Kolben schnell wechseln zu können.
Sonde und Milchbehälter
Wenn das Baby an der Brust effektiv saugt, nur die Mutter (vorübergehend) nicht genug Milch bildet, kann das Ende des Schlauches in einen Behälter, z.B. Saugflasche, mit Milch gesteckt werden, das Baby zieht die Milch beim Saugen an der Brustwarze durch das Vakuum hoch. Zur Veranschaulichung siehe die Filmsequenz von Dr. Jack Newmann (zu 19:00 Minuten vorspulen).
Je höher der Milchbehälter liegt, umso schneller fließt die Milch. Neben der Schlauchdicke lässt sich der Milchfluss also auf diese Weise regulieren. Der Milchbehälter kann z.B. um den Hals der Mutter oder an ihren BH gehängt werden. Damit die Milch anfängt zu fließen, muss sie das Baby jedoch zuerst effektiv ansaugen.
Wird der Milchbehälter unterhalb des Babymundes platziert, muss das Baby die ganze Zeit aktiv saugen, die Milch fließt nicht von allein. Sobald es mit dem Saugen aufhört, fließt keine Milch mehr. Der Milchbehälter kann in diesem Fall z.B. neben die Mutter aufs Bett / Sofa, ins Schoß der Mutter, einen Tisch oder das Stillkissen hingestellt werden, je nach Bedarf.
Damit der Schlauch durchpasst, kann das Saugerloch des Milchbehälters kreuzweise eingeschnitten werden, z.B. mit einem Skalpell oder einem spitzen, scharfen Messer. So wird der Schlauch vom Sauger gut festgehalten, er rutscht nicht durch. Das Durchfädeln des weichen Schlauches kann etwas mühsam sein, wobei einmal eingefädelt, kann das Arrangement eine Weile so verbleiben. Alternativ lässt sich die Spitze des Saugers auch abschneiden. Dann entsteht ein etwas größeres Loch. Das Durchfädeln des Schlauches ist dann kein Problem, allerdings wird der Schlauch dann nicht mehr festgehalten, er kann hochrutschen und dann keine Milch mehr ziehen.
Auch saugverwirrte, saugschwache und saugunfähige Babys können mithilfe einer Sonde aus einem Behälter an der Brust ernährt werden. Dabei ist nicht nur wichtig, dass ggf. ein dicker Schlauch gewählt wird und dass der Behälter weit oben aufgehängt wird, damit die Milch von allein fließt. Da saugverwirrte, saugschwache und saugunfähige Babys die Milch nicht ansaugen können, muss der Schlauch zuerst mit Milch befüllt werden. Selbstverständlich können dafür die Eltern die Milch ansaugen, wenn ihnen die Keimübertragung auf das Baby und das Schlucken von Muttermilch/Säuglingsmilch nichts ausmacht. Alternativ eignen sich auch weiche, zusammendrückbare Behälter z.B. aus lebensmittelechtem Silikon. Durch das Zusammendrücken des Behälters wird die Milch in den Schlauch gedrückt und fängt dann von allein an zu tropfen oder zu laufen (je nach Schlauchdicke), wenn das Schlauchende unterhalb des Behälters liegt. Für diese Art des Befüllens muss der Behälter luftdicht sein bzw. die Stelle, wo der Schlauch durchgeführt wird und Luft entweichen kann, muss zugehalten werden. Um den Milchfluss zu stoppen, wird der Schlauch hochgehalten oder der Behälter gesenkt.
Für die Anfangszeit ist Assistenz durch eine weitere Person – die mitdenkt und mithilft – fast unerlässlich. Zuerst muss das System kennengelernt und ausprobiert werden, idealerweise erstmal mit Wasser. Ein Handtuch und ein Behälter, die ausgelaufene Milch auffangen, sind sehr hilfreich.
Das Baby trinkt in folgendem Kurzvideo mithilfe von Sonde und Milch aus einem Behälter zügig an einer Brust mit deutlich zu geringer Milchbildung aufgrund einer OP.
