„Breastsleeping“ – Ein Paradigmenwechsel

Mutter stillt ihr Kleinkind im Bett
Zusammenschlafen und Stillen gehören zusammen (© Nikita Vasilchenko)

Endlich!!! Endlich bestätigen immer mehr renommierte Wissenschaftler auf dem Gebiet der SIDS-, Still- und Schlaf-Forschung, was stillende Mütter schon immer gespürt und wofür sich Stillorganisationen schon immer eingesetzt haben:

⇒ Gestillte Babys gehören nachts in die unmittelbare Nähe ihrer Mutter, damit ungehindertes, häufiges Stillen rund um die Uhr möglich ist.

Verschiedene medizinische Fachgesellschaften und Verbraucherorganisationen haben die Eltern in den letzten Jahrzehnten immer eindringlich davor gewarnt, ihre Babys mit ins Elternbett zu nehmen. Eine führende Rolle übernahm dabei die Amerikanische Akademie der Kinderheilkunde, die vom jeglichen Zusammenschlafen von Eltern und Säuglingen abriet, um das Risiko des plötzlichen Kindstods und des Todes durch Erdrücken zu reduzieren. Diese Warnungen wurden unabhängig davon ausgesprochen, ob ein Baby gestillt wird oder nicht. Dass jedoch getrennte Betten das Stillen erschweren und dass das Stillen wiederum das Risiko des plötzlichen Kindstods mindert, ist ebenfalls schon lange bekannt.
James McKenna und Lee Gettler, zwei Anthropologen aus den USA, schlagen den neuen Begriff „Breastsleeping“ vor, um die jahrzehntelange Diskussion um das Thema Bedsharing zu lösen. Wie sie in einem aktuellen Artikel schreiben, ist Stillen von Cosleeping untrennbar: Sie stellen zwei ineinander verwobene Prozesse dar. Zusammenschlafen ist eine wichtige Voraussetzung, um das Stillen zu etablieren und es wirkt sich positiv auf die Milchbildung und die Stilldauer aus. Wie McKenna und Gettler schreiben, muss diese Untrennbarkeit von Stillen und Zusammenschlafen bei der weiteren Forschung berücksichtigt werden.
Wie zwei weitere amerikanische Gesundheitswissenschaftlerinnen, Melissa Bartick und Linda J. Smith darstellen, hat die generelle Warnung vorm Bedsharing erhebliche negative Konsequenzen: Sie erhöht die Anzahl der Todesfälle auf Sofas und in Sesseln, wohin sich die erschöpften Eltern mit ihren Babys aufgrund der Warnungen zurückziehen und dann wider Willen doch einschlafen. Dass Sofa-Sharing einen Risikofaktor darstellt, ist dabei unumstritten.
Der Ruf nach differenzierten Empfehlungen an die Eltern wird immer lauter. Diesem Ruf schließen sich auch weitere renommierte Wissenschaftler aus der SIDS-Forschung an, wie der Brite Peter Blair, Chef-Statistiker bei zahlreichen SIDS-Studien und Berater von UNICEF. Aus den vorhandenen Studien kann man laut Blair, Bartick und Smith nicht ableiten, dass Bedsharing ein generelles Risiko für den plötzlichen Kindstod darstellt. Wissenschaftliche Ergebnisse weisen vielmehr darauf hin, dass andere Risikofaktoren eine deutlich größere Rolle spielen: Das sind eben Sofa-Sharing, Rauchen, Alkohol-, Drogenkonsum und vor allem das Nicht-Stillen. Werden diese Risikofaktoren aus den Statistiken ausgeschlossen, kann kein erhöhtes Risiko von Bedsharing mehr festgestellt werden.
Stillen und Zusammenschlafen gehören zusammen. Mütter, die stillen möchten und bei denen die genannten Risikofaktoren nicht zutreffen, können ihr Baby mit ins Elternbett nehmen und so ihre Chance auf erfolgreiches Stillen erhöhen.

Quellen

  • McKenna JJ, Gettler LT: There is no such thing as infant sleep, there is no such thing as breastfeeding, there is only breastsleeping. Acta Paediatrica 2015, Oktober.
  • Bartick, M, Smith LJ: Speaking out on safe sleep: Evidence-based infant sleep recommendations. Breastfeeding Medicine, 2014(9).
  • Fleming P, Pease A, Blair P: Bed-sharing and unexpected infant death: What ist the relationship? Paed Resp Rev 2015(16): 62-67.

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