– Stillen ohne Schwangerschaft und Geburt –
Stillen und die Bildung von Muttermilch sind ein Stück weit auch ohne Schwangerschaft und Geburt möglich und nicht nur leiblichen Müttern vorbehalten. Auch Adoptivmütter können ihren Babys die Brust anbieten und sie ggf. an der Brust ernähren, z.B. mit dem Brusternährungsset. Zwar stellt das Erreichen von ausschließlichem Stillen bei einer induzierten Laktation eher die Ausnahme dar, doch das Stillen unterstützt den Aufbau der Bindung zwischen Adoptivmutter und -kind. Einige Mütter, die kein Baby austragen konnten, erleben das Stillen ihres Kindes als etwas Heilsames. Die oft geringen Milchmengen sind dabei in der Regel zweitrangig.
Die Möglichkeiten und Zielsetzungen von induzierter Laktation und Adoptivstillen hängen von der konkreten Situation der Familien ab. Es kann sich z.B. um eine klassische Adoption handeln, Leihmutterschaft oder Co-Stillen durch zwei Mütter.
In muslimischen Gemeinschaften kann das Stillen eines Adoptivkindes oder das Verabreichen von Muttermilch das sogenannte Mahram-Verhältnis begründen. Dadurch ist es in diesen Gemeinschaften möglich, das adoptierte Kind wie ein leibliches Kind zu behandeln und vollständig in die Familie zu integrieren.
Inhaltsübersicht:
- Situationen der induzierten Laktation und des Adoptivstillens
- Mechanische Induktion der Milchbildung
- Medikamentöse Unterstützung der Induktion
- Welche Milchmengen sind nach induzierter Laktation realistisch?
- Stillen und Brusternährung ohne wesentliche Milchbildung
- Gewöhnung des adoptierten Babys an die Brust
- Schmerzen und wunde Brustwarzen
- Milch der leiblichen / austragenden Mutter
- Stillen und induzierte Laktation in muslimischen Gemeinschaften
- Stillen durch zwei Mütter
- Die Adoptivmutter stillt noch ein weiteres Kind
Situationen der induzierten Laktation und des Adoptivstillens
Die erreichbaren Ziele beim Adoptivstillen unterscheiden sich von der Situation der Familie:
- Bei einer klassischen, in Deutschland legalen Adoption erfahren die Eltern oft erst kurzfristig von der Ankunft des Kindes in der Familie. Zudem gibt es eine Übergangsphase von mindestens zwei Monaten, in der sich die leiblichen Eltern doch für ihr Kind und gegen die Adoption entscheiden können. Somit bleibt es lange unsicher, ob das Kind in der Familie bleibt. Eine Vorausplanung ist meist nicht möglich. Die Kinder sind dann oft schon etwas älter und nicht mehr im Neugeborenen- oder Säuglingsalter, wodurch die Etablierung des Stillens eine große Herausforderung sein kann und oft nicht mehr möglich ist. Je nach dem Alter des Kindes und seiner Vorgeschichte kann versucht werden, ihm die Brust regelmäßig anzubieten, ohne und mit Zufütterung an der Brust. Akzeptiert das Kind die Brust und saugt regelmäßig, dann kann mit der Zeit auch eine gewisse Milchbildung in Gang kommen. Unabhängig von der Milchmenge können die Stillbeziehung und die dadurch gestärkte Mutter-Kind-Bindung dann noch viele Monate oder Jahre genossen werden.
- In manchen ausländischen Staaten wird eine verbindliche Adoptionsregelung unter Umständen bereits während der Schwangerschaft getroffen, sodass die Adoptiveltern gut vorausplanen können. Wenn ein neugeborenes Baby in die Familie kommt, akzeptiert es in der Regel die Brust der Adoptivmutter gut.
- Ähnlich wie bei einer verbindlichen Adoptionsregelung in der Schwangerschaft gestaltet sich die Situation bei Eltern, die für das Austragen ihres Kindes eine Leihmutter in Anspruch nehmen. Zwar ist Leihmutterschaft in Deutschland gesetzlich noch nicht zugelassen, aber manche Familien greifen auf diese Möglichkeit im Ausland zurück. Hier haben die Eltern viel Zeit, sich auf die Ankunft des Babys und das Stillen vorzubereiten, sodass die Brust der Mutter mithilfe von Medikamenten und Bruststimulation in der Schwangerschaft auf die Milchbildung vorbereitet werden kann. Wenn das Baby auf die Welt kommt, kann es eventuell vom ersten Tag an Muttermilch der Adoptivmutter erhalten. Neugeborene Babys akzeptieren außerdem die Brust der Adoptivmutter, sodass Stillen oft möglich ist, wenn auch Zufütterung meist erforderlich bleibt.
- Wenn die Partnerin einer schwangeren Frau das Baby stillen möchte, kann sie ebenfalls gut planen und sich auf die Stillzeit vorbereiten.
Mechanische Induktion der Milchbildung
Je häufiger, effektiver und länger die Brust stimuliert wird, umso besser wird die Milchbildung induziert. Vor der Ankunft des Babys oder wenn das Baby noch nicht an der Brust saugt, kann die Milchbildung per Brustmassage, Pumpen und manueller Milchgewinnung stimuliert werden (s. auch Abpumpen und Aufbewahren von Muttermilch und den Premium-Beitrag Brustmassage und Kolostrumgewinnung mit Videos (die Technik ist bei induzierter Laktation identisch).