Der Haakaa-Brusternährungsschlauch
Seit wenigen Jahren gibt es einen neuen Schlauch, der speziell für die Zufütterung an der Brust entwickelt worden ist, den Haakaa-Brusternährungsschlauch. Die Vorteile des Haakaa-Brusternährungsschlauchs im Vergleich zu den pädiatrischen Ernährungssonden sind, dass (1) der Schlauch kein seitliches Loch hat, (2) langfristig verwendet und auch ausgekocht/ dampfsterilisiert werden kann, (3) der Schlauch durch das Zusammendrücken der Flasche von Haakaa (Gen. 3) vor dem Anlegen befüllt werden kann, (4) mehr Möglichkeiten zur Kontrolle des Milchflusses bestehen und (5) die Länge des Schlauchs mit fast 70 cm. Mithilfe eines Reglers kann der Milchfluss gestoppt oder etwas reguliert werden, wobei eine Feinjustierung über den Regler allein nicht einfach ist. Für die kurzfristige Justierung der Fließgeschwindigkeit kann die Haakaa-Gen.3-Flasche in unterschiedlicher Stärke zusammengedrückt werden. Darüber hinaus lässt sich der Milchfluss durch die Höhe der Flasche und die Temperatur der Milch kontrollieren.
Die Nachteile des Haakaa-Schlauchs sind, dass er deutlich dicker als herkömmliche Sonden oder der Schlauch des Medela-Brusternährungssets ist und an der Brust bzw. im Mund des Babys somit störender ist als die dünneren Schläuche. Manche Mütter berichten, dass sie den Schlauch an ihrer Brust deutlich spüren und dass ihre Babys nicht gut andocken können, bzw. den Saugschluss nicht gut halten können. Manche Mütter empfinden außerdem den Regler an der Brust als störend. Auch hier rutscht der Schlauch manchmal aus der Flasche heraus, ähnlich wie bei den Sonden. Zudem berichten manche Mütter, dass sie große Mühe hatten, den Milchfluss wie erwünscht zu regeln. Entweder floss die Milch zu schnell, das Baby verschluckte sich, oder der Milchfluss kam zum Erliegen. Manche Mütter kamen mit dem System trotz aller Nachteile gut zurecht.
Gereinigt wird der Schlauch durch eine mitgelieferte Reinigungsbürste im dickeren Schlauchteil und das Durchdrücken von kaltem klarem, heißen Spülmittelwasser und schließlich klarem Wasser durch das Zusammendrücken der Flasche. Einmal täglich kann der Schlauch sterilisiert werden.
Laut Hersteller-Angaben wird der Haakaa-Schlauch am besten in Kombination mit der Haakaa-Flasche (Gen. 3) mit einem Sauger mit variablem Fluss (Größe L) verwendet, die getrennt oder mit dem Schlauch zusammen verkauft wird. Er kann theoretisch aber auch mit anderen Flaschen verwendet werden, die idealerweise einen Sauger mit X-förmiger Öffnung haben und ähnlich zusammendrückbar sind (Silikon-Flaschen). Bei gut saugenden Babys, bei denen der Schlauch nicht befüllt werden muss, kann er auch mit anderen Milchbehältern kombiniert werden. Mit einer Spritze ist der Haakaa-Schlauch nicht kompatibel.
Zufütterung mit dem Medela-Brusternährungsset
Das Medela-Brusternährungsset (BES), kann über Apotheken vor Ort und online, bei Online-Shops, manchen Drogerien oder der Milchwiese GmbH besorgt werden.
Das Medela Brusternährungsset (neues Modell) hat verschiedene Vorteile: (1) Man muss nicht selber basteln: Man erhält ein fertiges System, das speziell für die Zufütterung an der Brust konzipiert wurde und grundsätzlich gut funktioniert. (2) Die Bedienung ist relativ einfach und intuitiv. (3) Es ist praktisch, dass der Milchbehälter um den Hals gehängt oder z.B. am BH befestigt werden kann. (4) Außerdem kann der Schlauch immer wieder – auch über Monate – verwendet werden. (5) Der Schlauch ist eigens für die Zufütterung an der Brust entwickelt worden und hat keine störenden seitlichen Löcher wie die pädiatrischen Sonden. (6) Der Schlauch des Brusternährungssets kann abgeklemmt werden, um den Milchfluss zu stoppen. (7) Der Schlauch ist deutlich dünner als der Haakaa-Schlauch und somit angenehmer an der Brust bzw. im Mund des Babys. (8) Der Schlauch ist steif genug, um ihn nach dem Anlegen in den Mund des Babys zu schieben, aber auch weich genug, um ihn vor dem Anlegen an die Brust anzukleben.
Die Nachteile sind, dass (1) die Schläuche nicht ausgekocht bzw. sterilisiert werden und auch nicht separat neu bestellt werden können, (2) das Verbindungsstück zwischen Flasche und Schlauch (Twistlok) offenbar leicht einreißt und dass es keine Ersatzteile gibt (notfalls kann der Schlauch über das Verbindungsstück geschoben werden, es funktioniert)(3), dass die Flasche beim Trinken nicht hingestellt werden kann, sondern immer getragen werden muss, (4) die scharfkantige Klemme an der Haut scheuern kann, (5) die Klammer zur Befestigung an der Kleidung rutschig ist und nicht einhändig bedienbar ist. Der wahrscheinlich größte Nachteil des neuen Brusternährungssets (6) sind die eingeschränkten Regulationsmöglichkeiten für die Fließgeschwindigkeit. Das frühere Brusternährungsset-Modell von Medela wurde mit drei verschieden dicken Schläuchen ausgeliefert: Durch die dickeren Schläuche floss die Milch schneller, durch die dünneren langsamer. Darüber hinaus führten zwei Schläuche aus dem Behälter. Je nachdem, ob der zweite Schlauch, der Belüftungsschlauch, offen oder abgeklemmt war, lief die Milch schneller oder langsamer. Beim neuen Brusternährungsset von Medela, welches 2023 eingeführt wurde, kann die Fließgeschwindigkeit ausschließlich über die Höhe des Behälters reguliert werden. bzw. – wie bei allen Systemen – über die Temperatur der Milch (wärmere Milch (bis zu 37°C) fließt schneller als Milch bei Raumtemperatur).
Die Fließgeschwindigkeit soll – wie bei allen Systemen – so eingestellt werden, dass das Baby pro Schluck einmal saugen muss, bzw. pro Sekunde etwa eine Kieferbewegung zu sehen ist. Das Kind trinkt konzentriert, zügig, mit rhythmischem Saug-Schluck-Muster und gleichzeitig entspannt. Kommt die Milch zu schnell, wird das Baby gestresst und kann sich leicht verschlucken. Kommt die Milch zu langsam, ermüdet das Baby, hört auf zu trinken und bekommt insgesamt zu wenig Milch.
Gleichzeitig gilt, dass je länger das Baby pro Mahlzeit an der Brust effektiv saugt, umso effektiver wird die Milchbildung der Mutter gesteigert. Daher lohnt es sich die Fließgeschwindigkeit gut einzustellen.
Das neue Modell des Medela Brusternährungssets ist deutlich einfacher und intuitiver in der Anwendung als das alte. Doch, die verschieden dicken Schläuche beim alten System waren ein großer Vorteil:
Die dickeren Schläuche waren für dickflüssigere Säuglingsnahrungen besser geeignet. Manche Babys, die weniger gut saugen konnten, profitierten vom dicksten Schlauch. Bei saugschwachen/saugunfähigen Babys konnten zwei Schläuche auf einmal verwendet werden. Zwillinge konnten gleichzeitig gestillt werden. Auch der dünnste Schlauch wird von Müttern, die ihre Milchbildung steigern möchten, schmerzlich vermisst. Denn zur Steigerung der Milchbildung ist es wichtig, dass das Baby möglichst oft und möglichst lang an der Brust saugt. Durch den dünnsten Schlauch des alten Brusternährungssets (rot) fließt die Milch nur ganz langsam, das Baby muss lange und effektiv saugen, um satt zu werden, und stimuliert die Milchbildung dadurch am effektivsten.
Vergleich der Fließgeschwindigkeit verschiedener Schläuche für das Brusternährungsset:
(Tropfgeschwindigkeit mit lauwarmem Wasser ohne Saugen)
- neues BES-Modell mit Fremdsonde von Medicoplast CH6 (grün): ca. 14,3 ml/Min
- neues BES-Modell mit Fremdsonde von Medicoplast CH5 (grau): ca. 7,0 ml/Min
- altes BES-Modell dickster Schlauch (transparent): ca. 6,4 ml/Min
- neues BES-Modell einziger Schlauch: ca. 5,4 ml/Min
- neues BES-Modell mit Fremdsonde von Medicoplast CH4 (rot): ca. 5,0 ml/Min
- altes BES-Modell mitteldicker Schlauch (weiß): ca. 4,8 ml/Min
- altes BES-Modell dünnster Schlauch (rot): ca. 2,3 ml/Min
In einigen Shops und gebraucht ist das alte Brusternährungsset-Modell, das zwar komplexer in der Anwendung ist, aber mehr Spielraum für die Regulierung der Fließgeschwindigkeit erlaubt und sich besser zur Steigerung der Milchbildung eignet, noch erhältlich. Eine Anleitung dazu finden Sie hier.