Ist es bekannt, wann das Baby ankommt, kann mehrere Wochen oder 1-2 Monate vor dem Termin mit der Induktion der Milchbildung durch häufige Bruststimulationen begonnen werden. So besteht die Chance, dass bis zur Ankunft des Babys bereits etwas Muttermilch gebildet wird. Länger als 4-8 Wochen regelmäßige Bruststimulation vor der Geburt sind unüblich, weil viele Frauen dann erschöpft und demotiviert sind.
Es ist nicht zwingend erforderlich, mit der Induktion vor der Ankunft des Kindes zu beginnen. Zwar besteht dann die Chance, dass die Frau bei der Ankunft des Kindes bereits etwas Muttermilch bildet, welche dem Kind dann von Anfang an zugute kommt. In manchen Situationen ist es jedoch sinnvoller, zuerst abzuwarten, dass das Kind in der Familie ankommt.
Babys trinken im Durchschnitt 8-12-mal innerhalb von 24 Stunden an der Brust, auch nachts. Diese Häufigkeit von Saugen, Pumpen und Handgewinnung mit mindestens einer Stimulation nachts hilft auch, die Milchbildung zu induzieren. Wenn diese Häufigkeit langfristig schwer umzusetzen ist, ist seltenere Stimulierung besser als die Stimulierung ganz aufzugeben – so oft es für die individuelle Frau umsetzbar ist. Sehr häufige Bruststimulationen oder häufiges Stillen, bis zu mehrmals pro Stunde rund um die Uhr, sind wiederum möglich und sinnvoll, soweit umsetzbar. Die Gesamtmilchmenge, die gewonnen oder vom Baby getrunken wird, nimmt durch sehr häufige Stimulierungen tendenziell zu.
Für die Pumpstimulation reichen pro Sitzung in der Regel 5-7 Minuten, bis die Milchbildung so weit in Gang kommt, dass für eine weitgehende Brustentleerung mehr Zeit benötigt wird. Vor dem Pumpen und der manuellen Milchgewinnung sollte immer eine sanfte Brustmassage erfolgen, um den Milchspendereflex auszulösen.
Vorschlag für die mechanische Induktion vor der Ankunft des Babys | |
8-12-mal / 24 Stunden: ● sanfte Brustmassage ● Doppelpumpen für 5-7 Minuten |
Steigerung der Milchmenge
Es kann bei regelmäßiger Bruststimulation einige Tage bis Wochen dauern, bis sich erste Tropfen Muttermilch bilden. Diese sind am Anfang klar und wässrig. Einige Tage bis Wochen später werden die Tropfen zunehmend weiß und undurchsichtig und entwickeln sich ggf. zu einem Milchstrahl. Allerdings kommen manche Frauen auch langfristig nicht über einzelne Milchtropfen pro Stimulation hinaus. Auch das ist wertvoll, jeder Tropfen zählt.
Die Brust kann mit der beginnenden Milchbildung voller, schwerer und empfindlicher werden. Ein Milcheinschuss wie nach einer physiologischen Geburt findet jedoch nicht statt.
Falls die Milch beginnt zu fließen, dann kommt es neben der Fortsetzung der regelmäßigen Bruststimulation nach Möglichkeit mind. 8-12x / 24 Stunden darauf an, die Brust möglichst maximal zu entleeren. Dies gibt der Brust das Zeichen, dass mehr Milch benötigt wird.
Zur maximalen Brustentleerung kann während des Pumpens, nachdem der Milchfluss nachgelassen hat, Brustkompression ausgeübt und die Brust anschließend manuell entleert werden (Hands-on-Pumping). Eine Alternative zur Handgewinnung ist PowerPumping, bei der mehrere kurze Stimulationen per Pumpe hintereinander erfolgen, unterbrochen durch Pausen für eine sanfte Brustmassage, ein Glas Wasser oder andere Tätigkeiten. Hands-on-Pumping und PowerPumping können idealerweise ein- bis mehrmals am Tag, bei geringeren Zeitressourcen seltener, z.B. nur alle 2 Tage eingebaut werden.
Vorschlag für die mechanische Steigerung der Milchmenge vor der Ankunft des Babys | |
8-12-mal / 24 Stunden: ● sanfte Brustmassage ● Doppelpumpen solange Milch fließt, mind. für 5-7 Minuten ● Brustkompression während des Pumpens ● falls Zeit vorhanden: anschließende manuelle Milchgewinnung an beiden Seiten ● alternativ, falls Zeit vorhanden: PowerPumping |
Die Wahl der Pumpe
Über manche Apotheken und auch online können elektrische Doppelmilch-Intervallpumpen für eine effektive Bruststimulation gemietet werden. Zusätzlich sind im Handel batteriebetriebene tragbare Doppelpumpen verfügbar, die in den BH gelegt werden können, sodass das Pumpen gut in den Alltag integriert und diskret durchgeführt werden kann (s. auch Welche Pumpe für welchen Zweck?).
Induktion und Berufstätigkeit
Berufstätige Frauen können ihre nach Möglichkeit mindestens 8-12 Bruststimulationen am Tag so verteilen, dass sie während ihrer Berufstätigkeit nur einzelne Male stimulieren, vor und vor allem nach der Arbeit jedoch sehr häufig und auch möglichst nachts 1-2-mal. Diskretes Doppelpumpen ist auch unter der Arbeitskleidung mit Milchpumpen möglich, die in den BH gelegt werden können. Zu Hause kann dann mit den gemieteten Intervallpumpen stimuliert werden, die einen stärkeren Motor haben.