Phasen der Zufütterung an der Brust
Die renommierte Still- und Laktationsberaterin und Entwicklerin des ersten Brusternährungssets, Márta Guóth-Gumberger, unterscheidet drei Phasen:
- Phase: erste Anlegeversuche: Hier soll das Trinken so einfach wie möglich gehalten werden.
- Phase: Das Zufüttern an der Brust hat sich eingespielt.
- Phase: Das Zufüttern an der Brust wird allmählich ausgeschlichen.
Phase 1 ist die Kennenlern- und Übungsphase. Mutter und Baby sind idealerweise unbekleidet, damit nichts stört und das Baby aktiver ist. Die Fließgeschwindigkeit soll relativ hoch sein und die Milch soll gleich fließen, damit das Baby gleich Erfolgserlebnisse hat, auch wenn es noch nicht effektiv an der Brust saugen kann. Durch das sorgfältige Ankleben des Schlauchs ist das Anlegen leichter.
In Phase 2 sind Mutter und Kind mit der Zufütterungstechnik bereits vertraut. Das Ziel dieser Phase ist, sich dem richtigen Stillen ohne Zufütterung anzunähern und ggf. die Milchbildung zu steigern. Hier ist es wichtig, dass das Baby die Brust tief erfasst (siehe Das korrekte Anlegen), wie beim richtigen Stillen ohne Hilfsmittel. Außerdem soll das Baby lernen, dass die Milch nicht sofort da ist, sondern erst nach dem Ansaugen. Daher wird der Milchfluss erst geöffnet, nachdem das Baby kurz „trocken“ gesaugt hat. Immer wieder wird auch ohne Zufütterung an der Brust gestillt, um zu vermeiden, dass das Baby die Brust ohne Schlauch ablehnt.
In Phase 3 wird die Zufütterung ausgeschlichen, indem die Zusatzmilch immer später eingeführt und/oder die Fließgeschwindigkeit verlangsamt wird, bzw. indem immer seltener zugefüttert wird.
Die Menge des Supplements bestimmen
Wenn das Baby an der Brust zugefüttert wird, stellt sich die Frage, wie viel Milch die Mutter produziert und wie viel extern zugefüttert werden muss. Fühlt sich die Brust nach der Mahlzeit weicher und leerer als vorher an, dann zeigt dies, dass das Baby auch an der Brust viel Milch getrunken hat. Wenn die Milchbildung der Mutter steigt, dann bleibt im Behälter mehr Milch übrig.
In angelsächsischen Ländern ist es üblich, das Baby zu wiegen, um festzustellen, wie viel Muttermilch es aus der Brust erhalten hat: Das Gewicht des Babys wird vor und nach dem Zufüttern an der Brust genau protokolliert und es wird festgehalten, wie viel zusätzliche Milch es getrunken hat. Die tägliche Gesamtmilchmenge, die das Baby braucht, kann aus Tabellen abgelesen werden. Beispiel: Wiegt das Baby nach dem Zufüttern an der Brust 100 g mehr als davor und hat 50 ml Milch aus dem Behälter getrunken, dann hat es 50 ml Milch aus der Brust erhalten. Der Nachteil dieser Vorgehensweise ist, dass handelsübliche Babywaagen zu ungenau sind, um die getrunkene Milchmenge genau festzustellen und dass praktisch bei jeder Stillmahlzeit rund um die Uhr, auch nachts, gewogen werden muss. Zusätzlich stellt das häufige Wiegen einen erheblichen Stress für Mutter und Kind dar, welcher auch das Stillen erheblich stört (mehr zu Stillproben). Schließlich sollen Babys rund um die Uhr flexibel nach Bedarf, ggf. auch mehrfach die Stunde gestillt werden. Oft ist nicht eindeutig, wann eine Stillmahlzeit endet und eine neue beginnt. Das ist mit Wiegen schwer zu vereinbaren.
Anstelle von Stillproben schlägt die renommierte Stillberaterin Márta Guóth-Gumberger vor, das Baby an der Brust ad libitum zuzufüttern, d.h. nach Appetit trinken zu lassen. Durch regelmäßiges Wiegen des Babys (z.B. zweimal die Woche) kann sichergestellt werden, dass es genug Milch bekommt, sofern es perzentilenparallel zunimmt. Nimmt es zu langsam, also nicht perzentilenparallel zu, braucht es mehr Milch (mehr zur Beobachtung der Gewichtsentwicklung und zur Orientierung an den Wachstumsperzentilen).
Márta Guóth-Gumberger empfiehlt, die Zufütterung erst dann auszuschleichen, wenn die Gewichtskurve des Babys perzentilenparallel, d.h. parallel zu den Perzentilen der WHO-Wachstumskurven verläuft (und nicht, wenn das Baby sich nach einer suboptimalen Gewichtszunahme im Aufholwachstum befindet). Bis dahin soll das Baby reichlich Supplement erhalten. Verläuft die Wachstumskurve des Babys perzentilenparallel, dann kann die Zufüttermenge durch das Baby reduziert werden. Wenn zuerst die Brust angeboten und weitgehend entleert wird, trinkt das Baby immer weniger Zusatzmilch, weil die Milchmenge der Mutter im Laufe der Zeit steigt. Der Schlauch kann bei Bedarf zum Stillen angeklebt werden; er wird erst geöffnet oder in den Mund des Babys geschoben, wenn die Brust weitgehend entleert ist.
Herausforderungen beim Zufüttern an der Brust
Die Zufütterung an der Brust braucht am Anfang eine gewisse Übung und idealerweise auch eine persönliche Anleitung. Ein formstabiles, nicht absackendes Stillkissen kann das Handling deutlich vereinfachen, weil die Mutter dann beide Hände frei nutzen kann (z.B. das „amerikanische Stillkissen„). Manche Frauen kommen auch ohne Stillkissen, mit Stillen im Liegen am besten zurecht, damit sie beide Hände zur Verfügung haben, wieder andere Frauen stillen in der zurückgelehnten Position, sodass ihr Körper das Baby stützt und ihre Hände frei bleiben, oder in einer Tragehilfe, um beide Hände für das Handling frei zu haben. In der Übungsphase ist es ideal, wenn eine zweite Person assistiert, z.B. die Hebamme, die Stillberaterin oder der Papa.
Frauen, die mit Zufütterung an der Brust nicht zurechtkommen, können auf Becherfütterung zurückgreifen und gleichzeitig dafür Sorge tragen, dass das Baby ungehinderten Zugang zur Brust hat und sein Saugbedürfnis auch zum Einschlafen, Durchschlafen und Trösten komplett an der Brust befriedigen kann. Auch so bleibt die Prägung auf die Brust und eine gute Saugfähigkeit erhalten, das Stillen kann aufrechterhalten werden, auch wenn kein Vollstillen möglich ist.
Manche Babys lehnen den Schlauch im Mund am Anfang ab und brauchen Zeit, um sich daran zu gewöhnen. In solchen Fällen hilft es, den Schlauch an der Brust einzuführen, wenn das Baby kurz vor dem Aufwachen, noch im Halbschlaf ist und somit die Änderungen weniger wahrnimmt. Idealerweise läuft die Milch gleich beim Ansaugen, damit das Baby gleich belohnt wird. Ein ausgehungertes, aufgebrachtes Baby kann schlechter an neue Ernährungsmethoden gewöhnt werden als ein zufriedenes Baby. Um das Baby zu beruhigen, kann sich die Mutter während des Stillens z.B. auf einem stabilisierten Gymnastikball sanft auf- und abhüpfen. Wenn die Zufütterung an der Brust nicht gleich klappt, dann lohnt es sich zu einem späteren Zeitpunkt wieder zu probieren, z.B. eine Viertel- oder halbe Stunde später, am Nachmittag, am nächsten Tag oder erst in zwei Tagen, je nach verfügbaren Ressourcen der Mutter. Man kann auch mit verschiedenen Stillpositionen herumexperimentieren: In einer neuen, bislang selten benutzen, aber bequemen Stillposition kann das Anlegen vielleicht auf einmal klappen. Viele Babys nehmen den Schlauch im Mund problemlos an.
Andere Babys gewöhnen sich so sehr an den Schlauch, dass sie ohne Schlauch die Brust ablehnen. Um das Baby vom Schlauch zu entwöhnen, kann man das Stillen mit angeklebtem Schlauch beginnen und den Schlauch während des Stillens vorsichtig entfernen. Wieder andere Babys lernen, dass die Milch aus dem Schlauch kommt und wollen nur am Schlauch wie an einem Strohhalm trinken, ohne die Brustwarze in den Mund zu nehmen. In solchen Fällen soll der Schlauch nicht über die Brustwarze hinausragen und an der Brust festgeklebt werden.