Das Mutterschutzgesetz sichert stillenden Müttern bezahlte Pump- oder Stillpausen zu (s. Stillen im neuen Mutterschutzgesetz), berücksichtigt Pumpen vor der Geburt bzw. der Ankunft des Kindes bei induzierter Laktation jedoch nicht. Manche Arbeitgeber könnten die induzierte Laktation trotzdem unterstützen. Die Bruststimulation kann außerdem in die üblichen gesetzlichen Arbeitspausen gelegt werden, sie kann jeweils in weniger als 10 Minuten erfolgen.
Die gewonnene Milch sammeln
Während des Wartens auf die Ankunft des Kindes kann die während der Induktion gewonnene Muttermilch gesammelt und im Tiefkühlfach aufbewahrt werden (s. Aufbewahrung von Muttermilch). Jeder Tropfen Muttermilch zählt und kommt der Gesundheit des Kindes zugute. Die an einem Tag gewonnene Muttermilch kann gemeinsam eingefroren werden. Dazu wird die Milch in einem geeigneten Gefäß gleich nach der Gewinnung in den Kühlschrank gelegt. Weitere Milchtropfen im Laufe des Tages werden hinzugegeben und am Ende des Tages eingefroren. Die Gefäße sollten mit dem Datum beschriftet werden, um sie in der Reihenfolge ihrer Gewinnung aufzubrauchen, sobald das Baby da ist.
Geeignete Gefäße wären z.B. 1-ml-Spritzen für die Sammlung und das Einfrieren von Muttermilch (z.B. Sterifeed Colostrum Collector oder ENFITTM Konnekion von PFM Medical), Eiswürfelbecher oder Muttermilchaufbewahrungsbeutel aus Drogerien oder Apotheken, je nach der gewonnenen Milchmenge pro Tag.
Induktion der Laktation durch das Baby
Nicht immer kann mit der Induktion bereits vor der Ankunft des Babys begonnen werden und es ist auch nicht zwingend erforderlich. Nach seiner Ankunft regt idealerweise das Baby die Milchbildung an, indem es häufig, idealerweise mindestens 8-12-mal in 24 Stunden an der Brust saugt. Wenn das Baby an der Brust zugefüttert wird, wird es länger und ausdauernder an der Brust trinken und die Milchbildung effektiver induzieren als ohne Zufütterung an der Brust. Doch auch ohne Zufütterung kann die Brust dem Baby häufig angeboten werden.
Sobald das Baby regelmäßig an der Brust saugt, können das Pumpen und die manuelle Milchgewinnung eingestellt werden, falls diese vor der Geburt praktiziert wurden. Falls die Gewöhnung an die Brust längere Zeit in Anspruch nimmt, kann das Pumpen fortgesetzt werden, soweit die Mutter hierzu – neben der anspruchsvollen Betreuung des Kindes – noch Zeit und Kraft hat. Doch abrupt soll die Milchgewinnung nicht eingestellt werden: Auch bei geringer Milchbildung im Zuge einer induzierten Laktation können sich Milchstaus und Brustentzündungen entwickeln.
Medikamentöse Unterstützung der Induktion
Vor allem in den USA und Kanada wird die mechanische Induktion der Laktation öfter medikamentös unterstützt. Dafür haben der kanadische Kinderarzt und Laktationsberater Jack Newman und die Adoptivmutter und Still- und Laktationsberaterin IBCLC Lenore Goldfarb vor über 20 Jahren ein eigenes Protokoll entwickelt, das so genannte Newman-Goldfarb-Protokoll, das weltweit von vielen ärztlichen Laktationsberater*innen zur Induktion der Laktation herangezogen wird. Im deutschen Sprachraum ist die medikamentöse Unterstützung der Induktion wenig bekannt. Einerseits ist es schwierig, Ärzte zu finden, die der Frau die benötigten Medikamente verschreiben, zumal die Unterstützung der Laktation außerhalb der behördlich zugelassenen Indikationsgebiete liegt (“off label”). Andererseits findet in Deutschland meist eine klassische Adoption statt, bei der die Ankunft und das Alter des Kindes wenig vorhersehbar sind und somit keine Vorausplanung möglich ist. In letzter Zeit werden Adoptionen über Leihmutterschaft und gleichgeschlechtliche Partnerschaften häufiger und es besteht auch hierzulande zunehmend Interesse an der medikamentös unterstützten Induktion. Es gibt in Deutschland einzelne Ärzt*innen mit der Zusatzausbildung IBCLC, die die medikamentös unterstützte Induktion begleiten und die benötigten Medikamente verschreiben.
Die medikamentös unterstützte Induktion imitiert die Schwangerschaft, die Geburt und die Laktation, um die Brust zur Ausdifferenzierung von laktierendem Drüsengewebe und zum Start der Milchbildung anzuregen. Um eine Schwangerschaft zu simulieren, erhält die Frau Östrogene und Gestagene, die in der kombinierten Antibabypille enthalten sind (im Newman-Goldfarb-Protokoll 0,03 mg Ethinylestradiol und 3 mg Drospirenon pro Tag). Die Antibabypille wird jedoch anders als zur Verhütung durchgehend, ohne Pause, genommen. Auch Domperidon, ein Medikament, das den Prolaktinspiegel erhöht, wird bereits während der simulierten Schwangerschaft genommen (im Newman-Goldfarb-Protokoll in einer Dosis von 4 x 20 mg pro Tag; s. hier mehr zu Domperidon und weiteren Galaktagoga).