Hilfe finden
Mit Brusternährungssets / Zufüttern per Sonde kennen sich bislang nur wenige Hebammen und (Kinder-)Krankenschwestern aus. Daher kann es vorkommen, dass das Personal im Krankenhaus oder die betreuende Nachsorgehebamme diese Methoden nicht kennen und sich aufgrund ihrer knappen Zeitressourcen auch nicht damit beschäftigen können. Häufig sind erfahrene Stillberaterinnen die besten Ansprechparterinnen, falls es Probleme mit dem Saugen oder der Milchbildung gibt und zugefüttert werden muss. Sie zeigen auch die Anwendung eines Brusternährungssets oder der Sonde und begleiten die Frauen in dieser Phase. Auch einige ehrenamtliche Stillberaterinnen und Hebammen mit einer Fortbildung auf diesem Gebiet können weiterhelfen.
Das Brusternährungsset oder Sonden mit Stillhütchen kombinieren
Vielfach erhalten Frauen Stillhütchen, wenn das Anlegen nich klappen will. Manche Babys können ohne Stillhütchen nicht an der Brust saugen oder sie akzeptieren die Brust eher mit Stillhütchen, wenn sie an die Flasche gewöhnt sind. In solchen Fällen lassen sich das Brusternährungsset oder die Nahrungssonde auch mit Stillhütchen kombinieren. Man kann die Schläuche sowohl unterhalb der dünnen Silikon-Stillhütchen als auch oberhalb ankleben oder während des Stillens mit Stillhütchen über dem Mundwinkel in den Mund des Babys schieben.
Um den Schlauch innerhalb des Hütchens gut zu platzieren, kann er mit einem hautfreundlichen Klebeband aus der Apotheke oder der Drogerie angeklebt werden. Das Klebeband soll nicht unterhalb des Hütchens liegen, weil das Hütchen sonst nicht gut haftet, sondern darüber und außerhalb. Das Schlauchende soll über die Brustwarzenspitze hinaus in den Nippel des Hütchens gut hineinragen, ohne aber das Hütchen abzuheben. Das Hütchen wird dann durch Drücken des Behälters oder der Spritze befüllt. Dann kann das Baby angelegt werden und es wird direkt mit Milch belohnt. Damit die Milch gut fließt, muss ggf. nachgeholfen werden, indem ein relativ dicker Schlauch gewählt wird (CH 6), auf den Milchbehälter gedrückt wird, der Milchbehälter weit oben aufgehängt wird oder mit einer Spritze kontinuierlich Milch in den Schlauch gedrückt wird.
Bei erfahrenen Babys, die ans Stillen mit Hütchen gewohnt sind und Zufütterung brauchen, schieben die Mütter den Schlauch oft nachträglich über dem Mundwinkel hinein.
Wenn das Baby an der Brust zappelig ist und das Stillhütchen-Sonden-Arrangement wegreißt, können der Behälter und der Schlauch möglichst gut unter der Kleidung versteckt werden. Außerdem kann auch das Hütchen an der Brust festgeklebt werden, z.B. mit einem größerflächigen Wundverband oder Fix-o-Moll (in die Mitte ein Loch schneiden).
Bei manchen Ernährungssonden gibt es ein zweites Loch an der Seite, das sehr weit weg von der Spitze der Sonde entfernt ist. Wenn die Sonde so weit in den Mund des Babys eingeführt wird, dass das seitliche Loch im Mund des Babys liegt, dann fängt manches Baby an zu würgen und kann nicht saugen. Für diese Fälle wurde eine Technik entwickelt, bei der die Sonde von außen in ein Loch des Stillhütchens gesteckt wird und seitlich ohne Knick um das Stillhütchen herum geführt und dort angeklebt wird. Dann liegen beide Löcher im Mund des Babys und das Baby muss nicht würgen. Für manche Familien, die mit einer Sonde zufüttern, bewährt sich diese Methode. Die Sonde muss natürlich dünn genug bzw. das Loch des Hütchens groß genug sein, damit die Sonde durchpasst. Wenn sich beide Löcher im Hütchen befinden, kann sich der Milchfluss verlangsamen. Wenn nur ein Loch im Hütchen ist, fließt die Milch schneller, allerdings aus dem einen Loch direkt in den Mund des Babys. Eine britische Stillberaterin erläutert diese Methode in einem Video.
Flaschenfütterung von gestillten Säuglingen
Manchmal fehlen Müttern die fachkundige Unterstützung und/oder Zeit und Kraft, um alternative Fütterungsmethoden zu etablieren. Sie empfinden die Fütterung mit der Flasche als sehr viel effektiver und einfacher als alternative Methoden.
Nicht alle Babys bekommen eine Saugverwirrung. Die Gefahr der Saugverwirrung ist vor allem dann gegeben, wenn der Milchtransfer an der Brust nicht gut funktioniert, z.B. wenn die Mutter vergleichsweise wenig Milch bildet oder das Baby nicht in der Lage ist, die Milch aus der Brust der Mutter effektiv zu entleeren. Auch wenn die Flaschenfütterung überwiegt, kann eine Präferenz für die Flasche und eine Ablehnung der Brust resultieren. Babys, die hauptsächlich gestillt werden, an der Brust prima satt werden, dort einschlafen und Trost erfahren, lehnen die Brust nicht ab, auch wenn sie öfter eine Flasche bekommen, z.B. wenn sie vorübergehend von einer anderen Person betreut werden.
Auch bei der Wahl des Saugers und der Flasche bzw. durch die Art und Weise der Flaschenfütterung haben Eltern einen gewissen Einfluss darauf, ob es zu einer Ablehnung der Brust kommt.
Stillfreundliche Wahl des Saugers und der Flasche
Es gibt keinen Flaschensauger, welcher die Brust nachahmen könnte, egal, was die Hersteller zu Werbezwecken behaupten. Dennoch gibt es Unterschiede. Unter den Saugflaschen sind für Stillkinder Weithalsflaschen mit möglichst rundem, weichem Sauger und einer breiten Lippenauflage am besten. Denn bei Flaschen und Saugern mit einer schmalen Basis pressen die Babys ihre Lippen zusammen. Wenn sich das Baby das Zusammenpressen der Lippen angewöhnt, wird das Stillen schwierig. Bei Weithalsflaschen mit einer breiten Lippenauflage muss das Baby seinen Mund jedoch weiter aufmachen, ähnlich wie beim Stillen. Ist der Saugteil für das Baby allerdings zu lang, dann hilft auch keine breite Basis. Dann presst das Baby seine Lippen am schmalen Saugteil zusammen. In einem solchen Fall sollte ein anderer Sauger mit kürzerem Saugteil gewählt werden. Kleine Neugeborene brauchen tendenziell kürzere Sauger als größere Neugeborene oder ältere Babys. Darüber hinaus sollte der Sauger möglichst weich sein, um wenig Druck auf den Gaumen des Kindes auszuüben. Silikon-Sauger sind tendenziell weicher als Latex-Sauger. Der Sauger soll eine langsame Fließgeschwindigkeit ermöglichen: Das Saugerloch sollte so klein sein, dass bei umgedrehter Flasche nicht mehr als 1 Tropfen Milch pro Sekunde herausfällt. Das ist oft bei Saugern in Größe „S“ oder „1“ der Fall, je nach Hersteller. Leider gibt es keine standardisierten Bezeichnungen für den Saugfluss, so müssen ggf. Flaschen von verschiedenen Marken auf ihren Milchfluss getestet werden.
Der so genannte „Muttermilchsauger“ (Calma), eine Neuentwicklung mit hartem Saugteil, hat sich laut Stillberaterinnen nicht bewährt und kann Anlegeprobleme möglicherweise sogar verschärfen. Der Sauger ist bei Calma-Saugern ganz hart und steif, ganz anders als die Mutterbrust. Die Milch kommt aus Calma-Flaschen schwallartig, ganz anders als an der Brust. Außerdem geht die Membran des Calma-Saugers kaputt, wenn er zur Fütterung von industrieller Säuglingsmilch verwendet wird.
Kleine Flaschen mit Volumina < 170 ml beugen im Vergleich zu größeren Flaschen einer Überfütterung vor. Mit kleineren Flaschen ist es auch einfacher, häufige kleine Mahlzeiten zu verabreichen – aus der Sicht des Stillen vorteilhaft.
Babygerechte Flaschenfütterung (paced bottle feeding)
Um die Flaschenfütterung babygerecht zu gestalten, kann das Baby wie zum Stillen auf den Arm genommen werden, mit angehobenem Oberkörper und mit dem Gesicht zur fütternden Person zugewandt. Ungünstig ist die Fütterung des Babys auf dem Rücken liegend, weil es dann die Geschwindigkeit des Milchflusses nicht regulieren kann: Es wird regelrecht „abgefüllt“ und gerät in Stress.