Die Geburt wird simuliert, indem die kombinierte Antibabypille abgesetzt und mit der Bruststimulation durch Handgewinnung und Pumpen begonnen wird, in der Regel 6 Wochen vor dem voraussichtlichen Entbindungstermin, um ausreichend Zeit für den Aufbau der Milchbildung zu haben, die bei einer induzierten Laktation viel langsamer verläuft und geringer ausfällt als nach einer natürlichen Schwangerschaft und Geburt. Die Einnahme von Domperidon wird fortgesetzt, pflanzliche Galaktagoga (z.B. Bockshornkleesamen-, Mariendistel- und Shatavari-Extrakte) werden häufig ergänzt.
Möglichkeiten der medikamentösen Unterstützung der Induktion | |
Zur Heranreifung der Brustdrüse – falls die Ankunft des Neugeborenen viele Monate im Voraus bekannt ist: ● kombinierte Antibabypille ● Beginn: 1,5 bis 6 Monate vor dem voraussichtlichen Entbindungstermin (mutmaßlich je länger, umso besser) ● Stoppen: 6 Wochen vor dem voraussichtlichen Entbindungstermin oder, wenn weniger Zeit zur Verfügung steht, nach 30 Tagen Galaktagoga zur Steigerung der Milchmenge: |
Der Zeitplan der medikamentösen Unterstützung
Die besten Ergebnisse bezüglich Milchbildung werden mutmaßlich erzielt, wenn die Frau die Medikamente über viele Monate vor der Ankunft des Babys nimmt. So hat die Brust Zeit, zur Milchbildung heranzureifen. Im Newman-Goldfarb-Protokoll sind hierfür 6 Monate vorgesehen. Es gibt jedoch auch ein beschleunigtes Protokoll für den Fall, dass nur 1-2 Monate zur Vorbereitung zur Verfügung stehen. Wenn nur wenig Zeit vor dem voraussichtlichen Entbindungstermin besteht, wird auf die Antibabypille verzichtet und direkt mit der Bruststimulation, unterstützt durch Domperidon und pflanzliche Galaktagoga, gestartet.
Ausschlusskriterien
Die medikamentöse Unterstützung kommt nicht für jede Frau in Frage. Bei manchen Frauen ist sie medizinisch kontraindiziert. Vor der eventuellen Verschreibung erhebt die Ärztin / der Arzt eine ausführliche Anamnese und veranlasst ggf. eine körperliche Untersuchung.
Frauen über 35 Jahre haben z.B. ein erhöhtes Risiko für Thromboembolien, weshalb die kombinierte Antibabypille in der Regel nicht infrage kommt. In solchen Fällen gibt es auch die Möglichkeit, auf Östrogene zu verzichten und nur Progesteron zu verwenden, um auf diese Weise die Heranreifung des Brustdrüsengewebes zu fördern.
Domperidon ist insbesondere bei Erkrankungen des Herzens, der Leber und der Niere kontraindiziert. Manche Ärztinnen veranlassen vor der Verschreibung eine kardiologische Untersuchung der Frau. Auch bei psychiatrischen Vorerkrankungen wird Domperidon nur unter Vorbehalt verschrieben (mehr dazu im Abschnitt Galaktagoga).
Die Medikamente können auch bei gesunden Frauen unerwünschte Wirkungen haben, die sie eventuell nicht in Kauf nehmen möchten, insbesondere in Hinblick auf die langfristige Anwendung, auch wenn die Milchbildung ohne medikamentöse Unterstützung geringer ausfällt. Auch ohne medikamentöse Unterstützung der Milchbildung können lange und bereichernde Stillbeziehungen entstehen.
Vor allem bei klassischen Adoptionen ist es zudem meist ungewiss, ob und wann ein Kind in die Familie kommt, sodass eine medikamentöse Vorbereitung der Brust nicht sinnvoll ist.
Domperidon nach der Ankunft des Babys
Domperidon und pflanzliche Galaktagoga können unabhängig davon, ob eine medikamentöse Vorbereitung der Brust stattgefunden hat, auch nach der Ankunft des Babys genommen werden, um die Milchbildung neben der häufigen Bruststimulation bzw. dem häufigen Anlegen des Babys zu unterstützen, falls die Mutter dies wünscht, potenzielle Nebenwirkungen in Kauf nimmt und eine Ärztin / einen Arzt findet, der Domperidon verschreibt.
Gemäß dem Newman-Goldfarb-Protokoll wird Domperidon so lange eingenommen, bis die gewünschte oder realistischerweise erreichbare Milchmenge erzielt wurde oder sogar bis zum Abstillen, da sich die Milchmenge nach Absetzen von Domperidon in der Regel verringert. Die im Newman-Goldfarb-Protokoll vorgeschlagene Einnahmedauer von Domperidon ist somit viel länger als in Studien untersucht und in der Regel empfohlen. Eine sinnvolle Möglichkeit ist es, Domperidon nach der Einführung von Beikost ganz langsam auszuschleichen, weil das Kind zunehmend durch Beikost satt wird und die emotionale Bedeutung des Stillens in den Vordergrund tritt.
Gelegentlich entwickeln Frauen nach dem Absetzen von Domperidon psychiatrische Symptome wie Depressionen, Schlaflosigkeit, Angstzustände und Unruhe. Diese Symptome traten in erster Linie bei Frauen auf, die hohe Dosen über eine lange Zeit einnahmen, wie im Newman-Goldfarb-Protokoll empfohlen. Auch aus diesem Grund sollte Domperidon nur ganz langsam reduziert werden, um 10 mg pro Woche. Möglicherweise haben Frauen mit vorbestehenden psychischen Störungen ein erhöhtes Risiko, diese Entzugssymptome zu entwickeln. Daher sollte die Einnahme in diesen Fällen besonders gut überlegt werden, vor allem in hohen Dosierungen.
Eine gewisse milchbildungssteigernde Wirkung von Domperidon in einer Dosis von 3 x 10 mg ist wissenschaftlich belegt. Die im Newman-Goldfarb-Protokoll empfohlene Dosierung von 4 x 20 mg am Tag wurde in Studien nicht untersucht. Es gibt zwei kleine Studien, die 60 mg mit 30 mg Domperidon pro Tag verglichen, mit widersprüchlichen Ergebnissen. Daher ist es bislang ungewiss, ob höhere Dosen tatsächlich zu höheren Milchmengen führen. Über die Dosierung entscheidet schließlich die verschreibende Ärztin zusammen mit der Mutter.
Welche Milchmengen sind bei induzierter Laktation realistisch?
Anders als nach natürlichen Schwangerschaften und Geburten, bei denen die Milchmenge wenige Tage nach der Geburt im Rahmen des Milcheinschusses steil ansteigt, lässt sich die Milchmenge bei einer induzierten Laktation nur extrem langsam durch regelmäßige Bruststimulation steigern. Wissenschaftliche Studien, welche die erreichten Milchmengen bei induzierter Laktation systematisch dokumentieren und mögliche Einflussfaktoren identifizieren, wurden bislang nicht durchgeführt. Es gibt jedoch Fallbeispiele und Angaben von Stillberaterinnen, die adoptivstillende Mütter begleitet haben. Berichtet wird sowohl von maximal einzelnen Milchtropfen trotz langer und intensiver Bruststimulation bis zum Vollstillen in manchen Fällen.
Oft finden sich in der Literatur tägliche Milchmengen <100-150 ml am Tag, in Einzelfällen bis zu 300 ml/Tag. Nach langer medikamentösen Induktion kann die Milchmenge unter Umständen höher ausfallen, aber nicht bei jeder Frau. Manche Frauen kommen über einzelne Tropfen auch langfristig nicht hinaus. Durchschnittlich trinken Babys 750-800 ml Milch/Tag (Spannweite: <500 ml bis > 1300 ml). Das heißt, das Kind bleibt in der Regel größtenteils auf industrielle Säuglingsmilch oder die Milch der austragenden Mutter mit angewiesen.
Jeder Tropfen Muttermilch enthält Millionen von Immunfaktoren, die die Gesundheit des Kindes unterstützen. Auch die Mutter profitiert gesundheitlich vom Stillen. Daher ist auch Teilstillen ist von unschätzbarem Wert (s. Warum Stillen so wichtig ist).
Ein wesentlicher Einflussfaktor für die gebildete Milchmenge ist, ob eine Frau bereits eigene Kinder ausschließlich gestillt hat, da sich die Brustdrüsen an vergangene Milchbildungen erinnern. Daher sprechen manche Fachleute in solchen Fällen nicht von induzierter Laktation, sondern von Relaktation. Das Alter der Frau spielt ebenfalls eine Rolle: Nach der Menopause sollen nennenswerte Milchmengen nur noch selten erreicht werden, selbst bei Frauen, die ihre leiblichen Kinder früher mühelos gestillt haben. Auch bereits vor der Menopause kann die Laktationsfähigkeit der Frau mit dem Alter abnehmen. Sollte eine Grunderkrankung dazu geführt haben, dass eine Frau keine eigenen Kinder bekommen konnte, kann sich dies möglicherweise auch auf ihre Laktationsfähigkeit auswirken. Gesunde, normalgewichtige, junge Frauen mit gesunden Brüsten können mutmaßlich höhere Milchmengen erreichen.
Stillen und Brusternährung ohne wesentliche Milchbildung
Stillen hilft, die Beziehung zwischen Mutter und Kind zu stärken und ist weit mehr als die Ernährung eines Kindes. Daher kommt es nicht in erster Linie auf die gebildeten Milchmengen an. Das Nuckeln an der Brust verschafft Babys Wohlbefinden, Trost und Beruhigung und hilft beim Einschlafen. Die Mutter erlebt, wie sie die Bedürfnisse ihres Babys an der Brust befriedigen kann. Auch wenn die Adoptivmutter keine Milch bildet, kann sie ihre Brust ihrem Kind anbieten.
Das Kind wird die Brust mit höherer Wahrscheinlichkeit annehmen, wenn es noch jung ist und keine anderen Saugobjekte wie Schnuller oder Flasche erhält und zur Befriedigung seines Saugbedürfnisses nur die Brust angeboten bekommt.
Die Milch kann dem Kind aus einem Becher gegeben werden. Mit etwas Routine kann ein Baby genauso effektiv aus einem Becher gefüttert werden wie mit der Flasche. Im Falle einer Becherfütterung ist es wichtig, dem Baby die Brust rund um die Uhr sehr häufig zum Wohlbefinden und zur Befriedigung seines Saugbedürfnisses anzubieten. Saugen ist bei Babys ein Grundbedürfnis.
Die Mutter kann sich auch entscheiden, ihr Baby an der Brust zuzufüttern. In den ersten Tagen, wenn Babys noch geringe Milchmengen brauchen, kann die Zufütterung an der Brust mithilfe einer Spritze und einer kurzen Sonde stattfinden. Die Milchmenge, die das Neugeborene braucht, nimmt anschließend von Tag zu Tag zu. Nach den ersten Tagen kann die Zufütterung an der Brust mithilfe einer Sonde und einem Milchbehälter oder dem Brusternährungsset stattfinden.