Beim Stillen folgt auf jeden Saugzyklus ein Atemzyklus: Das Baby atmet ein und aus. Nach 10 bis 30 Saugzyklen macht das Baby eine Pause von 3 bis 5 Sekunden, um „durchzuatmen“. Anschließend setzt es das Saugen fort. Das langsame Füttern, bei dem das Baby die Geschwindigkeit des Milchflusses kontrollieren kann, und das regelmäßige Absetzen der Flasche zwischendurch garantieren, dass das Baby nicht in Atemnot gerät und sich nicht verschluckt.
Um die Fütterung zu initiieren, wird mit dem Sauger die Ober- oder Unterlippe des Babys in der Mitte von oben nach unten gestreift. Wenn das Baby daraufhin den Mund weit öffnet, kann der Sauger in den Mund gebracht werden und das Baby fängt aktiv an zu trinken. Künstliche Sauger kann man zwar in den Mund des Kindes schieben, auch wenn das Kind den Mund kaum öffnet – beim Stillen funktioniert das nicht. Außerdem signalisiert das Baby erst durch das Öffnen des Mundes eine Bereitschaft zum Füttern. Daher ist die weite Öffnung des Mundes als Voraussetzung für das Füttern so wichtig.
Die Flasche sollte waagerecht bis leicht schräg gehalten werden, damit die Milch langsam läuft und das Baby – wie beim Stillen – aktiv saugen muss. Die Fütterung sollte etwa 20 Minuten (zwischen 15 und 30 Minuten) dauern. Fünf bis 10 Minuten sind zu schnell, 35–40 Minuten zu langsam (Kassing, 2001).
Wenn das Baby Zeichen von Stress zeigt, sollte die Flasche aus dem Mund genommen werden. Nach der erneuten Initiierung des Fütterns kann die Flasche flacher gehalten werden, damit die Milch langsamer läuft. Große Hektik beim Trinken kann ein Hinweis darauf sein, dass das Kind Probleme hat, Schlucken und Atmen zu koordinieren. Langsames Füttern mit tief gehaltener Flasche führt wieder zur Entspannung. Zum Ende der Fütterung, wenn die Flasche schon fast leer ist und hochgehalten werden muss, damit der Sauger mit Milch befüllt wird, soll der Oberkörper des Babys nach hinten gesenkt werden, damit der Kopf und der Körper weiterhin in einer Linie bleiben. Gleichzeitig ist es nicht erforderlich, die Flasche zu leeren. Wenn das Kind nicht mehr aktiv saugt, dann sollte es keine Milch mehr erhalten, auch wenn sich in der Flasche noch Milch befindet.
Manche Stillberaterinnen empfehlen, die Flasche zuerst gesenkt zu halten und erst zu heben, wenn das Baby angefangen hat zu saugen. Das imitiert die Funktionsweise der Brust, aus der die Milch nicht gleich kommt, sondern erst nach den ersten Sauganstrengungen. Hört das Baby auf, aktiv zu saugen, dann soll die Flasche wieder gesenkt werden.
Das folgende Video demonstriert die beschriebene „Paced Bottle Feeding“ (Baby-angepasste Flaschenfütterung), bei der das Baby die Fließgeschwindigkeit kontrolliert (Englisch). Ein weiteres Video (ebenfalls Englisch) zeigt ein jüngeres Baby. In einem der Videos wird eins der Babys gepuckt. Pucken hat den Nachteil, dass die Signale des Babys (Hunger, Sättigung, Stress) weniger gut erkannt werden können und dass falsches Pucken dem Baby Stress bereitet.
Quellen:
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- Both D, Frischknecht K: Stillen kompakt. Atlas zur Diagnostik und Therapie in der Stillberatung. Urban und Fischer 2007
WEITERE ONLINE-PUBLIKATIONEN ZUM THEMA:
- Guóth-Gumberger M: An der Brust satt werden. Stillen mit dem Brusternährungsset
- Guóth-Gumberger M: Wie zufüttern, um das Stillen zu schützen?
- Guóth-Gumberger M: Elterninfo – Stillen mit dem Brusternährungsset
- WHO/UNICEF-Initiative Babyfreundliches Krankenhaus: Mit Nähe zum Baby die Flasche geben.
- ELACTA: Achtsames und bedürfnisorientiertes Füttern mit der Flasche
- Europäisches Institut für Stillen und Laktation: Empfehlungen zum Finger-Feeding – ein Statement
- Laktation & Stillen, Elternhandout: Die Sache mit dem Schnuller
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