Durch Zufütterung an der Brust saugt das Baby länger und ausdauernder an der Brust und auch sein Saugbedürfnis wird während der Brusternährung befriedigt. Dennoch kann die Brust auch in diesem Fall zusätzlich häufig zur Beruhigung und Einschlafbegleitung angeboten werden.
Nach der Einführung von Beikost und dem allmählichen Weglassen der industriellen Säuglingsmilch kann das Stillen noch viele Monate oder Jahre zur Einschlafbegleitung, zur Beruhigung und zum gemeinsamen Wohlbefinden beibehalten werden (s. Was steckt hinter Langzeitstillen?). Die emotionale Bedeutung des Stillens kann noch lange erhalten bleiben.
Gewöhnung des Adoptivkindes an die Brust
Am einfachsten ist die Gewöhnung eines Babys an die Brust, wenn es gleich nach der Geburt zur Adoptivmutter kommt. Die Adoptivmutter kann mit ihrem Kind möglichst rund um die Uhr Haut-an-Haut kuscheln. Neugeborene suchen intuitiv nach der Brust und saugen daran. Mithilfe einer Sonde und Spritze und später eines Milchbehälters / Brusternährungssets kann das Baby dann auch direkt an der Brust ernährt werden.
Wurde die Milchbildung vorher bereits induziert, bekommt das Baby beim Saugen auch ohne Zufütterung etwas Muttermilch. In den ersten Tagen nach der Geburt kann auch eine geringere Milchbildung ausreichen, um den Milchbedarf des Babys zu decken. Mit zunehmendem Milchbedarf des Babys wird in der Regel Zufütterung erforderlich (s. Milchbildung in den ersten Tagen).
Ist das Baby mehrere Monate alt, wenn es in die Familie kommt, und wurde es bis dahin mit der Flasche ernährt, braucht die Umgewöhnung viel Ausdauer, Geduld und Hartnäckigkeit. Junge Babys im Alter von 1-2 Monaten können am leichtesten an die Brust gewöhnt werden. Mit etwa 3 Monaten machen Babys einen Entwicklungsschritt, der die Umgewöhnung an die Brust deutlich erschwert. Es gibt aber Fallbeispiele, in denen auch deutlich ältere Babys noch an die Brust gewöhnt werden konnten. Nicht immer gelingt es allerdings, ein Kind an die Brust zu gewöhnen.
Auch bei älteren Babys wird die Gewöhnung an die Brust durch ausgiebigen Haut-an-Haut-Kontakt über viele Stunden und ungehinderten Zugang zur Brust unterstützt. Der Haut-an-Haut-Kontakt fördert das Wohlbefinden und die Bindung, auch wenn es schließlich nicht zum Stillen kommen sollte. Saugobjekte können reduziert oder weggelassen werden, um das Interesse des Babys an der Brust zu fördern. Es kann auch Milch an die Brustwarze geträufelt werden, damit das Baby es riecht und ableckt und sein Interesse geweckt wird. Manche flaschengwohnte Babys akzeptieren die Brust am ehesten mit Stillhütchen, weil sie der Flasche am ähnlichsten sind (s. den Beitrag Das Baby von der Flasche an die Brust gewöhnen).
Solange das Baby noch nicht oder nicht effektiv an der Brust trinkt, kann das häufige Pumpen beibehalten werden, um die Milchbildung aufrechtzuerhalten und ggf. weiter zu steigern, soweit dies neben der anspruchsvollen Betreuung des Kindes praktisch umsetzbar ist.
Schmerzen und wunde Brustwarzen
Selbst bei leiblichen stillenden Müttern kommen Schmerzen beim Stillen und wunde Brustwarzen häufig vor. Stillende Adoptivmütter können ebenfalls betroffen sein. Folgende Maßnahmen können helfen, Schmerzen zu vermeiden:
- Während der Bruststimulation durch Pumpen sollten die Pumphauben passend zur individuellen Brust der Mutter gewählt und stets zentriert aufgesetzt werden. Das Pumpvakuum soll bis zur maximalen Stärke eingestellt werden, die jedoch noch schmerzfrei ist. Statt lange am Stück, sollte lieber häufiger und kürzer gepumpt werden, um Schmerzen und Gewebeschädigungen zu vermeiden. 5-7 Minuten pro Pumpsitzung reichen meist, bis die Milchbildung soweit aufgebaut ist, dass die Milch länger fließt. Aber auch in dieser Situation können Pausen für ein Glas Wasser und eine Brustmassage eingelegt werden, bis man weiterpumpt.
- Die Brustmassage und die manuelle Gewinnung müssen sanft, ohne Schmerzen durchgeführt werden, um Schäden an der Haut und im Brustgewebe zu vermeiden.
- Beim Stillen ist auf ein gutes Anlegen zu achten.
- Bei Adoptivmüttern kommt noch hinzu, dass sie oft keine oder nur geringe Mengen Milch bilden, sodass das Baby an der Brust möglicherweise ein höheres Vakuum erzeugt, als wenn viel Milch fließt. Bei Zufütterung an der Brust fließt Milch aus der Sonde, was zur Entlastung führt. Wird nicht an der Brust zugefüttert, dann ist es bei schmerzhaftem Stillen besser, die Brust einem eher satten Kind anzubieten, damit es nur nuckelt und kein starkes Vakuum erzeugt. Häufigere und kürzere Saugepisoden sind für die Brustwarzen außerdem weniger belastend als seltenere, aber längere.
- Angetrocknete Muttermilch und Salben aus Lanolin oder pflanzlichen Ölen und Fetten pflegen die Haut der empfindlichen Brustwarzen. Viel frische Luft und indirektes Sonnenlicht hält die Brustwarzen zusätzlich gesund.
Milch der leiblichen / austragenden Mutter
Möglicherweise ist die leibliche bzw. austragende Mutter bereit, für das neugeborene Baby Kolostrum zu gewinnen. Kolostrum ist besonders wertvoll für das Immunsystem des Neugeborenen und wird nur während der Schwangerschaft der leiblichen / austragenden Mutter gebildet, im Zuge einer induzierten Laktation jedoch nicht.
Vielleicht kommt es auch in Frage, dass die leibliche / austragende Mutter ihre Milch dem Baby auch länger zur Verfügung stellt, damit es in der ersten Zeit keine oder weniger künstliche Säuglingsnahrung braucht.
Bei einer eventuellen Substanz-Abhängigkeit der leiblichen Mutter kann bei einer embryotoxikologischen Beratungsstelle abgeklärt werden, ob die Gabe von Kolostrum sinnvoll ist.
Stillen und induzierte Laktation in muslimischen Gemeinschaften
In muslimischen Gemeinschaften haben das Stillen eines Adoptivkindes und die induzierte Laktation eine besondere Bedeutung, da sie das so genannte Mahram-Verhältnis begründen. Das Mahram-Verhältnis ermöglicht es, das adoptierte Kind wie ein blutsverwandtes zu behandeln, und erlaubt engere Interaktionen innerhalb der Familie ohne Einschränkungen. Hierfür muss das Kind 5 oder mehr sättigende Mahlzeiten mit der Milch der adoptierenden Frau erhalten, und zwar innerhalb des Zeitraums, in dem das Kind normalerweise durch Stillen ernährt wird. Dieser Zeitraum wird üblicherweise mit 2 Jahren definiert. Durchschnittlich trinken Stillkinder etwa 80 ml Muttermilch pro Stillmahlzeit.
Auch wenn das adoptierte Kind bereits zu alt ist, um es erfolgreich an die Brust zu gewöhnen, kann es auch mit der Flasche oder aus einem Becher mit der durch Induktion gewonnenen und gesammelten Muttermilch der Frau gefüttert werden, um das Mahram-Verhältnis zu begründen. Geht das Baby an die Brust, kann es gesammelte Muttermilch auch mit dem Brusternährungsset zugefüttert bekommen, um eine sättigende Mahlzeit zu erhalten.
Stillen durch zwei Mütter
Co-Stillen durch zwei Mütter ist ein eigenes Kapitel für sich. Mögliche Szenarien sind unter anderem:
- Die austragende Mutter stillt voll, die Partnerin nimmt das satte Baby zur Beruhigung oder Einschlafbegleitung gelegentlich an die Brust und verzichtet auf die Induktion ihrer eigenen Laktation.
- Beide Mütter bilden Milch und stillen, nachdem die Partnerin ihre Milchbildung vor der Geburt medikamentös und/oder durch regelmäßige Bruststimulation induziert hat.
- Die austragende Mutter verzichtet auf das Stillen, ihre Partnerin übernimmt das Stillen allein.
In allen drei Situationen ist es hilfreich, wenn das Baby die ersten Male hauptsächlich von der austragenden Mutter gestillt wird, damit es das wertvolle, für das Immunsystem des Babys wichtige Kolostrum erhält, welches nur in der Schwangerschaft gebildet wird, nicht jedoch bei der induzierten Laktation. Falls die austragende Mutter im Falle 3 ihr Baby gar nicht stillen möchte, kann sie das Kolostrum per Hand und Pumpe gewinnen. Falls es für sie einrichtbar ist, kann sie ihre wertvolle Muttermilch auch noch länger zur Verfügung stellen, die dann ggf. von der anderen Mutter an der Brust zugefüttert oder z.B. mit einem Löffel oder aus einem Becher gegeben wird.
In den Fällen 1 und 2, wo beide Mütter regelmäßig anlegen, ist es wichtig, der austragenden Mutter die Gelegenheit zu geben, ihre eigene Milchbildung aufzubauen, indem sie rund um die Uhr häufig, mindestens 8-12-mal in 24 Stunden stillt, auch nachts. Übernimmt die Partnerin das Stillen bereits am Anfang sehr häufig, dann verpasst die austragende Mutter das kritische Zeitfenster für den Aufbau ihrer eigenen Milchbildung und das Kind muss ggf. durch künstliche Säuglingsnahrung zugefüttert werden, weil die Gesamtmilchmenge der beiden Mütter zur Ernährung des Kindes nicht ausreicht. Daher kann es sinnvoll sein, wenn in den ersten Wochen zuerst und hauptsächlich die austragende Mutter stillt, bis ihre Milchbildung aufgebaut ist, damit das Kind ausschließlich die Milch ihrer beiden Mütter bekommt und nicht mit industrieller Säuglingsmilch zugefüttert werden muss. Es dauert etwa 3 bis 8 Wochen, bis eine Mutter nach der Geburt ihre volle Milchbildung erreicht, anschließend bleibt die täglich gebildete Milchmenge bis zur Einführung von Beikost im Wesentlichen konstant. Die beiden Mütter können das Stillen untereinander aufteilen, sodass das Baby nach Möglichkeit ausschließlich mit Muttermilch ernährt wird.
Wird der Energie- und Nährstoffbedarf des Kindes ab dem zweiten Lebenshalbjahr zu einem erheblichen Teil durch Beikost gedeckt, kann das Co-Stillen freier gestaltet werden, die emotionale Komponente des Stillens rückt in den Vordergrund.
Im Falle von Co-Stillen ist es gut zu wissen, dass Babys mit der Zeit Präferenzen für Brüste entwickeln können. Auch bei “nur einer Mutter” bevorzugen sie manchmal mit der Zeit eine Brust gegenüber der anderen und können eine Brust mit der Zeit vollständig ablehnen. Eine solche Entwicklung von Präferenzen kann auch bei co-stillenden Müttern vorkommen. Brüste unterscheiden sich anatomisch (die eine lässt sich vielleicht besser in den Mund nehmen als die andere) und bei Frauen mit induzierter Laktation kann ggf. auch der Milchspendereflex später einsetzen und dann der Milchfluss langsamer sein als bei der austragenden Mutter, sodass sich das Baby für den gleichen Milchertrag mehr anstrengen muss. Dann lehnt das Baby die Brust der nicht austragenden Mutter ggf. ab: Es schreit die Brust an, stößt oder dreht sich weg. Die Ablehnung der Brust kann seelisch sehr weh tun. Das Baby meint es aber nicht persönlich und es ist keine Ablehnung der Mama, nur das Zeichen dafür, dass das Trinken bei der anderen Mama einfacher und ergiebiger ist.
Es kann auch passieren, dass ein Baby nach der Brust der einen Mutter verlangt, wenn es hungrig ist, aber auch mit der Brust der anderen Mutter zufrieden ist, wenn es gerade satt ist und nur nuckeln möchte.
Stillen lässt sich nicht erzwingen. Viel nackter Haut-an-Haut-Kontakt gibt dem Baby aber die Gelegenheit, ggf. wieder anzudocken.
In einem Fallbeispiel nahm eine co-stillende Mutter nach induzierter Laktation wieder in hohen Dosen Domperidon ein, pumpte mehrmals am Tag ab, sammelte ihre Milch und bot sie einmal täglich mit dem Brusternährungsset an, als ihr Baby nur noch bei der austragenden Mutter trinken wollte, aber nicht bei ihr. Durch diese Vorgehensweise nahm das Baby die Brust der nicht austragenden Mutter wieder an und stillte irgendwann sogar ohne Brusternährungsset weiter. Die beiden Mütter wechselten sich anschließend mit dem Stillen ab. Die eine Mutter stillte morgens und nach der Arbeit, die andere tagsüber. Nachts wechselten sie sich ab. Sie schreiben:
“Es macht uns glücklich, wenn er glucksend zwischen uns im Familienbett liegt und sich mal zur rechten Seite dreht, um bei Mama Nicole zu stillen, und dann nach drei Schlucken abdockt, sich nach links dreht, um dann bei Mama Martina noch ein paar Schlücke zu stillen. Das macht ihm sichtlich Spaß”.
Die Adoptivmutter stillt noch ein weiteres Kind
Wenn die Mutter noch ein weiteres Kind stillt, kommt eine medikamentöse Induktion mit der kombinierten Antibabypille nicht in Frage, weil diese die Milchbildung unterdrückt. Durch die Intensivierung der Brustentleerung, also indem die Brust durch die Kinder oder durch Pumpen / Handentleerung häufiger und gründlicher entleert wird, lässt sich die Milchmenge steigern. Es ist jedoch nicht sicher, dass die Frau die volle Milchmenge erreicht, um den gesamten Milchbedarf der Kinder zu decken, sodass Zufütterung erforderlich werden kann. Daher ist eine engmaschige Beobachtung der Milchmenge, der Ausscheidungen und der Gewichtsentwicklung der Kinder auch hier erforderlich.
WEITERE RELEVANTE BEITRÄGE
- Relaktation: Ein zweiter Stillbeginn – Die Vorgehensweisen bei einer Relaktation und einer induzierten Laktation sind sich sehr ähnlich.
- Muttermilch oder Säuglingsmilch stillfreundlich zufüttern
- Die Milchmenge steigern: Wie man mehr Milch bilden kann
- Das Baby von der Flasche an die Brust gewöhnen
Quellen
- Ghani Soliman SA: Induzierte Laktation und Adoption: drei Fallberichte. Laktation & Stillen 2024;3:7-11.
- Guóth-Gumberger M: Induzierte Laktation ist auch ohne Medikamente möglich – mit vergleichbaren Ergebnissen. Leserbrief. Laktation & Stillen 2025;1:4.
- Guóth-Gumberger M: Stillen ohne Geburt. Induzierte Laktation bei der Adoption eines Babys kann den Beziehungsaufbau zwischen Mutter und Kind unterstützen. Über Erwartungshaltungen und die Realität der voraussichtlichen Milchmenge. Laktation & Stillen 2014;1:13-16.
- Martina & Nicole: Mama mal zwei. Laktation & Stillen 2020;3:14-15.
- Thommelein E: Die Verwendung von Domperidon und weiteren Substanzen als Galaktagogum. Laktation & Stillen 2024;1:17-21.
- Schnell A: The Three Steps Framework for Inducing Lactation. Lactation Education Resources, 2025
- Silberstein S: Induzierte Laktation bei Personen, die ihr Kind nicht selbst ausgetragen haben. Laktation & Stillen 2024;3:4-6.
© Dr. Bauer – Publikationen in der Stillförderung. Text, Bilder, Videos sind urheberrechtlich geschützt. Erstellt: Juni 2025